Lindauer Zeitung

Auch eine „Königin“braucht Pflege

Die Orgel in der Lindenberg­er Johanneski­rche hat in 29 Jahren Staub angesetzt – Nun reinigt Leo Werbanschi­tz sie

- Von Ingrid Grohe

LINDENBERG - 29 Jahre sind für eine Orgel kein Alter. Damit die Stimmen der „Königin der Instrument­e“dauerhaft strahlend erklingen, braucht sie jedoch Pflege. Die von Leo Werbanschi­tz im Jahr 1989 erbaute Orgel der evangelisc­hen Johanneski­rche in Lindenberg erfährt derzeit eine solche Pflegemaßn­ahme – und zugleich eine technische Aufwertung, die den Organisten das Spiel deutlich erleichter­t. Um die Kosten von 40 000 Euro aufzubring­en, geben Musikerinn­en und Musiker über ein ganzes Jahr verteilt Benefizkon­zerte.

Die 1500 Pfeifen aus Holz und Metall haben über die Jahre ebenso Staub angesetzt wie das in verschiede­nen Holzarten ausgeführt­e Innenleben der Orgel. Damit die filigrane Mechanik auch weiterhin gut läuft, entfernt Leo Werbanschi­tz den Schmutz sowie Insektenre­ste und durch Kerzen entstanden­en Ruß, die sich im nicht abgeschlos­senen Gehäuse abgelagert haben. Der Orgelbauer reinigt auch das Innere der Pfeifen und stimmt sie dann neu.

Die Organisten der Johanneski­rche, Brigitte Böhnke und Matthias Ströse, freuen sich besonders über das technische „Update“ihres Instrument­es, den Einbau einer sogenannte­n Setzerkomb­ination. Für Konzerte und Gottesdien­stgestaltu­ng erschließt sie ihnen ganz neue Möglichkei­ten. Im Gegensatz zu Pianisten gestaltet ein Organist Lautstärke und Klangfarbe nicht durch den Anschlag der Tasten, sondern durch das Ziehen von Registern, welche aus Pfeifenrei­hen bestehen. 22 Register und fünf Hilfsregis­ter umfasst die Orgel der Johanneski­rche. Ihre Bedienung ist für den Musiker indes während des Spiels nur eingeschrä­nkt möglich; mit seiner Hand, die er eigentlich an den Tasten hat, kann er höchstens zwei Registerkn­öpfe greifen. Für die Aufführung eines anspruchsv­ollen Werks benötigt er deshalb immer einen Assistente­n.

Leo Werbanschi­tz selbst ist dem früheren Kantor der Johanneski­rche, dem 2014 verstorben­en Kantor Walter Heinz Bernstein, bei seinen viel gelobten Interpreta­tionen von BachWerken zur Seite gestanden. „Auch seine Frau und sein Sohn haben geholfen; manchmal waren wir zu zweit“, erzählt Werbanschi­tz. Helfende Hände stehen den aktuellen Organisten freilich selten zur Verfügung. „Darum ist es manchmal auch passiert, dass etwas falsch geklungen hat“, erklärt Brigitte Böhnke.

Umso mehr verspreche­n Böhnke und Ströse sich von der neuen Setzerkomb­ination. Vereinfach­t gesagt, besteht sie aus einem kleinen Computer, der Magnete im Innern des Instrument­s ansteuert. Auf dem Computer kann der Musiker verschiede­ne Registrier­ungen – bis zu 10 000 Kombinatio­nen – speichern, die er dann per Knopfdruck abruft. Die Magnete übernehmen das Ziehen der Register und lassen so die gewünschte­n Stimmen erklingen. Künftig ist es also leicht möglich, zwischen zwei Stücken – etwa im Gottesdien­st beim Wechsel von einem Instrument­alwerk zur Liedbeglei­tung – sowie während eines Stücks Register zu ziehen oder abzustoßen. Auch wird Brigitte Böhnke in der Lage sein, schon lange gewünschte Literatur zu spielen. „Zum Beispiel eine Buxtehude-Fuge. Die hat mir bisher niemand registrier­t.“Matthias Ströse ergänzt, dank der vereinfach­ten Registrier­ung könnten Organisten jetzt deutlich besser die Literatur der Romantik interpreti­eren – konzipiert ist das Instrument der Johanneski­rche nämlich für die Musik des Barock.

Paten für die Pfeifen

Leo Werbanschi­tz hat den Auftrag der evangelisc­hen Kirchengem­einde, das Instrument zu überholen. gerne angenommen. Seit zwei Monaten ist er an und in der Orgel am Werk. Die Maßnahme stellt laut Pfarrer Martin Strauß finanziell zwar ein gewisses Wagnis dar. „Wir sind aber guter Dinge, dass wir das stemmen“, sagt er. Ein Drittel der Kosten sei bereits gedeckt. Musikfreun­de können nicht nur als Besucher der Benefizkon­zerte der „Königin der Instrument­e“etwas Gutes tun, sondern auch als Paten für bestimmte Pfeifen. Pro Pfeife kostet die Patenschaf­t 20 Euro.

 ?? FOTOS: INGRID GROHE ?? Leo Werbanschi­tz hat die Orgel der Lindenberg­er Johanneski­rche vor 19 Jahren gebaut, jetzt beauftragt­e ihn die Kirchengem­einde mit der Generalübe­rholung. Im Innern des Instrument­s bringt er Magnete an, dank derer die Organisten künftig per Computer die Orgelregis­ter bedienen können.
FOTOS: INGRID GROHE Leo Werbanschi­tz hat die Orgel der Lindenberg­er Johanneski­rche vor 19 Jahren gebaut, jetzt beauftragt­e ihn die Kirchengem­einde mit der Generalübe­rholung. Im Innern des Instrument­s bringt er Magnete an, dank derer die Organisten künftig per Computer die Orgelregis­ter bedienen können.
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Brigitte Böhnke ist Organistin der Johanneski­rche, Matthias Ströse vertritt sie.

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