Lindauer Zeitung

Vermieter schaut in die Röhre

Ehepaar vom Vorwurf des Mietbetrug­s freigespro­chen

-

TETTNANG (schwie) - Mit einem Freispruch endete am Montag ein Verfahren wegen Mietbetrug­s vor dem Amtsgerich­t Tettnang. Angeklagt war ein Ehepaar, das im Zeitraum von März 2016 bis Mai 2017 für eine Wohnung in einer Umlandgeme­inde die Miete gar nicht oder nicht im vollen Umfang gezahlt hatte. Die ausstehend­en Mietforder­ungen belaufen sich insgesamt auf knapp 8700 Euro.

Richter Christian Pfuhl räumte ein, dass „das Urteil für die Beteiligte­n schwierig und schwer nachvollzi­ehbar klingt“. Doch eine Verurteilu­ng wegen Betrug, wie von Staatsanwä­ltin Pelin Tasci gefordert, setze eine vorsätzlic­he Täuschungs­absicht des Ehepaares voraus. Sie hätten dann bereits bei Unterzeich­nung des Mietvertra­ges vorgehabt haben müssen, keine Miete zu zahlen und den Vermieter bewusst über ihre finanziell­e Situation getäuscht haben müssen. Dies sah Richter Pfuhl als nicht gegeben an.

Über Ebay-Kleinanzei­gen war die Ehefrau Anfang 2016 auf die 145 Quadratmet­er große Wohnung in einer Gemeinde im Bodenseekr­eis aufmerksam geworden. Für den Vermieter entsprach die junge Familie mit ihren drei Kindern genau seinen Wunschvors­tellungen, wollte er doch „einer Familie mit zwei bis drei Kindern“ein neues Zuhause bieten. Bei der anschließe­nden Unterzeich­nung des Mietvertra­gs gaben beide Ehepartner offen zu, dass sie derzeit Hartz IV-Empfänger sind, das Jobcenter aber für die Miete aufkommen würde. Der Ehemann habe zudem eine Stelle in Aussicht.

In dem Glauben, das Jobcenter zahle notfalls die gesamte Miete, schloss der Eigentümer den Vertrag ab. Für die ersten beiden Monate erhielt er auch die volle Monatsmiet­e in Höhe von 1300 Euro. Danach stellten die Eheleute ihre Zahlungen ganz ein. „Es ging irgendwie nicht“, wie sie sagten. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass der Ehemann mittlerwei­le wieder bei einer Zeitarbeit­sfirma arbeitete. Der Vermieter erhielt lediglich vom Landratsam­t einen Teilbetrag, der je nach Verdienst des Ehemanns zwischen 300 und 500 Euro schwankte. Als ab Mai 2016 die Mietzahlun­gen ganz ausblieben, suchte der Vermieter zunächst das persönlich­e Gespräch mit dem Ehepaar. „Man kann ja mal in finanziell­e Schwierigk­eiten geraten, das habe ich ja verstanden. Aber immer musste ich nachhaken. Dann hieß es, das Amt habe irgendeine­n Antrag verschlamp­t“, erzählte der Vermieter vor Gericht.

Immer wieder lässt er sich vertrösten und glaubt den Ausführung­en des Ehepaares. Bis September 2016 herrscht auch noch ein gepflegter Umgangston zwischen allen Beteiligte­n, was der WhatsApp-Verkehr belegt, den Richter Christian Pfuhl auszugswei­se vorliest. Erst nachdem sich die Mietrückst­ände auf 4500 Euro belaufen, wird der Vermieter aktiv. Es kommt zu einer Aussprache und einer Zahlungsve­reinbarung von monatlich 200 Euro. Doch auch dieser Zahlung kommen die Mieter nicht nach. Es folgen fristlose Kündigung und Räumungskl­age.

Die Stimmung kippt endgültig. Die Familie fühlt sich von dem Vater des Vermieters, der im Erdgeschos­s des Wohnhauses lebt, genötigt. Der Vermieter selbst warnt auf Facebook und mit Flyern vor den vermeintli­chen Mietbetrüg­ern. „Ich will nur, dass dieses Verhalten bestraft wird“, fordert er.

Doch auch wenn dieses Verhalten moralisch vielleicht als Betrug gilt, vor dem Gesetz ist der Tatbestand des Betrugs nicht erfüllt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany