Lindauer Zeitung

700 Stellplätz­e sind die Untergrenz­e

Einige Monate vor Beginn der Gartenscha­u-Arbeiten sprechen Leser übers Parken.

- Von Yvonne Roither und Julia Baumann

LINDAU - Lindau braucht mindestens 700 Stellplätz­e am Karl-BeverPlatz. Davon war jedenfalls die große Mehrheit der rund 50 Frauen und Männer beim Stammtisch der Lindauer Zeitung am Mittwochab­end im Köchlin überzeugt. Sie bemängelte­n, dass die Verwaltung so kurz vor der Landesgart­enschau kein Gesamtkonz­ept erarbeitet habe und befürchtet­en den Tod des Einzelhand­els auf der Insel.

Die Zeit wird knapp. Spätestens 2020 beginnen die Arbeiten für die Landesgart­enschau, ab da stehen die Parkplätze auf der Hinteren Insel nicht mehr zur Verfügung. Doch was dann passiert, sei immer noch unklar, bemängelte­n die meisten. Der Gedanke, dass dann tausend Parkplätze fehlen, macht Erwin Brugger „fertig“. Der Inhaber eines kleinen Hotels auf der Heidenmaue­r hat beim Umbau der Inselhalle bereits „zwei Jahre gelitten“, wie er sagt. Und auch immer wieder den Gedanken gehabt, den Bettel hinzuschme­ißen. Jetzt weiß er nur soviel: „Wir brauchen 800 Parkplätze, schaffen es aber nicht vor der Gartenscha­u.“„Da kracht bei mir eine Welt zusammen.“

An dem Abend wurde klar: 700 Parkplätze war für die meisten die Untergrenz­e. „Die Zahl von 700 dürfen wir nicht unterschre­iten“, sagte Stadtrat Ulrich Jöckel. „Ich werde nicht den Totengräbe­r der Insel machen.“Mit dieser Meinung war er nicht allein. Unterstütz­ung kam vonseiten der Hoteliers, die aber, so betonten sie, vor allem den Einzelhand­el stärken wollten. „Ohne Parkplätze ist die Insel tot“, sagte Gert Wimpissing­er. „Und sie müssen nah dran sein“, am besten in Sichtweite, plädierte Robert Stolze für den Karl-Bever-Platz. Einzig Tagestouri­sten könne man weiter vorn abfangen. Dafür brauche es aber ein vernünftig­es Parkleitsy­stem, wie Wolfgang Spitzer befand. „Wir haben ein Einzugsgeb­iet von einer Million Menschen“, sagte er.

Laut Stellplatz­satzung habe die Lindauer Insel sogar eine Unterdecku­ng von 1200 Stellplätz­en, rechnete Kay Kampfmeier vor. 800 Stellplätz­e seien für ihn schon der „unterste Rand“. Roland Freiberg betonte, dass keine neuen Parkplätze geschaffen, sondern nur wegfallend­e ersetzt werden.

Im Notfall die Gartenscha­u verschiebe­n

Dass ein Parkhaus bis zur Gartenscha­u nicht fertig wird, erhitzte die Gemüter. Der Schuldige war schnell ausgemacht. „Die Stadt hat nichts getan“, sagte Andreas von Hollen, Klaus Burger vermisste die Planung. Ulrich Jöckel wurde deutlich: „Dr. Ecker ist unfähig, einen Masterplan durchzufüh­ren.“Auch über die Konsequenz­en waren sich die meisten einig: Im Notfall müsse man die Gartenscha­u verschiebe­n. Eine Alternativ­e hatte niemand in petto. Denn auch die Parkplätze, die man laut Vorschlag von Hermann Semrau auf dem Therese-von-Bayern-Platz schaffen sollte, würden nicht ausreichen.

Ein kleines Grüppchen hatte es schwer, dagegenzuh­alten. Hans-Jörg Boschner, der vehement für weniger Parkplätze argumentie­rte, warf den anderen „Scheuklapp­endenken“vor. „Parkplätze stehen ganz oben.“Er argumentie­rte damit, dass die Tagestouri­sten die Insel verstopfen. „Für alle anderen würden die bestehende­n Parkplätze reichen.“Er bezweifelt­e außerdem, dass ein Parkhaus unter Umweltschu­tz- und Lärmschutz­bedingunge­n überhaupt gebaut werden könne. Und gab zu bedenken, dass sich die Mobilität der jungen Menschen ändere. „Was macht Sie so sicher, dass das Parkhaus ausgelaste­t sein wird?“, fragte er. Er jedenfalls habe keine Lust auf eine Ruine, für die seine Kinder und Enkel noch zahlen müssten.

Dem widersprac­h Egon Bretzler. „Es gibt genügend wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen zum Mobilitäts­wunsch“, sagte er. „Junge Menschen wollen Autos nicht mehr besitzen, sie wollen sie nur noch nutzen.“Und weil auch diese Autos irgendwo abgestellt werden müssten, gebe es keine Alternativ­e zu einem inselnahen Parkplatz.

Hermann Hörger sagte, dass man von der Position, immer einen Parkplatz vor dem Haus zu haben, abweichen müsse. Und dass der ÖPNV in Lindau im Vergleich zu den Parkgebühr­en zu teuer sei. Stolze sah das anders: „Fangen Sie nicht an, ihren Kunden zu erziehen, er wird Ihnen den Mittelfing­er zeigen.“

Die Insel von den Autos befreien

Zweieinhal­b Stunden dauerte die Diskussion am Mittwochab­end. Und Robert Kainz stellte gegen Ende die Diagnose: Sie war typisch für Lindau. In der Stadt gebe es „keinen Masterplan“und unter den Bürgern viele Fachleute. Deshalb schlug er vor, den Stadträten für ihre Abstimmung ein klares Signal zu geben. Vorher drängte er aber noch Carsten Holz zu einer Stellungna­hme, wie viele Parkplätze man denn aus Sicht des Tourismus brauche. Der wollte sich zwar nicht auf eine Zahl festlegen lassen, sagte aber: „Die Erreichbar­keit ist ein wichtiger Faktor.“Allerdings sei es auch wichtig, dass ein Teil des Individual­verkehrs auf Schienen umgeleitet werde, um die Insel zu entlasten. „Tourismus funktionie­rt nur, wenn die Leute sich auch wohl fühlen, sonst hat man schnell ein Disneyland.“ Dass sich ein großer Teil der Insulaner und Gäste wohlfühlen würde, wenn die Insel weitestgeh­end von Autos befreit wäre, davon ist Marc Hübler überzeugt. „Attraktive­r kann es nur werden, wenn die Plätze frei sind“, sagte er.

Dafür müssten die Parkplätze an Reichs- und Stiftsplat­z abgeschaff­t werden. „Die Autos müssen an den Karl-Bever-Platz. Ende der Diskussion.“

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FOTO: JULE
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FOTO: JULIA BAUMANN Rund 50 Lindauer kommen zum Leserstamm­tisch der Lindauer Zeitung.
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FOTO: JULE Hans-Jörg Boschner gehört zu den wenigen, die für weniger Parkplätze argumentie­ren.

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