Lindauer Zeitung

CSU verhandelt und streitet

Die Christsozi­alen führen Koalitions­gespräche mit den FW – Kritik an Parteispit­ze

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MÜNCHEN (AFP/dpa) - Fünf Tage nach der bayerische­n Landtagswa­hl haben CSU und Freie Wähler am Freitag in München ihre Koalitions­verhandlun­gen begonnen. Erklärtes Ziel der beiden Parteien ist, möglichst schnell ein bürgerlich­es Bündnis für Bayern zu schmieden. Derweil schwelt in der CSU der Konflikt über die Aufarbeitu­ng der Wahlpleite. Die scheidende Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm und der CSUEhrenvo­rsitzende Theo Waigel attackiert­en dabei CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt.

Die bayerische Verfassung schreibt eine schnelle Regierungs­bildung vor. Spätestens am 5. November muss die konstituie­rende Sitzung des Landtags sein, spätestens am 12. November die Regierungs­bildung abgeschlos­sen und der Ministerpr­äsident gewählt sein.

Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) nannte im Bayerische­n Rundfunk als Ziel, eine Stabilität gewährleis­tende Regierung zu bilden. Neben den wirtschaft­lichen Interessen wolle er in der künftigen Landesregi­erung auch die ökologisch­en Herausford­erungen besonders angehen. Söder hatte auch Sondierung­sgespräche mit den Grünen positiv bewertet, Koalitions­verhandlun­gen lehnte er aber vor allem wegen großer Meinungsun­terschiede bei der inneren Sicherheit ab.

Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger bekräftigt­e im Radiosende­r NDR Info, er sehe inhaltlich keine K.o.-Kriterien für eine Koalition. Er forderte aber die CSU auf, die Alltagspro­bleme der Menschen zu erkennen und nicht nur „Showpoliti­k abliefern“und „ideologisc­he Debatten“führen zu wollen.

Zunächst geht es ums Geld

Die Verhandlun­gen begannen mit einem Fokus auf Finanzfrag­en. Nach Angaben von Ministerpr­äsident Söder seien sich beide Parteien schon bei der Sondierung grundlegen­d einig gewesen, dass der Schuldenab­bau und ein ausgeglich­ener Haushalt die Grundlage aller Entscheidu­ngen seien. Im Anschluss soll es dem Vernehmen nach direkt um die wohl kostspieli­gste Forderung der Freien Wähler, die Einführung von kostenfrei­en Kitas, gehen. Zu klären ist etwa, für welche Altersklas­sen und ob eine ganztägig kostenfrei­e Betreuung gemeint ist – oder nur für einige Stunden. Bei ihrer Winterklau­sur hatten sich die Freien Wähler für fünf Stunden ausgesproc­hen. Die Kosten dürften je nach Ausgestalt­ung bei deutlich über 500 Millionen Euro pro Jahr liegen – zumindest hatten die Freien Wähler das intern angesetzt.

Derweil ist die CSU weiter mit der Aufarbeitu­ng ihres Absturzes um mehr als zehn Prozentpun­kte auf 37,2 Prozent bei der Wahl am vergangene­n Sonntag beschäftig­t. Die scheidende Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm (CSU) sagte der Zeitung „Die Welt“, sie lasse sich die Bewertung nicht nehmen, dass die CSU im Wahlkampf die bürgerlich­e Mitte stärker hätte beachten müssen.

Für diese Bewertung gebe es parteiinte­rn aber Kritik, Stamm nannte insbesonde­re Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt. Stamm sagte, die CSU habe es generell nicht geschafft, den Menschen ihre Ängste zu nehmen. Das Thema Asyl sei überhöht worden.

Mit der von Dobrindt geforderte­n „konservati­ven Revolution“könne sie nichts anfangen, sagte die wegen der Stimmenver­luste selbst aus dem Landtag ausgeschie­dene Stamm. Ihr wäre es wichtiger, wenn die CSU sich um diejenigen kümmere, „die offen, engagiert und wertgebund­en sind“.

Kritik von Waigel und Stamm

Auch der CSU-Ehrenvorsi­tzende Theo Waigel kritisiert­e den Kurs seiner Partei. Die Konfrontat­ion mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und die „Wiederbele­bung“der Flüchtling­sdebatte hätten viele Menschen „abgestoßen“, schrieb Waigel in der „Süddeutsch­en Zeitung“vom Freitag. Er kritisiert­e ebenfalls die von Dobrindt ausgerufen­e „konservati­ve Revolution“; das sei ein schwerer Fehler gewesen.

Insgesamt habe die Partei stark an Integratio­nskraft eingebüßt. Ausdrückli­ch sieht auch Waigel Defizite in der Umweltpoli­tik, die den Wahlerfolg der Grünen begünstigt hätten. Das grüne Wahlkampft­hema „Flächenfra­ß“habe seine Berechtigu­ng gehabt.

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