„Alles weg’n de Leut’”
Walter Plathe begeistert das Lindauer Publikum mit Couplets von Otto Reutter
LINDAU - Mit einem Feuerwerk und Silvesterknallern begann der Otto Reutter-Abend „Alles weg'n de' Leut’“mit Texten und Musik – interpretiert von Walter Plathe im voll besetzten Lindauer Stadttheater.
In der Silvesternacht 1899/1900 fing der Erfolg von Otto Reutter an, er feierte seinen Durchbruch und wurde daraufhin von seinem Publikum 30 Jahre lang im Berliner Wintergarten, das erste Varieté in der Stadt und das damals größte Europas, begleitet. Schnell wurde den Zuschauern in Lindau klar, mit welch einem Können Otto Reutter zu der damaligen Zeit die Menschen unterhalten hat. Er kritisierte mit Charme, schauspielerischem Talent und Komik die Berliner Gesellschaft und Politik. Er war der erste deutsche Unterhaltungskünstler seiner Zeit und hatte sein Publikum im Wesen so gut erkannt, dass er genau wusste, wie und wann er den Nerv der Gesellschaft trifft.
Der gebürtige Berliner Walter Plathe, der unter anderem als „Der Landarzt” aus der gleichnamigen TV Serie bekannt wurde, spielte schon am Staatstheater in Schwerin, am Theater der Freundschaft in Berlin und war seit 1981 festes Mitglied im Schauspielensemble des Deutschen Rundfunks.
Walter Plathe trägt nicht nur die Couplets von Herrn Reutter vor, er geht auch auf die Suche des Erfolges von Otto Reutter, einem der berühmtesten deutschen Humoristen des 20. Jahrhunderts. „Wie hat er das nur gemacht…?” Die Frage wird immer wieder aufgegriffen und versucht mit Beispielen, an die Aktualität der Themen – heute genauso wie damals – anzuknüpfen.
Plathe nimmt Kontakt zu den Zuschauern auf
In dem rund zweistündigen Programm ließ sich das Publikum von Anfang an von dem Berliner fesseln, dessen Wurzeln schon früh mit dem Wirken Otto Reuters in Verbindung gekommen sind. Bei seinen regelmäßigen Streifzügen durch den Zuschauerraum nahm er persönlich Kontakt zum Publikum auf, Integrierte sie in seine Lieder und spielte so nicht nur für sie, sondern mit ihnen. Seine Mimik und Gesten, das Schauspiel mit Körpereinsatz und voluminöser Stimme begeisterte. Begleitet wurde Plathe vom Pianisten Peter Buchheim. Das mitunter neckische Zusammenspiel der beiden Künstler wird immer wieder durch die spitzelnde Kritik von Walter Plathe an seinem Pianisten angeheizt. Wie bei der Anmerkung über die Tatsache dass er „bekannt für seine langen und guten Vorspiele“sei.
Mit kleinen Anekdoten leitete Walter Plathe nahtlos von einem zum nächsten Couplet. Unterbrochen durch aktuelle Ereignisse, oder die erweckte Aufmerksamkeit durch einen Gast im Publikum, der professionelle Schauspieler verlor nie den Faden. Sein stimmliches Können als Sänger stellte er nicht nur in „Der Überzieher” unter Beweis, sondern bewies auch mit einem gekonnten Tanzschritt, eigens für diesen Abend kreiert und mit dem Namen „Der Lindauer“versehen, sein improvisatorisches Talent. Otto Reutter schrieb in der damaligen Zeit, den Zwanziger Jahren, Stücke, die heute noch dem Zeitgeist entsprechen und zum Nachdenken und Schmunzeln anregen.
Am Schluss wurde das Geheimnis des Erfolgs von Plathe entdeckt: „Es ist Reutter selbst.” Natürlich hatte der Berliner das Geheimnis schon lange erkannt, denn er trug die Couplets von Otto Reutter so überzeugend vor und erweiterte sie durch sein eigenes schauspielerisches Talent, dass das Lindauer Publikum hörbar begeistert war. Es wurde nicht gelächelt an diesem Abend sondern es wurde gelacht. Immer wieder gab es Zwischenapplaus was am Ende dazu führte dass das Publikum mit zwei Zugaben belohnt wurde. Mit einem Kindergebetchen für die „Windel-Kackies” verabschiedete er sich und entließ sein Publikum, was ihn noch mit viel Beifall bedachte.