Macron will Riad weiterhin Waffen liefern – Merkel nicht
Seine Worte waren deutlich: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Forderungen nach einem Lieferstopp, wie er von Deutschland als Reaktion auf den Fall Khashoggi verhängt wurde, am Freitag in Bratislava als „reine Demagogie“bezeichnet. Die Regierungen in Paris und Berlin sind somit uneins in der Frage eines Waffenembargos gegen Saudi-Arabien. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte in Prag, dass Deutschland vorerst keine Waffen mehr nach Saudi-Arabien exportieren werde.
Waffenlieferungen an das Königreich hätten „nichts mit Herrn Khashoggi zu tun“, sagte Macron in ungewöhnlich scharfem Ton bei einem Besuch in der slowakischen Hauptstadt. „Man darf hier nicht alles durcheinanderbringen.“Sollten Sanktionen notwendig werden, müsse es eine „europäische Antwort“geben – allerdings nicht ehe „alle Fakten bekannt sind“. Merkel kündigte zwar Gespräche über eine gemeinsame Gangart in der EU an, hielt aber an ihrem am Sonntag angekündigten Kurs fest, vorerst keine deutschen Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien mehr genehmigen zu wollen. Am Donnerstag hatte Merkel in einem Telefonat mit dem saudischen König Salman ibn Abd al-Aziz die Tötung des Journalisten Jamal Khashoggi „aufs Schärfste“verurteilt.
Für viele EU-Staaten geht es bei Waffenverkäufen um massive wirtschaftliche Interessen. Riad war zwischen 2008 und 2017 nach Indien Frankreichs zweitgrößter Waffenkunde, mit Geschäften in Höhe von etwa zwölf Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr verkaufte Paris Waffen im Wert von 1,38 Milliarden Euro nach Saudi-Arabien. 2016 war Frankreich der achtgrößte Waffenlieferant für das Königreich – an der Spitze standen die USA, China und Deutschland.
„Unangemessene Feindseligkeit“
In Riad müht man sich derweil um die Demonstration von Normalität. Dazu trug auch eine dreitägige Investorenkonferenz in dieser Woche bei. Trotz der „unangemessenen Feindseligkeit des Westens“habe die saudische Hauptstadt einmal mehr eine „Demonstration brüderlicher Solidarität“erlebt, jubelte die regierungsnahe „Arab News“. Die „Boykottkampagne“sei gescheitert, behauptete auch der saudische Energieminister Chalid al-Falih, der das „Wüstendavos“als einen „großen Erfolg“bezeichnete.
Tatsächlich waren aber fast alle der knapp 30 Verträge mit einem Gesamtwert von rund 55 Milliarden Dollar bereits seit einem Jahr in trockenen Tüchern. Ihre Unterzeichnung hatte man auf den Beginn der Investorenkonferenz verschoben, damit die Veranstaltung mit einem „propagandistischen Paukenschlag“, so Beobachter in Riad, beginnen konnte.
Die Milliardenabschlüsse betrafen vor allem den Rohstoffsektor. Die von Kronprinz Mohammed bin Salman alias „MBS“Anfang Oktober angekündigten Direktinvestitionen in Bereiche außerhalb des Ölsektors blieben bisher aus. Westliche Konzerne beschränkten sich auf freundliche Interessensbekundungen oder Absichtserklärungen bei der Realisierung zweier sogenannter MegaProjekte: Der Zukunftsmetropole „Neom“im Nordwesten des Landes sowie dem Freizeitpark „Qaddiya“, der nach seiner Fertigstellung fast dreimal so groß wie Disney World im amerikanischen Orlando werden soll. Fast die gesamte westliche Wirtschaftselite war dem Treffen in Riad wegen der Tötung Khashoggis ferngeblieben.