Versöhnliche Töne
Häusliches Musizieren muss in gewissem Maß von Nachbarn hingenommen werden
KARLSRUHE/AUGSBURG (epd) Hausmusik von Nachbarn muss in gewissen Grenzen hingenommen werden. Das Trompetenspiel eines Berufsmusikers in einem Nachbarhaus gehöre zum grundrechtlich geschützten Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, urteilte am Freitag der Bundesgerichtshof (BGH). Allerdings müsse im Einzelfall darüber entschieden werden, wie laut die Hausmusik sein darf und wann und in welchen Räumen sie gespielt werden kann, so die Karlsruher Richter (AZ: V ZR 143/17).
Im konkreten Fall ging es um einen Berufsmusiker aus dem Raum Augsburg, der in seinem Reihenhaus im Erdgeschoss und in einem Probenraum im Dachgeschoss nach eigenen Angaben zweimal die Woche bis zu je drei Stunden mit seiner Trompete übt. Hinzu kommen noch zwei Stunden wöchentlich, in denen er in seinem Haus Trompetenschüler unterrichtet.
Doch die Nachbarn des Musikers waren vom Trompetenspiel nicht begeistert. Sie verlangten, dass er das Musizieren wegen der damit verbundenen Ruhestörung generell unterlässt oder Schallschutzmaßnahmen ergreift.
Landgericht war zu streng
Das Landgericht Augsburg urteilte, dass der Trompeter seinen Musikunterricht im Haus nicht ausüben dürfe. Das eigene Trompetenspiel dürfe nur im Dachgeschoss ausgeübt werden. Es wurden zudem Zeiten festgelegt, wann er werktags musizieren darf. An Wochenenden war dies nur an maximal acht Sonn- oder Samstagen im Jahr erlaubt.
Diese Vorgaben seien zu streng, befand der BGH. Ein nahezu vollständiges Trompetenspielverbot am Wochenende und für die Abendstunden komme nicht in Betracht. Denn ansonsten könnten Berufsmusiker, aber auch Schüler, die nur zu diesen Zeiten musizieren können, gar nicht der Hausmusik nachgehen.
Hier habe das Landgericht festgestellt, dass das Trompetenspiel im Dachgeschoss gar nicht und im Wohnzimmer des Erdgeschosses nur auf Zimmerlautstärke zu hören sei. Ein Unterlassungsanspruch bestehe aber nur, wenn Nachbarn wegen der Musik „wesentlich beeinträchtigt“seien. Maßgeblich sei das „Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen“. Das Landgericht muss nun neu über den Fall entscheiden.