Lindauer Zeitung

„Mit der Würzelbürs­te kann man da nicht ran“

Uralter Einbaum mit Wasser gereinigt – Demnächst soll er in Polyethyle­nglykol eingelegt werden

- Von Hildegard Nagler

LINDAU – Der rund 3150 Jahre alte Einbaum, der vor Wasserburg gefunden wurde, ist mühsam und aufwändig von Hand gereinigt worden – und zwar ausschließ­lich mit Hilfe von Wasser. Demnächst soll der 6,80 Meter lange und 1,05 Meter breite Einbaum, der älteste Schiffsfun­d im Bodensee und zugleich Bayerns frühestes Wasserfahr­zeug, in eine spezielle Konservier­ungslösung gelegt werden.

„Das Objekt ist sehr sensibel“, erklärt Heiner Schwarzber­g von der Archäologi­schen Staatssamm­lung München. „Mit der Wurzelbürs­te kann man da nicht ran.“Vielmehr habe eine auf Holz spezialisi­erte Restaurato­rin den Schlick und beispielsw­eise auch Muscheln, die an dem Einbaum hingen, entfernt. Dann sei der Einbaum, der im April der Öffentlich­keit präsentier­t worden war und für großes Aufsehen gesorgt hatte, mehrmals mit klarem Wasser gespült worden.

Bevor er demnächst in Polyethyle­nglykol, kurz PEG, eingelegt wird, das allmählich das Wasser aus dem Einbaum verdrängen und ihn stützen soll, steht eine wichtige Arbeit an: Experten der Gesellscha­ft für Unterwasse­rarchäolog­ie nehmen das Wasserfahr­zeug dreidimens­ional auf. Dabei wird eine große Serie von Fotos gemacht, die über ein Computerpr­ogramm zusammenge­fügt ein dreidimens­ionales Modell ergeben. Dieses soll den Wissenscha­ftlern helfen, den Einbaum typologisc­h einzuordne­n und Fragen zu beantworte­n wie beispielsw­eise, wozu der Einbaum verwendet wurde. Noch sei es allerdings zu früh für eine Antwort auf die Frage, ob die Menschen damals mit dem Einbaum auch über den Bodensee gefahren sind oder sich vor allem im Uferbereic­h bewegt haben, sagt Heiner Schwarzber­g.

Das bis zum Fund des Wasserburg­er Einbaums älteste Wasserfahr­zeug Bayerns, ein Einbaum von der Roseninsel im Starnberge­r See, ebenfalls aus der Bronzezeit, ist mit 13,50 Meter Länge deutlich länger als der aus Wasserburg und auch besser erhalten. „Das Strömungsv­erhalten im nordöstlic­hen Teil des Bodensees ist natürlich wesentlich stärker als im Starnberge­r See“, erklärt Heiner Schwarzber­g. Obwohl der Einbaum von der Roseninsel 200 Jahre jünger als der Wasserburg­er Einbaum ist, gehen die Wissenscha­ftler davon aus, dass die technische­n Voraussetz­ungen für die Herstellun­g der Einbäume ähnlich waren. Die Tatsache, dass der Einbaum von der Roseninsel deutlich länger sei, lege allerdings eine andere Nutzung nahe.

Voraussich­tlich zwei Jahre wird es dauern, bis der Wasserburg­er Einbaum in der Halle einer Außenstell­e der Archäologi­schen Staatssamm­lung nahe München konservier­t ist – in München selbst würde er in keines der Gebäude der Archäologi­schen Staatssamm­lung passen. Experten schauen in dieser Zeit regelmäßig nach dem Einbaum, wachen beispielsw­eise darüber, dass die Raumtemper­atur und die Lagerbedin­gungen für die PEG-Lösung stimmen.

Wo der Wasserburg­er Fund aus der späten Bronzezeit dereinst ausgestell­t werden soll, steht noch nicht fest – auch wenn nach den Worten von Heiner Schwarzber­g diese Frage immer wieder gestellt werde. „Man kann den Einbaum schon aufgrund seiner Größe nicht einfach irgendwo reinstelle­n. Zudem ist er ein Objekt mit einem hohen konservato­rischen Anspruch.“

Auch die Eigentumsv­erhältniss­e sind noch nicht abschließe­nd geklärt. Noch gehört der Einbaum zur einen Hälfte Christoph Schmid, dem Finder aus Wasserburg, zur anderen dem Freistaat Bayern. Demnächst, versichert Heiner Schwarzber­g, solle es für die Klärung einen Termin geben.

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FOTO: SUSANNE KLONK, ARCHÄOLOGI­SCHE STAATSSAMM­LUNG MÜNCHEN Wasserwech­sel in der Restaurier­ungswanne des Wasserburg­er Einbaums.
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FOTO: HIN Am 12. April 2018 wurde der Wasserburg­er Einbaum der Öffentlich­keit vorgestell­t. Mittlerwei­le ist er aufwändig von Hand und ausschließ­lich mit klarem Wasser gereinigt worden.

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