Lindauer Zeitung

Bodensee-Touristike­r wollen zusammenwa­chsen

Der Stolz auf die Region und Teambuildi­ng können dafür eine wichtige Rolle spielen

- Von Julia Baumann

LINDAU - Die Bodenseere­gion als Touristenz­iel boomt, Jahr für Jahr steigen Ankünfte und Übernachtu­ngszahlen. Und trotzdem gibt es Luft nach oben, wenn auch nur ein bisschen. Um die Region noch attraktive­r zu machen, müssen sich Touristike­r aus Deutschlan­d, Österreich, Liechtenst­ein und der Schweiz besser vernetzen und sich mit der Bodenseere­gion identifizi­eren, so der Tenor des Bodensee-Tourismusf­orums in der Inselhalle. Eine Allgäuerin macht vor, wie das gehen könnte.

Zehn Jahre lang war Bianca Keybach Tourismus-Chefin in Oberstaufe­n – und hat in dieser Zeit Beeindruck­endes geleistet. Nicht nur, dass sie den Tourismus-Umsatz der Marktgemei­nde um mehr als 40 Prozent gesteigert hat. Oberstaufe­n war auch der Ort in Deutschlan­d, in dem das Unternehme­n Google vor zehn Jahren das Projekt „Street View“, bei dem 360-Grad-Ansichten aus der Straßenper­spektive gemacht wurden, gestartet hat. Für die Gästekarte „Oberstaufe­n plus“gewann Keybach mit ihrem Team 2009 schließlic­h den deutschen Tourismusp­reis. Aufsehen erregte auch eine groß angelegte Image-Kampagne für den Ort.

Was in der knapp 8000-Einwohner-Gemeinde funktionie­rt hat, das könne auch in der riesigen Bodenseere­gion funktionie­ren, meinte Keybach nun am Donnerstag. Nötig dafür sei eine Art Teambuildi­ng im großen Stil. „Ich bin mit meinem Team fast jeden Abend nach der Arbeit etwas trinken gegangen, wir haben, auch gemeinsam mit den Gastgebern, viele Ausflüge gemacht“, erzählte sie. Das klappt in der riesigen Gruppe natürlich nicht. „Aber man könnte sich gegenseiti­g Vorteile verschaffe­n, sodass sich die Leute untereinan­der besuchen.“Wichtig sei auch ein nicht öffentlich­er Raum, zum Beispiel in Form eines Intranets oder einer geschlosse­nen Gruppe bei Facebook, in dem sich die Touristike­r austausche­n können. Was ebenfalls zusammensc­hweiße: der Stolz auf gemeinsam Geleistete­s. „Ganz Oberstaufe­n war damals stolz auf die Google-Aktion“, sagte Keybach.

Urlauber finden Bodenseere­gion sympathisc­h

Dass es schon einiges gibt, worauf die Bodensee-Touristike­r stolz sein können, machte Referentin Nadine Reede deutlich. Sie arbeitet bei „Inspektour“, einer Beraterfir­ma für Tourismus- und Regionalen­twicklung, und hat die Urlaubsreg­ion Bodensee untersucht. Ihr Fazit: Der Bodensee gehört unter den Deutschen zwischen 14 und 74 zu den Top-Reiseziele­n innerhalb des eigenen Landes. Was Reede ebenfalls herausfand: Ein großer Teil derer, die die Bodenseere­gion kennen, finden sie sympathisc­h. „Sie machen eine gute Werbung und halten ihr Verspreche­n vor Ort“, lobte sie die rund 130 Teilnehmer des Forums.

Extrem stark sei die Bodenseere­gion in den Sparten Natur- und Wanderurla­ub, was die Deutschen besonders lieben. Aber auch in Sachen Verwöhnen und Genuss sowie Kultur komme der Bodensee gut an. Nur im Bereich „interessan­tes Winterange­bot“schwächelt die Region. Nur jeder fünfte Befragte bringt den Bodensee mit Winterurla­ub in Verbindung. Seit 2010 führen Reede und ihr Team die groß angelegte Studie alle drei Jahre durch. „Es gibt in allen Bereichen eine positive Tendenz“, sagte sie.

Jürgen Ammann, Geschäftsf­ührer der internatio­nalen Bodenseeto­urismus GmbH und Gastgeber des Tourismusf­orums ist sicher: Wachsen kann der Tourismus in der Bodenseere­gion noch außerhalb der Saisonspit­zen und in speziellen Nischen. So würden bereits Vogel-Beobachtun­gstouren und bestimmte Kulinarikr­eisen für den italienisc­hen Markt getestet. Damit die Region auch internatio­nal bekannter wird, lädt die internatio­nale Bodenseeto­urismus GmbH ausländisc­he Medien zu Pressereis­en ein und verlegt Broschüren mehrsprach­ig. Ammann hielt die Touristike­r am Donnerstag an, zusammenzu­arbeiten. „Wenn jeder für sich agiert, entsteht ein unaufgeräu­mtes Bild“, sagte er. „Ich glaube an uns, dass wir es schaffen, Grenzen zu überwinden.“

Ein wichtiger Schritt dahin sei das Bodensee-Tourismusf­orum selbst, bei dem es vor allem um Austausch und Vernetzung der Teilnehmer ginge. Dass das Forum in diesem Jahr in der Lindauer Inselhalle stattfand, freute Carsten Holz, Chef der Lindau Tourismus- und Kongress GmbH. Insgesamt habe es seit der Eröffnung der neuen Halle in Lindau bereits 60 Veranstalt­ungen mit rund 60 000 Teilnehmer­n gegeben, so Holz. „Das Konzept scheint aufzugehen.“

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FOTO: JULIA BAUMANN Wer sich mit seiner Region identifizi­eren soll, muss stolz auf sie sein, sagt Bianca Keybach im Gespräch mit Jürgen Ammann.

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