Lindauer Zeitung

Keine Angst vor Elektroaut­os aus zweiter Hand

Bauteile unterliege­n so gut wie keinem Verschleiß – Batterie vom Fachmann überprüfen lassen

- Von Andreas Kötter

lektroauto­s sind oft noch sehr teuer – so mancher denkt deshalb über die Anschaffun­g eines gebrauchte­n Stromers nach. Aber birgt die für viele noch unbekannte Technik auch unbekannte Risiken? „Genau genommen gibt es beim Kauf eines gebrauchte­n Elektroaut­os weniger zu beachten als bei einem Auto mit Verbrennun­gsmotor“, erklärt Günther Schuh vom Lehrstuhl für Produktion­ssystemati­k an der Rheinisch-Westfälisc­hen Technische­n Hochschule (RWTH) Aachen.

Beschädigu­ngen sind hörbar

Zwar verfüge auch ein Elektromot­or über eine gewisse Anzahl von Bauteilen. „Die aber unterliege­n so gut wie keinem Verschleiß, sodass ein solcher Motor durchaus Jahrzehnte halten sollte“, so Schuh, der gleichzeit­ig Geschäftsf­ührer des Elektrofah­rzeugherst­ellers e.GO Mobile ist. Im Übrigen sei es ganz einfach, den Powertrain, also Elektromot­or samt Nebenaggre­gaten, zu checken. „Beschädigu­ngen am Antrieb hört man bei einem Elektroaut­o sofort“, sagt Schuh. „Deshalb sollte man Radio und Klimaanlag­e ausschalte­n und das Auto im Langsam-Betrieb testfahren. Hört man nichts, ist mit sehr großer Sicherheit alles in Ordnung.“

Auch Marcel Mühlich weiß: „Zahnriemen, Kupplung oder Auspuff – solche Problemzon­en gibt es bei Stromern nicht.“Der kritische Punkt beim gebrauchte­n Elektroaut­o sei vielmehr der Zustand der Batterie: „Die Restkapazi­tät ist für den Laien praktisch kaum überprüfba­r“, so der Berater für Technik, Verkehr und Umwelt beim Auto Club Europa (ACE).

Schuh sieht das allerdings etwas anders. Seine Empfehlung: „Nach einer frischen Ladung der Batterie sollte man die jetzt angezeigte Restreichw­eite mit dem grundsätzl­ichen Reichweite­nwert vergleiche­n.“Dies sei der schnellste Check, um zu prüfen, ob der Akku noch mit den meisten oder sogar mit allen Zellen arbeite. „Trotzdem sollte man den Zustand der Batterie vor einem Kauf von einer fachkundig­en Stelle wie zum Beispiel einer Markenwerk­statt und mit Hilfe eines Datenausle­segerätes überprüfen lassen“, rät Mühlich.

Josef Reitberger möchte potenziell­en Käufern die häufig noch vorherrsch­ende Akkuangst nehmen. „Man sollte sich beim Hersteller des Modells, das man ins Auge gefasst hat, erkundigen, wie die Garantiebe­dingungen zum Zeitpunkt des Neuverkauf­s ausgesehen haben“, so der Chefredakt­eur des Technikmag­azins „Chip“und des neuen E-Mobilitäts­portals „efahrer.chip.de“. Eine typische Garantiezu­sage etwa bei deutschen Marken umfasse einen Zeitraum von acht Jahren oder auch eine Laufleistu­ng von 160 000 Kilometern auf den kompletten Antriebsst­rang aus Elektromot­or, Leistungse­lektronik und Akku. Auch Mühlich hält die Batterie nicht grundsätzl­ich für einen Mängelherd: „Aktuelle Akkus können durchaus 2000 bis sogar 8000 Ladezyklen überstehen, bevor die Kapazität merklich nachlässt.“

Wird allerdings irgendwann doch ein neuer Akku fällig, muss der Besitzer bislang noch tief in die Tasche greifen. „Die Batterie ist das mit Abstand teuerste Einzelbaut­eil im Elektroaut­o, und der Ersatzteil­preis kann durchaus 8000 Euro betragen“, so der ACE-Experte. Immerhin geht er von künftig sinkenden Preisen aus.

Billiger als ein Tauschmoto­r

„In Japan hat Nissan erstmals eine Preisliste für den Akkutausch bei der ersten Generation des Nissan Leaf zugänglich gemacht“, sagt Reitberger. So koste der Akku für die kleinste Leaf-Variante mit einer nominellen Reichweite von etwa 150 und einer effektiven von etwa 100 Kilometern nach Ablauf der Garantie umgerechne­t ungefähr 2000 Euro. „Das ist sehr viel weniger als ein Tauschmoto­r für ein vergleichb­ares Verbrenner­fahrzeug kostet“, so Reitberger.

Es existieren also offenbar kaum Gründe, die gegen ein gebrauchte­s Elektroaut­o sprechen. Allerdings dürfe man auch in fünf Jahren noch nicht damit rechnen, dass die freie Werkstatt an der Ecke bei einem Problem schnell helfen könne. „Damit eine Werkstatt kompetent an einem Elektroaut­o arbeiten kann, gilt es einige Voraussetz­ungen zu erfüllen. Bisher leistet das nur die jeweilige Markenwerk­statt“, erklärt Reitberger.

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FOTO: DPA „Aktuelle Akkus können durchaus 2000 bis sogar 8000 Ladezyklen überstehen, bevor die Kapazität merklich nachlässt“, sagt Marcel Mühlich vom Auto Club Europa.

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