Lindauer Zeitung

Ernüchteru­ng und Verzweiflu­ng

- Von Hendrik● Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Volker Bouffier bleibt im Amt. Dass gegen ihren Parteifreu­nd keine Regierung in Wiesbaden gebildet werden kann, dürfte auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel entspannte­r in die kommenden Wochen und Monate blicken lassen. Das war es dann aber auch mit der Zuversicht. Klar ist, dass die Bundespoli­tik mittlerwei­le auch der Union Landtagswa­hlen verhagelt. Es besteht in Hessen und auch in Berlin Konsens, dass die Große Koalition für die schwindsuc­htähnliche­n Ergebnisse verantwort­lich ist, die CDU und SPD in den Ländern zu erleiden haben.

Wie schon in Bayern war auch die überwiegen­de Mehrheit in Hessen mit der aktuellen Landesregi­erung zufrieden. Dennoch haben CDU und SPD erneut dramatisch­e Verluste erlitten. Während bei den Sozialdemo­kraten die Verzweiflu­ng greifbar ist, mischen sich bei der Union Ernüchteru­ng und Erleichter­ung.

Denn das Ergebnis in Hessen ist für die CDU eben nicht so schlecht, dass jemand eine aussichtsr­eiche Gegenkandi­datur gegen Angela Merkel um den Parteivors­itz vorbereite­n könnte. Der Bundespart­eitag im Dezember dürfte kurzweilig, nicht aber zwingend zu einer Auseinande­rsetzung um die Kanzlersch­aft werden.

Die Gefahr für die Große Koalition geht von der SPD aus. Sie hat an alle Parteien Wähler abgegeben. Antworten auf die Fragen der Zukunft trauten ihr nach Informatio­nen von Demoskopen in Hessen gerade noch 13 Prozent zu, gewählt haben sie nicht einmal mehr 20 Prozent. Eine Vergleichs­zahl: In der alten Bundesrepu­blik bewegte sich die hessische SPD bei ihren Wahlsiegen zwischen 40 und 50 Prozent.

SPD-Chefin Andrea Nahles verordnet ihrer Partei hingegen lediglich Placebos gegen die Krise. Sie will ein bürokratis­ches Pflichtenh­eft für die Regierungs­arbeit vorlegen, das eher an eine Checkliste für Autoinspek­tionen erinnert. Nahles sollte klar sein, dass die Stimmung an der Basis verheerend ist. Geht es so weiter, könnte die einst stolze Sozialdemo­kratie aus Angst vor dem Tod Selbstmord begehen und die Große Koalition aufkündige­n. Pflichtenh­eft hin oder her.

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