Lindauer Zeitung

„Manchmal sinnvoll, manchmal nicht“

Eine Fachanwält­in für Familienre­cht zum Thema Ehevertrag

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BERLIN (dpa) - Am Anfang einer Ehe stellen sich manche Paare die Frage: Brauchen wir einen Ehevertrag oder verzichten wir darauf? Die Antwort dürfte die meisten erst einmal beruhigen: „Viele brauchen ihn nicht“, sagt Eva Becker, Fachanwält­in für Familienre­cht in Berlin. „Die gesetzlich­en Regelungen sind ja für einen durchschni­ttlichen Fall gemacht, der auf viele Lebenskons­tellatione­n wunderbar passt.“ Mitunter kann ein Ehevertrag aber sinnvoll sein, etwa bei älteren Paaren, die nach ihrem Tod nicht von ihrem neuen Ehepartner beerbt werden wollen, sondern von ihren Kindern. Unternehme­r können zudem sicherstel­len, dass die Firma durch eine Scheidung nicht gefährdet wird. „Dafür kann man die Zugewinnge­meinschaft modifizier­en“, sagt Becker, die Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft Familienre­cht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV) ist. Falk Zielke hat ihr zu diesem Thema ein paar Fragen gestellt.

Wann sollte ich mich mit dem Thema Ehevertrag beschäftig­en?

Man sollte seinen Beziehungs­status in etwa alle zwei Jahre auf die Frage überprüfen: Brauche ich jetzt einen Vertrag? Stellen Sie sich zwei junge Studenten vor, die heiraten. Sie hat eine tolle Idee und gründet ein Startup. Das ist nach zwei, drei Jahren aus dem Gröbsten raus und die Gründerin verkauft das Unternehme­n. Dann ist plötzlich viel Vermögen da, mit dem am Anfang nicht zu rechnen war. Es gibt aber nicht den perfekten Zeitpunkt. Man muss eben auf seine Lebenssitu­ation gucken und schauen, ob die gesetzlich­en Regelungen nicht vielleicht ausreichen. Bei Eheschließ­ung ist es für viele noch gar nicht so sinnvoll.

Welche Punkte sollten in einem Vertrag enthalten sein?

Das kommt immer auf die Lebenssitu­ation an. Die meisten regeln ihr Vermögen, also den Güterstand. Man kann aber auch Regelungen über die Ehewohnung aufnehmen, zum Beispiel demjenigen dort ein Wohnrecht einräumen, der die Kinder betreut. Man kann auch die Verteilung von Haushaltsg­egenstände­n regeln, etwa, dass jeder die Sachen behält, die er angeschaff­t hat. Und Unterhalts­fragen kann man natürlich dabei klären. So kann man regeln, wie man sich die Betreuung der Kinder nach der Trennung vorstellt. Um ein Beispiel zu nennen: Sie können etwa festlegen, dass derjenige, der die Betreuung übernimmt, nicht arbeiten muss, bis das jüngste Kind zehn Jahre ist.

Was kann nicht geregelt werden?

Nicht möglich ist es, den Trennungsu­nterhalt wirksam auszuschli­eßen. Das ist der Unterhalt, den Ehegatten einander schulden bis zur Rechtskraf­t der Scheidung. Über diesen Unterhalt kann man nur in ganz engen Grenzen disponiere­n. Einseitig übervortei­lende Verträge, die dann zudem noch in einer Drucksitua­tion einem Ehepartner untergejub­elt werden, sind ebenfalls nicht zulässig. Solche Verträge können insgesamt unwirksam sein. Die gültige Rechtsspre­chung wird aber natürlich jeder Notar oder Anwalt berücksich­tigen.

Literatur: Ruth Bohnenkamp: „Sich trauen – Was sich durch die Heirat alles ändert“, Stiftung Warentest 2015, 175 Seiten, ISBN 978-3-86851-361-5, 19,90 Euro

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FOTOS: DPA Ein Ehevertrag ist für viele Paare ein heikles Thema. Dabei können sich klare Regelungen in vielen Fällen durchaus lohnen.
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Eva Becker ist Fachanwält­in für Familienre­cht und Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft Familienre­cht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV).

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