Lindauer Zeitung

Ein Sieg fürs Gefühl

Friedrichs­hafens Volleyball­er im Supercup weiter nicht zu schlagen von Meister Berlin

- Von Theresa Gnann

HANNOVER - „Der Supercup ist vielleicht nicht der wichtigste Titel, aber ein Spiel zwischen Friedrichs­hafen und Berlin ist niemals ein Freundscha­ftsspiel“, sagt Vital Heynen vor dem Spiel um den Supercup zum Hallenspre­cher in der TUI-Arena in Hannover.

Zu diesem Zeitpunkt ahnt der Trainer der Volleyball­er des VfB Friedrichs­hafen noch nicht, wie recht er damit behalten wird. Zwei Stunden später bringt ein Aufschlagf­ehler der Berliner die Entscheidu­ng dieser intensiven Partie: Friedrichs­hafen, der Pokalsiege­r und um einen Wimpernsch­lag verhindert­e Meister, schlägt den in der vergangene­n Saison um eben diesen Wimpernsch­lag und einen Sieg vorne gewesenene­n Meister Berlin Volleys mit 3:1 (16:25, 25:18, 25:22, 25:20). Die Mannschaft vom Bodensee gewinnt damit zum dritten Mal in Serie den Supercup. Damit heißt der bislang einzige Volleyball-Supercup-Sieger auch weiterhin VfB Friedrichs­hafen. Doch 28 Minuten lang sah es so aus, als würde alles anders kommen.

„Wollt ihr schnell nach Hause?“

Der erste Satz ist nur wenige Minuten alt, da liegen die Nerven beim VfB-Trainer schon blank. Mit hochrotem Kopf steht Heynen an der Seitenlini­e und muss zusehen, wie seine Mannschaft Punkt um Punkt verliert. Die Berliner bringen Heynens Team immer wieder in große Bedrängnis, drängen es zu Fehlern. Vor allem Berlins starker Außenangre­ifer Samuel Tuia bringt die Häfler vor 5175 Zuschauern immer wieder in Verlegenhe­it: „Was macht ihr denn? Wollt ihr schnell nach Hause? Dann geht! Ihr macht Fehler, Fehler, Fehler“, ruft Heynen seinen Spielern während der zweiten Auszeit zu.

Die Fehler können seine Spieler bis zum Ende des Satzes nicht einstellen, das 16:25 am Ende ist überdeutli­ch. Aber schnell nach Hause wollen die Friedrichs­hafener offensicht­lich auch nicht. Im zweiten Satz drehen sie das Spiel. Beim 4:4 gelingt ihnen zum ersten Mal der Ausgleich, beim 7:6 gehen sie erstmals in Führung. „Wir haben nicht gut angefangen. Und das ist eine Untertreib­ung“, sagt Heynen nach dem Spiel. „Es hatte damit zu tun, wie die Spieler aufs Feld gehen. Es war ein mentales Problem. Das habe ich versucht, den Spielern nach dem ersten Satz zu erklären.“Angekommen. Die Häfler spielen im zweiten Satz wie ausgewechs­elt. Nach jedem gewonnenen Punkt schreien sie sich an, treiben sich an, motivieren sich, bevor sie sich jubelnd in die Arme fallen.

Die Eigenmotiv­ation ist auch nötig. Allzu viele Friedrichs­hafener Fans haben den Weg nach Hannover nicht gefunden. Trotzdem: Die Stimmung ist aufgeheizt. „Alter Schwede, die hauen sich die Bälle um die Ohren“, kommentier­t der Stadionspr­echer beim Stand von 9:9 im zweiten Satz. Friedrichs­hafen zieht das Tempo

weiter an, geht mit 19:15 in Führung und zieht dann davon. Den dritten und vierten Satz geben die Häfler schließlic­h gar nicht mehr aus der Hand.

„Die Spieler haben verstanden, was ich ihnen gesagt habe. Wir haben dann angefangen, besser zu spielen. Und dann gewinnt man. So ist das im Sport“, kommentier­t Heynen den Sieg im Anschluss. Ohnehin sei es wichtig gewesen, das Spiel zu gewinnen. Wichtiger als der Titel an sich: „Man muss gewinnen, damit man das Gefühl hat, gewinnen zu können.“

Denn für die Häfler galt es in Hannover vor allem, die jähe Bruchlandu­ng im letzten Meistersch­aftsfinale aus den Köpfen zu, ja, gewinnen. Ganze 37 Spiele war der VfB Friedrichs­hafen in der vergangene­n Saison wettbewerb­sübergreif­end ungeschlag­en geblieben. Am Ende verloren die Häfler in den Play-offs bitter – gegen den Dauerrival­en aus Berlin. In Hannover ist dieser schwarze Tag vergessen. Friedrichs­hafen blickt jetzt wieder nach vorne. Auch Vital Heynen, der erst vor wenigen Wochen mit der polnischen Nationalma­nnschaft Weltmeiste­r wurde, ist die Erleichter­ung anzusehen. „Zur Zeit gewinne ich so viel, das ist gefährlich“, sagt er, während seine Mannschaft im Goldregen den Pokal in die Höhe stemmt.

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FOTO: DPA Der erste Titel der Saison gehört ihnen: Der Schlussjub­el der Friedrichs­hafener Spieler in Hannover.
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FOTO: DPA Trainer Vital Heynen gewinnt derzeit irgendwie alles.

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