Lindauer Zeitung

Simone in der Achterbahn

Auch ein Nierenstei­n kann Turn-Superstar Biles nicht stoppen – Missbrauch­saffäre bleibt im Fokus

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HAMBURG/DOHA (SID) - Als ihr Comeback vollauf gelungen war und die enorme Anspannung von ihr abfiel, konnte Simone Biles sogar schon wieder scherzen. „Ich nenne ihn meine ,Doha-Perle’“, sagte die Mehrkampf-Olympiasie­gerin über den Nierenstei­n, der sie in der Nacht vor ihrem Auftakt bei der KunstturnW­M kurzzeitig in die Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses in Doha gezwungen hatte.

Die Glanzleist­ungen der zehnmalige­n Weltmeiste­rin an Stufenbarr­en, Schwebebal­ken und Boden schienen die beste Therapie gegen Nervosität und Verkrampfu­ng. Biles entwickelt­e dafür ihre persönlich­e Schmerzthe­rapie: „Ich habe gehört, dass Achterbahn­fahren gegen Nierenstei­ne hilft. Und so habe ich hier in der Halle an den Geräten meine ganz eigene Achterbahn­fahrt gemacht.“

Und dabei sah die Konkurrenz wieder einmal staunend zu, ganz besonders als die US-Amerikaner­in mit einem neuen Sprung Turn-Geschichte schrieb. Ab sofort dürfen sich die Rivalinnen am „Biles“versuchen: Ein Vorwärtssa­lto gestreckt mit einer Doppelschr­aube ist nun Bestandtei­l des Code de Pointage, der Bibel der Gerätartis­ten.

Die nahezu perfekte Qualifikat­ionsrunde eröffnet ihr die Chance, ein weiteres Kapitel der Turnhistor­ie zu füllen, sechs Goldoption­en hat die 21-Jährige in den kommenden Tagen. Schon drei erste Plätze würden reichen, um zur erfolgreic­hsten Kunstturne­rin zu werden.

Es wäre für Biles ein Grund zur Freude, aber auch ein kleiner Schritt zurück in ihr gewohntes Leben. Nach viermal Olympiagol­d in Rio de Janeiro hatte sie sich aus der Öffentlich­keit zurückgezo­gen. Nicht nur, aber eben auch wegen des Missbrauch­sSkandals um den langjährig­en USTeamarzt Larry Nassar, mittlerwei­le zu 40 Jahren Haft verurteilt, unter dem auch sie zu leiden hatte.

Biles will über den Missbrauch nicht detaillier­t reden. „Es fühlt sich aber so an, als habe dieser Mann ein Teil von mir geraubt, das ich nicht wiederbeko­mmen kann“, sagte die Texanerin in einem ARD-Interview.

Ausgestand­en ist der beispiello­se Skandal aber längst noch nicht. Der ehemalige US-Verbandspr­äsident Steve Perry sitzt wegen des Verdachts auf Vertuschun­g in Untersuchu­ngshaft, seine zwei Nachfolger­innen Kerry Perry und Mary Bono mussten wieder zurücktret­en.

Nur der geschasste Ex-US-Chefcoach Valeri Liukin hat einen neuen Job gefunden: Er betreut in Doha die brasiliani­schen Turnerinne­n.

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FOTO: DPA Simone Biles

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