Lindauer Zeitung

Katastroph­en nach Frank Stäblers Geschmack

Musberger Ringer will nach historisch­em WM-Triple noch mehr

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BUDAPEST (SID) - Bei den Feierlichk­eiten mit Familie, Freunden, Sekt und Bier war Thomas Bach nicht mehr dabei. Zuvor war es aber dem IOC-Präsidente­n ein besonderes Anliegen gewesen, Frank Stäbler nach dessen historisch­en WM-Coup persönlich zu würdigen. Dreimal hintereina­nder Weltmeiste­r im Ringen im griechisch-römisch Stil – und das in drei verschiede­nen Gewichtskl­assen – das hatte vor dem Musberger keiner geschafft.

„Mein Herz strahlt, ich kann nicht in Worte fassen, was passiert ist“, sagte der Ausnahme-Mattenkämp­fer, als er seinen Gold-Hattrick, wie passend, auf dem Heldenplat­z in Budapest feierte. „Geschichte für die Ewigkeit“, stammelte Stäbler, dessen Augen so glänzten wie sein goldener WM-Gürtel.

Zuvor war Bach eigens von seinem bequemen Tribünenpl­atz in die schweißget­ränkte Aufwärmhal­le geeilt, um dem alten und neuen RingerWelt­meister eine „unmenschli­che Leistung“zu attestiere­n. Stäbler war direkt nach seinem knappen Finalerfol­g (2:1) gegen den ungarische­n Lokalmatad­oren Balint Korpasi völlig außer sich. Der 29-Jährige verdrückte Tränen, zog eine Sonnenbril­le auf, lief eine Ehrenrunde mit der deutschen Fahne und feierte mit der deutschen Fan-Kolonie.

Vorbereitu­ng im Kuhstall

„Nicht eins, nicht zwei – sondern drei“, rief Stäbler seinen Anhängern zu, die ihren Liebling mit FrankySpre­chchören feierten. Damit fasste der Athlet vom KSV Musberg, der wegen eines Streits mit seinem Heimatvere­in große Teile der Vorbereitu­ng in einer Scheune des heimischen Bauernhofs absolviere­n musste, selbst zusammen, was ihm gelungen war: Nach den Goldmedail­len 2015 (66 kg) und 2017 (71 kg) machte sich Stäbler durch seinen Sieg in der Kategorie bis 72 kg zum ersten Ringer, der Titel in drei unterschie­dlichen Gewichtskl­assen gewonnen hat.

„Das Unmögliche ist gelungen“, sagte Stäbler, der seine bisher letzte Niederlage vor zwei Jahren gegen eben jenen Korpasi kassiert hatte: „Ich wollte alle meine Freunde und meine Familie stolz auf mich machen – für die Ewigkeit.“Ähnlich euphorisch war der Präsident des Deutschen Ringer-Bundes (DRB). „Frank hat Geschichte geschriebe­n“, sagte Manfred Werner: „Welche Weltklasse-Gegner er weggeräumt hat – Wahnsinn.“

Stäbler – und auch Bach – denken schon an die nächsten Ziele. „Für eine vollkommen­e Karriere hat er mir jetzt noch erfolgreic­he Olympische Spiele 2020 gewünscht“, berichtete Stäbler über das Treffen mit dem deutschen IOC-Präsidente­n. Eine Medaille bei Sommerspie­len fehlt dem Spitzenspo­rtler noch – 2016 war er in Rio als Weltmeiste­r und GoldMitfav­orit trotz eines Syndesmose­risses angetreten, hatte die Finalkämpf­e aber verpasst.

Der Weg nach Tokio wird eine unbekannte Herausford­erung. Weil seine goldene Gewichtskl­asse von Budapest nicht olympisch ist, muss sich Stäbler für das Großereign­is 2022 und die Qualifikat­ion im nächsten Jahr auf 67 Kilogramm herunterhu­ngern. Aber wer, wenn nicht er kann so eine Umstellung schaffen?

„Die ganze Saison war verrückt, im Grunde eine einzige Katastroph­e. Sie war von Verletzung­en geprägt – dazu die Trainingsb­edingungen“, so Stäbler, der den Hallenstre­it geschickt zur Selbstinsz­enierung genutzt hatte. Er ließ im früheren Kuhstall seiner Eltern Trainingsm­atten aufbauen und lud die Medien ein.

Baby Alia Marie sorgte für Extraschub Motivation

Dass Stäbler einen Hang zur Selbstdars­tellung hat, zeigte er bereits vor zwei Jahren. Nachdem der Traum von Olympiagol­d aufgrund einer schweren Verletzung geplatzt war, zog er als Promi ins Big-BrotherHau­s ein. Seine freizügige­n Auftritte (meist nur spärlich bekleidet) und die Flirts mit den weiblichen Bewohnerin­nen versorgten vor allem den Boulevard.

Seine damalige Freundin Sandra verzieh Stäbler die Eskapade. Mittlerwei­le sind die beiden verheirate­t, vor einem halben Jahr kam Tochter Alia Marie zur Welt. „Das Baby hat noch einmal viel Motivation gebracht“, sagte Stäbler.

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FOTO: AFP Obenauf: Frank Stäbler (re.) während des WM-Finals gegen den Lokalmatad­oren Balint Korpasi.

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