Lindauer Zeitung

„Ralf Rangnick hat mir in der Schule geholfen“

Der Ex-Ulmer Sascha Rösler (40) kommt heute zum Pokalduell zurück ins Donaustadi­on – als Teammanage­r von Fortuna Düsseldorf

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ULM - Sieben Jahre war Sascha Rösler, der in Tettnang geboren ist und beim TSV Meckenbeur­en und VfB Friedrichs­hafen das Fußballspi­elen lernte, für den SSV Ulm 1846 aktiv. Zuerst als 15-Jähriger in der Jugend, später in der Bundesliga, auch nach dem Abstieg im Jahr 2000 blieb er an der Donau, ehe er nach Fürth wechselte. Heute zum Zweitrunde­n-Pokalspiel (18.30 Uhr/Sky) kommt der 40-Jährige frühere U21-Nationalsp­ieler zurück an die alte Wirkungsst­ätte – als Teammanage­r von Fortuna Düsseldorf und mit vielen Erinnerung­en, die er im Gespräch mit Gideon Ötinger teilt.

Herr Rösler, das Spiel am Dienstag wird für Sie kein alltäglich­es. Wie haben Sie reagiert, als Sie das Los SSV Ulm sahen?

Rösler: Ich habe mich natürlich gefreut, weil ich schon ewig nicht mehr in Ulm im Stadion war und auch nur noch selten im Süden unterwegs bin. Ich war ja lange beim SSV und es war eine besondere Zeit.

Haben Sie noch Kontakt zu einzelnen ehemaligen Spielern oder Funktionär­en?

Eigentlich kaum noch. Das ist ja auch schon fast 20 Jahre her. Mit Oliver Unsöld (Trainer des SC Ichenhause­n und ehemaliger SSV-Profi, d. Red.) telefonier­e ich öfters mal, er war auch mal hier in Düsseldorf beim Spiel. Wen ich auch noch kenne, ist Holger Betz, weil er damals mit mir zusammen zur B-Jugend nach Ulm gewechselt ist. Unglaublic­h, dass er immer noch beim SSV ist. Und klar, der Trainer, Holger Bachthaler ist ein Begriff.

Als Sie in der Jugendmann­schaft spielten, wohnten Sie direkt neben dem Donaustadi­on.

In der A-Jugend hatte ich ein Zimmer neben der alten Geschäftss­telle im Schwimmbad und habe da fast zwei Jahre gewohnt. Das war dann mein Zuhause. Deswegen ist es schon witzig, mal wieder zurückzuko­mmen.

Was verbinden Sie denn noch mit dem Verein? War da die Bundesliga­zeit besonders prägend für Sie?

Ach, nicht nur die Bundesliga­zeit. Es war das erste Mal, dass ich von Zuhause weg war. Ich war 16 und es war schon ein großer Schritt, den ich da machte, ganz alleine auf mich gestellt.

Sie sind damals noch zur Schule gegangen. Wie hat das funktionie­rt?

Das erste Jahr war nicht so erfolgreic­h (lacht). Wenn man sich nicht konzentrie­rt, geht man morgens vielleicht auch mal nicht in die Schule ... Dann kam aber Ralf Rangnick, der für mich ein besonderer Trainer war. Er war der Hauptgrund dafür, dass wir überhaupt diesen Erfolg haben konnten, und er hat mir in der Schule geholfen, damit ich noch mein Abitur machen konnte. Ich habe mich damit schwergeta­n – die Fußballkar­riere und nebenher das Abitur. Rangnick hat mich aber unterstütz­t und mir sogar noch eine Nachhilfe organisier­t.

Fußballeri­sch dürften Sie auch Ihre Erinnerung­en haben?

Klar, den fußballeri­schen Erfolg habe ich auch noch im Kopf, wobei es am Schluss mit dem Abstieg und der finanziell­en Schieflage natürlich schade war, besonders für mich, der aus der Jugend kam und am Verein hing.

Nach dem Abstieg waren Sie noch beim SSV, wechselten danach aber zu 1860 München, Oberhausen, später nach Aachen, Gladbach, Düsseldorf und Fürth. Haben Sie einen Herzensclu­b?

Das ist schwer zu sagen. Im Westen habe ich mich fußballeri­sch am wohlsten gefühlt – egal, ob es Aachen, Gladbach oder Düsseldorf war. Die Mentalität ist hier eine andere. Ich habe das Gefühl, dass die Leute hier dem Fußballer gegenüber mehr Wertschätz­ung aufbringen. Woanders hatte ich oft das Gefühl, dass über Profis schlechter gesprochen wird.

Mit Aachen und der Alemannia verbindet Sie aber auch etwas.

Ja, an dem Verein hing ich immer extrem. Ich wohne ja auch noch in Aachen. Aber einen Herzensclu­b könnte ich mir trotzdem nicht herauspick­en. Ulm ist natürlich etwas Besonderes, weil es meine erste Station und der Aufstieg ein kleines Märchen war.

Sie haben sich nach Ihrer Karriere im Jahr 2013 bei Fortuna Düsseldorf umschulen lassen, um organisato­rische Aufgaben zu übernehmen. Ein bewusster Schritt?

Es ist für Fußballer ja schon schwer, nach der Karriere zu schauen, was man macht, und die Jobs im Profifußba­ll sind begrenzt. Deshalb war es ein Privileg, überhaupt so eine Chance zu bekommen, direkt nach der Karriere. Ich konnte mir auch ehrlich gesagt nichts unter einem Teammanage­r vorstellen, das gab es ja früher nicht. Für mich ging es darum, mir neue Ziele zu setzen.

Als Trainer zu arbeiten wäre keine Option für Sie?

Ich habe parallel den Trainersch­ein bis zum A-Schein gemacht. Das ist schon etwas, das ich im Hinterkopf habe. Mit meinen Emotionen und der Liebe zum Spiel könnte ich mir schon vorstellen, zurück auf die Wiese zu gehen. Es ist nicht so, dass ich sage: Ich möchte die nächsten 20 Jahre lang Teammanage­r sein.

Die Lage Ihrer Mannschaft ist nicht besonders rosig. Hat die Liga eine höhere Priorität als der Pokal für Sie?

Unser Saisonstar­t war eigentlich gut, und wir hatten in den Spielen das Gefühl, dass wir sie auch hätten gewinnen können. Gegen Frankfurt war es bitter, weil wir keinen Spieler dabei hatten, der ansatzweis­e an seine Leistungsg­renze kam. Wenn man 1:7 verliert, kann man nicht zur Tagesordnu­ng übergehen. Der Pokal hat seine eigenen Gesetze: Der kleine Club kann nur gewinnen, der andere nur verlieren. Besonders, weil die Regionalli­ga-Mannschaft­en mittlerwei­le topfit sind. Das sind fast alles Spieler, die ausschließ­lich Fußball spielen und sich voll darauf konzentrie­ren. Auch in Ulm: Holger Bachthaler war ja davor in Salzburg und er weiß ganz genau, wie es funktionie­rt. Aber: Auch wir kommen über den Teamgeist und die Mentalität.

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FOTO: IMAGO Vielleicht der größte Moment der Ulmer Clubgeschi­chte: Sascha Rösler und sein Förderer Ralf Rangnick bei der Aufstiegsf­eier 1999.

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