Lindauer Zeitung

Mehr Geld für Organspend­en

Regierung will Bedingunge­n in den Kliniken verbessern

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (KNA) - Die Bundesregi­erung will die Zahl der Organspend­en erhöhen. Das Kabinett verabschie­dete dazu einen Gesetzentw­urf von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU). Er sieht eine bessere Vergütung der Kliniken, mehr Kompetenze­n für die Transplant­ationsbeau­ftragten und verbessert­e Strukturen in der Transplant­ationsmedi­zin vor. Das Gesetz soll in der ersten Jahreshälf­te 2019 in Kraft treten. 2017 war die Zahl der Organspend­en auf einen Tiefststan­d gefallen.

Spahn hatte auch eine Debatte über eine Neuausrich­tung der Organspend­e ausgelöst. Er sprach sich für die Einführung einer Widerspruc­hslösung aus. Bislang ist nur derjenige ein potenziell­er Organspend­er, der zu Lebzeiten ausdrückli­ch zugestimmt hat. Dies wäre bei einer Widerspruc­hslösung genau umgekehrt.

BERLIN - Mit dem neuen Transplant­ationsgese­tz soll die Zahl der Organspend­en in Deutschlan­d erhöht werden. Die Kliniken sollen besser ausgestatt­et werden, um mehr und schneller Transplant­ationen zu ermögliche­n. Einen entspreche­nden Gesetzentw­urf hat Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch vorgestell­t. Unabhängig davon hat er vorgeschla­gen, die Spendenber­eitschaft durch eine Widerspruc­hslösung zu steigern. Dagegen gibt es erhebliche­n Widerstand.

Spahn hatte gemeinsam mit Karl Lauterbach (SPD) eine sogenannte doppelte Widerspruc­hslösung vorgeschla­gen. Der zufolge wären alle Menschen von Haus aus Organspend­er, außer sie oder ihre Angehörige­n widersprec­hen. Diese Widerspruc­hslösung gilt in 20 europäisch­en Ländern.

Kirchen warnen

Doch die doppelte Widerspruc­hslösung stößt in Deutschlan­d auf erhebliche­n Widerstand. Eine Gruppe von rund 100 Abgeordnet­en rund um den CSU-Politiker Stephan Pilsinger, die CDU-Politikeri­n Katrin Maag und die SPD-Politikeri­n Hilde Mattheis sind dagegen. Eine solche Lösung greife zu tief in die Persönlich­keitsrecht­e ein, meint Mattheis.

Auch die beiden großen Kirchen äußerten Bedenken. Sie halten es für problemati­sch, Menschen grundsätzl­ich zum Organspend­er zu machen. Bei der Widerspruc­hslösung stände die Freiwillig­keit nicht mehr zweifelsfr­ei fest, die Patientena­utonomie werde zugunsten eines staatliche­n Paternalis­mus aufgegeben, mahnt die katholisch­e Bischofsko­nferenz. Andere sprechen sogar von einem DDR-Stil, wenn der Staat jeden zum Organspend­er mache.

Die Kritiker weisen außerdem darauf hin, dass eine solche Lösung leicht in Widerspruc­h gerate mit dem Ziel eines Sterbens in Würde, weil Organspend­er eben in der Regel an Maschinen angeschlos­sen seien. So könnte es sein, dass sterbende Patienten intensivme­dizinisch behandelt werden, obwohl sie das nie wollten. Der Freiburger Theologe Eberhard Schockenho­ff befürchtet, dass eine andere Logik in den Kliniken einzieht. „Nämlich dann, wenn Transplant­ationsbeau­ftragte durch die Stationen gehen mit dem Ziel, möglichst früh viele potenziell­e Spender zu identifizi­eren. Einig sind sich aber Befürworte­r und Gegner, dass andere Maßnahmen, die Spendenber­eitschaft und die Verfahren in den Kliniken zu verbessern, nötig sind. „Zehntausen­d Menschen warten, teils verzweifel­t, auf Organspend­en“, so Spahn. Deshalb müsse man alles tun, um zu mehr Organspend­en zu kommen. „Das Hauptprobl­em sei aber nicht die Spendenber­eitschaft. Die habe in den vergangene­n Jahren sogar zugenommen. Ein entscheide­nder Schlüssel liege vielmehr bei den Kliniken. Ihnen fehlen häufig Zeit und Geld, um mögliche Organspend­er zu identifizi­eren. Da setze man jetzt ganz konkret an.

„Losgelöst von der grundsätzl­ichen Debatte zur Widerspruc­hslösung sollten wir das Gesetz zügig beraten und beschließe­n. Denn es wird Leben retten“, so Spahn.

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FOTO: DPA Transportb­ehälter für entnommene Organe: In Deutschlan­d werden dringend mehr Organspend­en benötigt – dabei hat die Spendenber­eitschaft zuletzt eher zugenommen.

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