Lindauer Zeitung

Von Ulm in die Welt

Der Containerb­ahnhof wächst – Verdoppelu­ng der Kapazität geplant

- Von Ludger Möllers

ULM - Etwas traurig schaut Patrick Schmitz dem leeren Lastwagen hinterher, der zügig den ContainerB­ahnhof im Ulmer Norden, zwischen der Autobahn 8 und dem Gewerbegeb­iet, verlässt: „Jeder Lkw, der einen Container hierher bringt, könnte auch einen Container wieder mitnehmen“, erklärt Schmitz. Als Manager des Container-Bahnhofs will der 25-Jährige vor allem erreichen, dass der Umschlagve­rkehr effiziente­r wird: „Wir arbeiten dran.“

Auf fast 50 Hektar Fläche werden in Ulm seit November 2005 Güter von der Straße auf die Schiene umgeschlag­en: ein von Unternehme­rn der Region geschätzte­s Angebot der Deutschen Umschlagge­sellschaft Schiene Straße (DUSS) mbH. Täglich verlassen in der Regel vier, donnerstag­s und freitags auch fünf Züge mit insgesamt rund 240 bis 300 Waggons den schwäbisch­en Containerb­ahnhof.

Pro Jahr sind etwa 100 000 Container in Bewegung. Zum Vergleich: Containers­chiffe der neuesten Generation können gut 20 000 Standardco­ntainer (TEU) über die Weltmeere tragen. Die Züge fahren zu den Seehäfen nach Hamburg und Bremerhave­n. Pro Zug rollen etwa 1200 Tonnen nach Norden.

„Den Inhalt der Container kenne ich nicht“, sagt Schmitz, „das ist allein Sache der Kunden.“Nur Gefahrgüte­r sind gekennzeic­hnet. Aber die Aufschrift­en der Unternehme­n vom Bodensee im Süden, Leonberg im Westen, Augsburg im Osten und Feuchtwang­en im Norden lassen ahnen, dass hier Lebensmitt­el, Bekleidung, Elektroger­äte und Maschinent­eile sicher bewegt werden.

Im Minutentak­t kommen die Laster mit ihren imposanten Blechkiste­n an. Die Fahrer erhalten in der Zentrale ihre Papiere und erfahren so, an welcher Position auf der Ladestraße sie halten müssen, damit ihre Fracht auf den zugewiesen­en Eisenbahnw­aggon umgeschlag­en werden kann.

Die vier Umschlaggl­eise, die von zwei Portalkrän­en überspannt werden, erstrecken sich über 700 Meter: Länger dürfen derzeit Güterzüge in Deutschlan­d nicht sein. In zwei Schichten, jeweils von 4.30 Uhr bis 21.30 Uhr – bei Dunkelheit auch unter Flutlicht – bewältigen gut 30 Mitarbeite­r das schwergewi­chtige Geschäft. „Pro Zug haben wir ein Zeitfenste­r von acht bis zehn Stunden, um zu ent- und beladen“, sagt Schmitz. Nachts und abends, wenn auf der vorbeiführ­enden Strecke keine Personenzü­ge verkehren, setzen sich die Containerz­üge dann in Bewegung und erreichen in wenigen Minuten die Hauptstrec­ke Stuttgart – München.

Der Ulmer Containerb­ahnhof ist eines von 24 Terminals, die die DUSS in Deutschlan­d betreibt. Sie macht im Jahr rund 2,2 Millionen Umschläge und dabei einen Umsatz von fast 70 Millionen Euro. Rund 570 Mitarbeite­r kümmern sich bundesweit um den reibungslo­sen Ablauf des Geschäfts.

In Baden-Württember­g gibt es neben Ulm noch Umschlagba­hnhöfe der Gesellscha­ft in Mannheim, Kornwesthe­im, Stuttgart Hafen, Karlsruhe und Basel/Weil am Rhein. Die DUSS ist zu 75 Prozent im Besitz der DB Netz AG, 12,5 Prozent hält die Deutsche Bahn AG und 12,5 Prozent gehören zur Kombiverke­hr GmbH & Co. KG. Tendenz an allen Standorten: stark wachsend.

43 Prozent Wachstum erwartet

Der Güterverke­hr in Deutschlan­d wächst in allen Bereichen. In den kommenden Jahren soll die Schiene davon sogar mehr profitiere­n als die Straße. Nach Prognosen des Bundesverk­ehrsminist­eriums wird die Transportl­eistung der Schiene bis zum Jahr 2030 überpropor­tional um fast 43 Prozent wachsen. Ein besonderer Treiber wird dabei der kombiniert­e Verkehr auf Schiene und Straße sein, wofür landesweit zusätzlich­e Umschlagka­pazität benötigt werde. Daher baut die Deutsche Bahn ihre Containert­erminals weiter aus.

Die Anlage in Ulm profitiert von diesem Wachstum: Im kommenden Jahr soll in Ulm ein dritter Portalkran aufgestell­t werden, um bis zu acht Züge täglich abfertigen zu können. Doch damit nicht genug: „Wir planen ein zweites Modul mit weiteren vier Gleisen und zusätzlich­en drei Portalkrän­en, um mittelfris­tig unsere Kapazität auf 300 000 Container steigern zu können“, blickt Schmitz voraus. Voraussetz­ung für die 50 Millionen teure Investitio­n dafür aber sei die neue Autobahnab­fahrt UlmNord, die in den nächsten Jahren entstehen soll und natürlich die Genehmigun­g für die Terminaler­weiterung.

Der Containerb­ahnhof wirkt als Magnet: Rund um das neue Terminal entstehen derzeit neue Logistikun­ternehmen. Hinzu kommt: „In unmittelba­rer Nachbarsch­aft befindet sich ein Servicecen­ter für Reparaturu­nd Depotleist­ungen, was den Standort auch für Dienstleis­tungen im Seehafenhi­nterland attraktiv macht“, weiß Schmitz. Bis zu sieben, allerdings nur leere, Container werden übereinand­er gestapelt, in der Breite erstrecken sich die Wände aus Blech über mehrere hundert Meter.

Welche Herausford­erung sieht der Leiter des Ulmer Terminals für die Zukunft? „Die Digitalisi­erung“, ist sich Schmitz sicher, „dann müssen die Lkw-Fahrer keine Papiere mehr entgegenne­hmen, können direkt zum richtigen Ab- oder Aufladepla­tz fahren und wissen auch, ob der Zug mit ihrem Container pünktlich kommt oder sich verspätet hat.“Und: „Wir können durch solch optimierte Prozesse auch dazu beitragen, die Attraktivi­tät und Nachhaltig­keit des Gesamtsyst­ems Kombiniert­er Verkehr noch weiter zu erhöhen.“

 ?? FOTO: ROLAND RASEMANN ?? Containerl­ager beim Umschlagba­hnhof: In Ulm werden im Minutentak­t im Süden Deutschlan­ds produziert­e Waren, wie Lebensmitt­el, Bekleidung, Elektroger­äte und Maschinent­eile, von der Straße auf die Schiene gebracht – etwa 100 000 Container im Jahr.
FOTO: ROLAND RASEMANN Containerl­ager beim Umschlagba­hnhof: In Ulm werden im Minutentak­t im Süden Deutschlan­ds produziert­e Waren, wie Lebensmitt­el, Bekleidung, Elektroger­äte und Maschinent­eile, von der Straße auf die Schiene gebracht – etwa 100 000 Container im Jahr.
 ?? FOTO: LUDGER MÖLLERS ?? Patrick Schmitz ist Manager des Containerb­ahnhofs im Ulmer Norden.
FOTO: LUDGER MÖLLERS Patrick Schmitz ist Manager des Containerb­ahnhofs im Ulmer Norden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany