Keime sorgen für Hamsterkäufe
Nach der Abkochanordnung füllen Wiggensbacher ihre Vorräte auf
WIGGENSBACH - Erst ist das Trinkwasser knapp, dann verunreinigt: Die Wiggensbacher müssen derzeit achtsam mit dem Lebensmittel umgehen. Nachdem das Gesundheitsamt angeordnet hat, dass das Wasser aus der Leitung vor dem Verzehr abgekocht werden muss, haben sich viele Privatleute einen Vorrat an Mineralwasser gekauft. Zwischenzeitlich waren die PET-Flaschen im Edeka im Ortskern sogar ausverkauft. Auch Einrichtungen und Betriebe müssen Vorkehrungen treffen, nachdem eine Untersuchung Keime im Trinkwasser nachgewiesen hat.
Für das Seniorenheim Kapellengarten zum Beispiel bedeutet eine solche Abkochanordnung viel Mehraufwand. Als diese am Mittwochnachmittag bekannt wurde, reagierten Einrichtungsleiter Simon Ried und seine Mitarbeiter sofort. Sie sperrten die Getränkespender ab, die mit Leitungswasser gespeist werden, informierten alle Bewohner – im Pflegebereich leben 41 Menschen, im Betreuten Wohnen 25. „Natürlich beobachten und dokumentieren wir jetzt auch genau, ob jemand eine Magen-Darm-Verstimmung hat“, sagt Ried. Auf den Etagen im Kapellengarten sind mittlerweile mehrere Stapel Wasserflaschen deponiert. Damit die Senioren ausreichend zu trinken haben. Aber auch, damit sie sich nicht mit dem Leitungswasser ihre Zähne putzen müssen.
Denn auch hier empfiehlt das Gesundheitsamt, das Wasser vorher drei Minuten abzukochen. Gerade bei älteren Menschen, aber auch bei Säuglingen und Kleinkindern können die im Hochbehälter entdeckten „coliformen Keime“die Gesundheit gefährden. Zwingend krankheitserregend seien sie aber nicht, sagt Brigitte Klöpf, Sprecherin am Landratsamt.
„Klar, wir haben derzeit eine Ausnahmesituation“, sagt Wiggensbachs Bürgermeister Thomas Eigstler. Aber er beruhigt auch: Die Anzahl der Keime hätte zwar die Grenzwerte überschritten, sei aber gering gewesen. Auch habe es noch keinen Krankheitsfall gegeben, der auf coliforme Keime zurückzuführen sei. Das müssten Ärzte melden. Zudem habe eine weitere Untersuchung gezeigt, dass die Werte rückläufig seien. Aber noch seien die Keime vorhanden – und so lange gelte die Verordnung, das Wasser abzukochen.
Tanklastzüge aus Kempten
Nicht nur der Kapellengarten, auch viele Privatleute haben sich deswegen mit Wasser aus dem Handel eingedeckt. Auch weil es in den gemeindlichen Quellen zur Neige geht und Wiggensbach mit Tanklastzügen aus Kempten beliefert werden muss, sagt der Wiggensbacher Andreas Hiemer. Er kocht jetzt zum Beispiel seinen Kaffee mit Wasser aus der Flasche statt aus der Leitung. Jürgen Haidorf, der den Edeka im Ortskern betreibt, jedenfalls muss aufgrund der großen Nachfrage für kommende Woche mehr Wasser bestellen: „Mein Bestand war kurzfristig leer.“
Gäste im „Gasthof zum Kapitel“hätten bereits nachgefragt, wie Wirt Roger Weber mit der Anordnung umgeht. „Wir kochen eh alles ab“, sagt er. Und Salat werde fertig gewaschen geliefert. Für die Schaukäserei hingegen ist der Aufwand größer. Das Unternehmen ist mit bis zu 30 000 Liter täglich einer der größten Wasserabnehmer in der Gemeinde. Derzeit verwenden die Mitarbeiter nur Wasser zum Reinigen, das vorher im Boiler war, sagt Betriebsleiter Robert Röhrle. Direkt ins Produkt komme kein Wasser. Dennoch habe die Käserei die Muva, die milchwirtschaftliche Untersuchungs- und Versuchsanstalt, eingebunden. Aktuell werden die Produkte gekennzeichnet und speziell geprüft, bevor sie in den Handel kommen.