Wie sich Kirchen anders nutzen lassen
Auch in Bayern stehen immer mehr Gotteshäuser leer – Bistümer diskutieren über Umwidmung
FÜRSTENFELDBRUCK (KNA) - Was tun mit Kirchen, die zu groß geworden sind, was mit Klöstern, deren Bewohner aussterben: Diese Frage, in Ostdeutschland längst aktuell, kommt auch auf den Süden Deutschlands zu. Höchste Zeit, Denkmalschützer, Architekten sowie kirchliche Bau- und Kunstexperten an einen Tisch zu holen.
Dem Ruf des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege ins ehemalige Kloster Fürstenfeld folgten am Montag und Dienstag fast 200 Neugierige. „Wir sind vielleicht nicht mehr so weit weg von Brandenburg und wissen es bloß noch nicht“, mahnte der Kunstreferent des Erzbistums München und Freising, Norbert Jocher.
Sein Bistum sammelt seit einigen Jahren Erfahrung mit aussterbenden Klöstern. Nicht immer gelingt eine reibungslose Anschlussverwendung.
Historisch waren die rund 1000 bayerischen Klöster schon vieles: Nach der Säkularisation 1803 wurden sie in Kasernen und Künstlerateliers umgewandelt. Brauereien zogen ein und „Irrenhäuser“auch. Das Thema betrifft Katholiken und Protestanten. Die Evangelisch-Lutherische Landeskirche im Freistaat hat ihre über 6000 Gebäude systematisch bewertet. Ergebnis: Unter den Immobilien, die vor der Aufgabe stehen, sind auch 68 Kirchen.
Kein Zuschuss im Sanierungsfall
Im Bistum Aachen ist man schon weiter. Als sich zeigte, dass der Instandsetzungsbedarf für die rund 800 Kirchen und Kapellen um ein Drittel höher war als die verfügbaren Mittel, entschied man sich zu rigorosen Maßnahmen: Im Sanierungsfall erhalten die Gemeinden für ein Drittel der Sakralgebäude keine Bistumszuschüsse mehr. Inzwischen wurden 20 Kirchen verkauft, 20 teilweise oder ganz umgenutzt. Aus den Gotteshäusern sind Urnenbegräbnisstätten geworden, Büros zogen ein, manche wurden zu Kindertagesstätten oder Altenheimen. Umstritten blieben das Projekt einer so genannten Kletterkirche und ein digitales Start-up-Labor in einer ehemaligen Kirche.
Der Münchner Generalvikar Peter Beer warb dafür, aufgegebene Klöster weiter kirchlich zu nutzen und in kirchlichem Eigentum zu halten. Zugleich müsse man sich für neue Bedarfe öffnen. Warum sollte nicht ein Handwerkerhof dort einziehen, um die lokale Wirtschaft zu beleben, oder ein Ärztezentrum? Auch eine Apotheke kann Beer sich vorstellen. Weil es sich um Nutzungen handelt, in denen er noch eine Nähe zum kirchlichen Auftrag erkennt.
Beer schwebt auch Größeres vor: Ehemalige Klöster könnten zu gesellschaftlich wirksamen Beispielen alternativen Lebens weiterentwickelt werden; zeigen, wie Integration von Flüchtlingen gelingt, die Inklusion von Menschen mit Behinderung oder auch generationenübergreifendes Wohnen. An Geldmangel wird das in München eher nicht scheitern – vielleicht aber an einem Mangel an Personal.