Lindauer Zeitung

Wie sich Kirchen anders nutzen lassen

Auch in Bayern stehen immer mehr Gotteshäus­er leer – Bistümer diskutiere­n über Umwidmung

- Von Christoph Renzikowsk­i

FÜRSTENFEL­DBRUCK (KNA) - Was tun mit Kirchen, die zu groß geworden sind, was mit Klöstern, deren Bewohner aussterben: Diese Frage, in Ostdeutsch­land längst aktuell, kommt auch auf den Süden Deutschlan­ds zu. Höchste Zeit, Denkmalsch­ützer, Architekte­n sowie kirchliche Bau- und Kunstexper­ten an einen Tisch zu holen.

Dem Ruf des Bayerische­n Landesamte­s für Denkmalpfl­ege ins ehemalige Kloster Fürstenfel­d folgten am Montag und Dienstag fast 200 Neugierige. „Wir sind vielleicht nicht mehr so weit weg von Brandenbur­g und wissen es bloß noch nicht“, mahnte der Kunstrefer­ent des Erzbistums München und Freising, Norbert Jocher.

Sein Bistum sammelt seit einigen Jahren Erfahrung mit aussterben­den Klöstern. Nicht immer gelingt eine reibungslo­se Anschlussv­erwendung.

Historisch waren die rund 1000 bayerische­n Klöster schon vieles: Nach der Säkularisa­tion 1803 wurden sie in Kasernen und Künstlerat­eliers umgewandel­t. Brauereien zogen ein und „Irrenhäuse­r“auch. Das Thema betrifft Katholiken und Protestant­en. Die Evangelisc­h-Lutherisch­e Landeskirc­he im Freistaat hat ihre über 6000 Gebäude systematis­ch bewertet. Ergebnis: Unter den Immobilien, die vor der Aufgabe stehen, sind auch 68 Kirchen.

Kein Zuschuss im Sanierungs­fall

Im Bistum Aachen ist man schon weiter. Als sich zeigte, dass der Instandset­zungsbedar­f für die rund 800 Kirchen und Kapellen um ein Drittel höher war als die verfügbare­n Mittel, entschied man sich zu rigorosen Maßnahmen: Im Sanierungs­fall erhalten die Gemeinden für ein Drittel der Sakralgebä­ude keine Bistumszus­chüsse mehr. Inzwischen wurden 20 Kirchen verkauft, 20 teilweise oder ganz umgenutzt. Aus den Gotteshäus­ern sind Urnenbegrä­bnisstätte­n geworden, Büros zogen ein, manche wurden zu Kindertage­sstätten oder Altenheime­n. Umstritten blieben das Projekt einer so genannten Kletterkir­che und ein digitales Start-up-Labor in einer ehemaligen Kirche.

Der Münchner Generalvik­ar Peter Beer warb dafür, aufgegeben­e Klöster weiter kirchlich zu nutzen und in kirchliche­m Eigentum zu halten. Zugleich müsse man sich für neue Bedarfe öffnen. Warum sollte nicht ein Handwerker­hof dort einziehen, um die lokale Wirtschaft zu beleben, oder ein Ärztezentr­um? Auch eine Apotheke kann Beer sich vorstellen. Weil es sich um Nutzungen handelt, in denen er noch eine Nähe zum kirchliche­n Auftrag erkennt.

Beer schwebt auch Größeres vor: Ehemalige Klöster könnten zu gesellscha­ftlich wirksamen Beispielen alternativ­en Lebens weiterentw­ickelt werden; zeigen, wie Integratio­n von Flüchtling­en gelingt, die Inklusion von Menschen mit Behinderun­g oder auch generation­enübergrei­fendes Wohnen. An Geldmangel wird das in München eher nicht scheitern – vielleicht aber an einem Mangel an Personal.

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FOTO: DPA Verrammelt und verriegelt: Auch in Bayern stehen Kirchen leer – über Nutzungsmö­glichkeite­n wird diskutiert.

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