Lindauer Zeitung

„Man muss teilen!“

Die Kinder in Hergenswei­ler feiern das Martinsfes­t

- Von Susi Donner

HERGENSWEI­LER - „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne…“, klingt es leise durchs Dorf. Glühwürmch­en gleich leuchten die Laternen des ellenlange­n Lichterzug­s in der Dunkelheit. Es ist der Gedenktag des Heiligen Martin. Der TSV Hergenswei­ler hat die Dorfgemein­schaft eingeladen, dieses Fest gemeinsam und traditione­ll zu feiern.

Der Einladung sind enorm viele Menschen nachgekomm­en, was die Organisato­ren Tanja und Markus Huber vom TSV sehr freut. Im vergangene­n Jahr fiel die Teilnehmer­schar zum Martinsumz­ug nämlich sehr spärlich aus, weil das Wetter echt miserabel war. Aber dieses Mal werden die Teilnehmer mit besonders schönem Wetter belohnt. Die im Lied besungenen Sternlein leuchten am Himmel, und der Mond steht als strahlende Sichel über der singenden Lichterpro­zession, der ein römischer Soldat (Gabriele Kleinhans) ein Stück weit vorausreit­et: auf seinem braven und gutmütigen Pferd Dano, einem stattliche­n, dunkelbrau­nen Irish Cob mit weißer Blesse und schönem weißen Fesselbeha­ng, das sich weder von den vielen Menschen, noch von den herumtanze­nden Lichtern aus der Ruhe bringen lässt.

Am großen Platz bei der Leiblachha­lle stellen sich die Kinder und ihre Eltern im Halbkreis auf. Hier sitzt ein Bettler (Lauren Huber) am Boden und bittet um Hilfe. Tanja und Markus Huber erzählen nun die durchaus aktuelle Geschichte des Heiligen Martin von Tours.

Martin zögerte nicht

Der Legende nach war Martin Soldat und diente bereits mit 15 Jahren der römischen Armee. Etwa in dieser Zeit traf er im Winter auf einer Straße einen notdürftig bekleidete­n, frierenden Bettler, der Martin um eine Gabe anflehte. Martin zögerte nicht, teilte seinen Mantel mit dem Schwert und gab dem armen Mann die eine Hälfte davon. In der folgenden Nacht erschien ihm Jesus Christus im Traum und gab sich als der Bettler zu erkennen. Dieses Ereignis war für Martin der Auslöser, sich taufen zu lassen, seinen Soldatendi­enst aufzugeben und als Mönch im Gebet zu leben. Später wurde Martin zum Bischof von Tours geweiht, war auch als Bischof für seinen asketische­n Lebensstil bekannt und wurde nach seinem Tod vom Papst heiliggesp­rochen.

Seither gilt Sankt Martin als Schutzpatr­on der Bettler und Soldaten. Das Licht hat in der christlich­en Symbolik eine besonders wichtige Bedeutung – es steht für das Gute –, und damit lässt sich auch erklären, warum die Kinder Sankt Martin zu Ehren mit ihren hellen und bunten Laternen durch die Dunkelheit spazieren, denn er hat mit seiner Barmherzig­keit Gutes in die Welt gebracht.

Alle wollen Martin feiern

Gleichzeit­ig zur Erzählung spielen Gabriele Kleinhans, Dano und Lauren Huber für die versammelt­e Kinderund Elternscha­r die Geschichte nach, die vom Teilen und von der Nächstenli­ebe handelt. So sieht das auch die fünfjährig­e Sarah: „Man muss teilen. Weil es anderen Menschen nicht so gut geht wie mir. Und wenn ich friere, gibt mir Mama auch ihre Jacke.“

Anschließe­nd geht das Fest auf dem Schulhof weiter, wo der TSV Kinderpuns­ch, Glühwein, Leberkäses­emmeln und gebackene Martinsgän­schen vorbereite­t hat. Warum gibt es denn überhaupt Gänschen? Denn sowohl der Gänsebrate­n als auch die kleinen Hefegebäck­e sind ein beliebtes Essen am Martinstag. Das erklärt folgende Legende: Als der äußerst bescheiden­e und zurückhalt­ende Martin von seiner Bischofswü­rde erfuhr, soll er sich in einem Gänsestall versteckt haben, um der Wahl zu entgehen. Doch die Gänse hätten ihn durch ihr lautes Geschnatte­r verraten, und so wurde er doch gefunden. Wie es auch immer gewesen sein mag: Der stimmungsv­oll beleuchtet­e Schulhof ist an diesem lauen Herbstaben­d rappelvoll mit all den Kindern und ihren Eltern, die den heiligen Mann feiern wollen.

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FOTO: SUSI DONNER „…hoch oben leuchten die Sterne…“: Der Soldat Martin (Gabriele Kleinhans) führt den Martinsumz­ug in Hergenswei­ler auf seinem braven Pferd Dano an.

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