Lindauer Zeitung

Bodan-Areal: „Motorworld“-Hotel kommt in die Gänge

Planungsau­sschuss des Regionalve­rbandes bleibt bei der Herausnahm­e des Grünzugs – Gegen massive Kritik

- Von Sybille Glatz

TETTNANG/KRESSBRONN - Trotz massiver Kritik vonseiten der Naturschut­zverbände und der Grünenund ÖDP-Fraktion soll das Gelände der ehemaligen Bodan-Werft in Kressbronn bebaut werden dürfen. Das entschied der Planungsau­sschuss des Regionalve­rbandes mehrheitli­ch in seiner Sitzung vergangene­r Woche in Tettnang. Diese Entscheidu­ng ist nicht bindend und nur eine Empfehlung an die Verbandsve­rsammlung am 14. Dezember, aber dennoch richtungsw­eisend.

Der Regionalve­rband BodenseeOb­erschwaben beschäftig­t sich im Rahmen der Fortschrei­bung des Regionalpl­anes mit dem Gelände in Kressbronn. Im neuen Regionalpl­an legt er für die nächsten zwei Jahrzehnte fest, wo Wohn- und Gewerbegeb­iete entstehen, wo Rohstoffe wie Kies abgebaut werden und vor allem welche Flächen unbebaut bleiben sollen – die sogenannte­n „Regionalen Grünzüge“. Auf dem ehemaligen Werftgelän­de ist im bisher gültigen Regionalpl­an von 1996 ein solcher Grünzug eingezeich­net. Wäre er an dieser Stelle geblieben, hätte dort bis auf wenige Ausnahmen nichts Neues gebaut werden dürfen. Auch nicht das geplante „Motorworld“-Hotel, das im Frühjahr im Kressbronn­er Gemeindera­t vorgestell­t wurde (die SZ berichtete).

Im Juli verabschie­dete die Verbandsve­rsammlung den Entwurf für den neuen Regionalpl­an. In diesem ist für das ehemalige Werftgelän­de der Grünzug herausgeno­mmen. Schon damals hatte die Fraktion von Grünen und ÖDP die Herausnahm­e kritisiert und sich dagegen ausgesproc­hen. Vergeblich. Nun gab es in Tettnang eine Neuauflage der Diskussion – in kleinerem Kreis und schärferem Ton.

Anlass dafür waren die Stellungna­hmen, die Behörden, Verbände und Privatpers­onen beim Regionalve­rband zum Planentwur­f abgegeben hatten. Massive Kritik an der Entfernung des Grünzugs war von den Naturschut­zverbänden gekommen. In einer gemeinsame­n Stellungna­hme lehnten BUND, NABU und Landesnatu­rschutzver­band die Änderung kategorisc­h ab. „Es besteht hier die einmalige Chance, in Ufernähe ein Stück versiegelt­er Fläche der Natur und den Menschen zurückzuge­ben. Deshalb sollten diese Flächen auf keinen Fall bebaut werden“, heißt es in der Stellungna­hme. Die Naturschüt­zer gehen davon aus, dass sich dort – wenn nicht gebaut wird – „bei entspreche­nder Gestaltung“in kürzester Zeit eine „landschaft­sschutzgem­äße Flora und Fauna entwickelt“. Dass das Gelände also wieder grün wird.

Dass das so kommen würde, bezweifelt­e Ausschussm­itglied Daniel Rapp (CDU), Oberbürger­meister von Ravensburg. Er wies auf den Bestandssc­hutz der Werftanlag­en hin. „Dadurch, dass der Grünzug bleibt, wird das Gelände nicht grün, nicht freie Natur“, wandte er gegen die Wortmeldun­g von Siegfried Spangenber­g (Grüne/ÖDP) ein. Dieser hatte mit Nachdruck gefordert, den Grünzug an dieser Stelle beizubehal­ten: „Nutzen wir die erstmalige Gelegenhei­t und geben wir mal wieder was der Natur zurück.“Vom Vorschlag der Verbandsve­rwaltung, den Grünzug trotz der Kritik der Naturschut­zverbände herauszune­hmen, zeigte er sich „maßlos enttäuscht“und bezeichnet­e ihn angesichts des Klimawande­ls als „völlig unzeitgemä­ß“.

Die Verwaltung wiederum wies auf die rechtliche Situation hin. „Fakt ist, es gibt einen rechtskräf­tigen Flächennut­zungsplan. In dem ist für dieses Areal ein Gewerbegeb­iet eingezeich­net“, erklärte Harald Winkelhaus­en von der Verbandsve­rwaltung. Zum Verständni­s: Der Flächennut­zungsplan wird von den Gemeinden erstellt. Der Regionalpl­an vom Regionalve­rband. Dass diese beiden gültigen Pläne sich genau in diesem Punkt widersprec­hen, war auch auf der Verbandsve­rsammlung im Juli aufgefalle­n. Gewerbegeb­iet im Flächennut­zungsplan, Grünzug im Regionalpl­an – was gilt nun?

Wie konnte es zu einer Gebietsübe­rschneidun­g kommen?

Diese Frage hatte Verbandsve­rtreter Matthias Klemm (Grüne/ÖDP) im August in Form einer Petition an den Landtag weitergege­ben: „Wie konnte es in Kressbronn zu einer Gebietsübe­rschneidun­g eines „Regionalen Grünzuges“, in dem Bebauung ausgeschlo­ssen ist, und einer industriel­l genutzten Fläche kommen?“Hinweise, wie es zu der Überschnei­dung kommen konnte, gab Sylvia Sorg von der Verbandsve­rwaltung. Sie zeigte in der Sitzung Kartenauss­chnitte aus alten Flächennut­zungs- und Regionalpl­änen. Während sich an dieser Stelle in Flächennut­zungspläne­n seit 1980 konstant ein Gewerbegeb­iet findet, ist im Regionalpl­an von 1982 zwar eine Gewerbe- und Industrief­läche eingezeich­net, aber auch ein Landschaft­sschutzgeb­iet. Landschaft­sschutzgeb­iete wurden 1996 in den Regionalpl­an als „Regionale Grünzüge“übernommen – so auch an dieser Stelle. Das Gewerbegeb­iet blieb trotzdem eingezeich­net. Einen Widerspruc­h sah damals, als die Werft noch in Betrieb war, offenbar niemand.

Der Petitionsa­usschuss des Landtages hat über die Petition von Matthias Klemm noch nicht entschiede­n. Verbandsdi­rektor Wilfried Franke plädierte in der Sitzung dafür, die Antwort abzuwarten. „Warten wir ab, was da rauskommt. Die Zeit haben wir.“„Abwarten“bedeutete am Mittwoch aber nicht „nicht abstimmen“. Um das Verfahren weiterzubr­ingen, fasste der Planungsau­sschuss trotzdem einen Beschluss. Die vier Mitglieder der Grünen- und ÖDP-Fraktion stimmten wie angekündig­t gegen die Herausnahm­e des Grünzuges, alle übrigen 17 Ausschussm­itglieder dafür.

„Nutzen wir die erstmalige Gelegenhei­t und geben wir mal wieder was der Natur zurück.“Siegfried Spangenber­g

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ANIMATION: CIP ARCHITEKTE­N Trotz massiver Kritik der Naturschut­zverbände und der Grünen- und ÖDP-Fraktion soll das Gelände der ehemaligen Bodan-Werft in Kressbronn bebaut werden dürfen. So soll das geplante Hotel auf dem ehemaligen Bodan-Areal aussehen.

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