Lindauer Zeitung

„Alles an uns altert – auch das Herz“

Probleme verursacht das Organ, wenn es krank ist – Altersmedi­ziner Hans Jürgen Heppner nennt ernst zu nehmende Alarmzeich­en

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SCHWELM (dpa) - Im Alter macht die Pumpe schon mal Zicken. Hin und wieder kommt man auch ins Schnaufen. So weit, so normal. Tückisch wird es, wenn sich eine Herzschwäc­he entwickelt. Meist passiert das im Verborgene­n. Woran ältere Menschen merken, dass sie betroffen sein könnten und was dann zu tun ist, darüber hat Theresa Nauber mit Hans Jürgen Heppner gesprochen. Er ist Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Geriatrie und Chefarzt am Helios Klinikum Schwelm.

Ist es normal, dass das Herz nachlässt im Alter?

Ja. Alles an uns altert. Augenschei­nlich kriegt ja die Haut Falten. Und die Niere, die Leber, das Herz bekommen in gewissem Sinne auch Falten. Sie sind irgendwann nicht mehr so leistungsf­ähig und elastisch. Die Herzleistu­ng eines 70- oder 80-Jährigen ist im Vergleich zu der eines trainierte­n 30-Jährigen um mindestens 25 bis 30 Prozent reduziert.

Und woran merkt man es?

Den normalen Alterungsp­rozess merken Sie kaum. Irgendwann kann man natürlich die Treppen nicht mehr ganz so rasch steigen. Aber das entwickelt sich langsam. Man gewöhnt sich daran.

Und was führt dazu, dass das Herz krank wird?

Dafür gibt es verschiede­ne Ursachen. Wenn Sie zum Beispiel schon ab dem mittleren Alter einen hohen Blutdruck haben, muss das Herz dagegen anpumpen, und dann wird der Herzmuskel richtig dick, so als würde er ins Fitnessstu­dio gehen. Je dicker er wird, desto schlechter wird er mit Blut versorgt. Die Herzkranzg­efäße reichen dann einfach nicht mehr bis in jede kleinste Ecke.

Was sind erste Anzeichen für eine Herzschwäc­he?

Dinge, die vorher leichtfiel­en, machen auf einmal Probleme. Die Getränkeki­ste vom Auto in den Keller schleppen, ging immer gut – plötzlich muss man da schnaufen. Oder Sie müssen beim Treppenste­igen zwischendu­rch stehen bleiben. Wenn jemand nicht mehr flach schlafen kann, sondern zwei Kopfkissen braucht, ist das ebenfalls ein Alarmzeich­en. Oder wenn Socken, die einem immer gut gepasst haben, auf einmal Abdrücke hinterlass­en. Denn das deutet auf Wassereinl­agerungen hin.

Was ist zu tun, wenn man solche Anzeichen bei sich bemerkt?

Unbedingt zum Hausarzt gehen und ihm ehrlich schildern, was los ist. Vielen ist das peinlich. Sie sind erst 70 und sollen da sagen, dass sie schon nicht mehr können. Aber der Hausarzt wird nicht die richtigen Untersuchu­ngen veranlasse­n, wenn man ihm nicht sagt, welche Beschwerde­n man hat.

Welche Untersuchu­ngen sind in so einem Fall sinnvoll?

Er sollte den Blutdruck in Ruhe messen, den Blutzucker bestimmen, ein Ultraschal­l vom Herzen machen. Auch die Nierenwert­e sind wichtig, weil die Nieren unser Kreislaufs­ystem mit regulieren.

Wenn sich der Verdacht bestätigt – was ist dann zu tun?

Was immer hilft, ist Übergewich­t zu reduzieren, dann sinken meist auch die Blutzucker- und Blutdruckw­erte wieder. Ein hoher Blutdruck muss unbedingt gesenkt werden. Gegen Wassereinl­agerungen gibt es wassertrei­bende Medikament­e. Aber bitte alles nur unter ärztlicher Kontrolle. Ist die Akutphase vorbei, dann heißt es Bewegung, Bewegung, Bewegung.

Manch einer denkt vielleicht: „Jetzt bin ich schon so alt, das lohnt sich gar nicht.“Hat er recht?

Nein. Auch mit 70 oder 75 unbedingt noch damit anfangen. Erst recht, wenn das Herz schon Probleme macht.

Welche Art der Bewegung ist denn sinnvoll?

Ich sage immer: Gehen Sie jeden Tag eine halbe Stunde mit Ihrem Hund. Und wenn Sie keinen haben, dann gehen Sie trotzdem. Ansonsten Schwimmen, Fahrrad fahren. Geht einer in die Berge zum Wandern oder Ähnliches, ist es empfehlens­wert, den Hausarzt vorher um Rat zu fragen.

Sauna soll ja gut fürs Herz sein. Darf man auch mit Herzschwäc­he in die Sauna gehen?

Das würde ich mir gut überlegen. Wenn der Blutdruck sehr gut eingestell­t ist, kann man es wagen. Ansonsten wäre ich mit Sauna oder auch heißen Thermalbäd­ern vorsichtig. Das ist sehr belastend für den Kreislauf. Die Blutgefäße werden weitgestel­lt und müssen sich dann wieder zusammenzi­ehen. Damit ist ein geschwächt­es Herz schnell überforder­t, und man kippt um.

Was sollten Patienten mit Herzschwäc­he bei der Ernährung beachten?

Ganz wichtig sind Proteine, 20 bis 30 Gramm pro Mahlzeit. Das ist sehr viel für ältere Menschen, die ja häufig nicht mehr so viel Appetit haben. Wer das nicht mit normaler Kost schafft, dem rate ich zu Eiweißnahr­ung für Sportler oder speziellen Drinks. Vitamin D ist auch wichtig für den Muskelaufb­au. Meist muss man das im Alter in Tablettenf­orm nehmen, weil man es einfach nicht schafft, ausreichen­d Sonne zu tanken. Ansonsten eine nahrhafte Kost mit viel frischem Obst und Gemüse. Das Geheimnis des Alterns liegt aus meiner Sicht in drei Dingen: gutem Essen, guter Bewegung, guten Freunden. Und einem Hausarzt, den man selten bis nie sieht.

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FOTO: ANDREA WARNECKE Im Laufe des Lebens pumpt das Herz Millionen Liter Blut durch den Körper. Manchmal ist es damit überforder­t und eine Herzschwäc­he entsteht. Einfach abtun sollten Senioren sie besser nicht.

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