Ewiger Kämpfer vor seinem Endkampf
Hinschmeißen kommt für Niko Kovac nicht infrage – Gerüchte um Arsène Wenger
MÜNCHEN - Sportlich beschwingt nahm Niko Kovac die Treppenstufen hoch zum Podium, bemühte sich viel zu lachen, zumindest zu lächeln. Das Siegergrinsen ist ihm ja abhandengekommen zuletzt in seinem Job als Trainer des FC Bayern München, aber freundlich-verbindlich wollte der 47-Jährige schon noch rüberkommen vor seinem möglichen Endspiel gegen Benfica Lissabon am heutigen Dienstag (21 Uhr/Sky). Ja, er machte tatsächlich einen aufgeräumten Eindruck auf der Vorspiel-Pressekonferenz der Allianz Arena – zu Beginn jedenfalls.
Am Ende der Fragerunde aber verdunkelten sich seine Gesichtszüge, das Lächeln wich Argwohn. Unsicherheit übertünchte die Entschlossenheit, die er ausstrahlen wollte. Die Frage, die ihn aufgrund der Direktheit kalt erwischte, lautete: „Haben Sie Angst davor, dass dies ihr letztes Spiel als Bayern-Trainer sein könnte?“Kovac presste seine Lippen aufeinander, öffnete sie nur für eine Silbe: „Nein.“Rückfrage: „Was stimmt Sie so positiv?“Gegenfrage auf die Rückfrage: „Was soll mich negativ stimmen? Ich bin immer positiv.“
Kovac widerspricht Hoeneß nicht
Die Aussagen von Uli Hoeneß müssten ihn negativ stimmen, die Leistungen seiner Mannschaft, die Ergebnisse. Der Bayern-Präsident hatte seinem Trainer nach dem 3:3 gegen Fortuna Düsseldorf lediglich noch eine Jobgarantie für dieses eine Spiel gegen die Portugiesen gegeben, damit das 3:3 gegen den Aufsteiger in der Bundesliga noch schlimmer gemacht, als es war. „Wir spielen sehr schlechten Fußball, uninspiriert und ohne Selbstvertrauen“, das sei „nicht akzeptabel“, hatte er gesagt und eine schonungslose Analyse für die Tage nach dem Benfica-Spiel angekündigt.
Im Grunde eine Vorabentlassung von Kovac, der nur noch Trainer auf Abruf ist, aber am Dienstag mit einem Punkt das Achtelfinale der Königsklasse – ein Zwischenziel – erreichen könnte. Um dann, sollte eine Gala ausbleiben, für einem prominenten Nachfolger den Stuhl zu räumen? Die „Bild“berichtete von Gedankenspielen der Bayern-Granden mit Arsène Wenger, bis Mai knapp 22 Jahre beim FC Arsenal, aktuell frei und einer neuen Herausforderung gegenüber aufgeschlossen.
Als Routinier und Respektperson scheint Wenger der logische Nachfolger auf das Experiment mit dem auf diesem Niveau noch unerfahrenen Kovac. Und Bayern würde aufhorchen lassen: Solch ein Weltmann entscheidet sich für die Münchner! Als Retter von Platz vier in der Bundesliga. Denn davor hat man wirklich Angst: die Qualifikation für die Champions League 2019/20 zu verpassen. Doch wäre der Elsäßer, mit dem die Bayern schon vor weit mehr als 20 Jahren liebäugelten, das richtige Signal für die Zukunft? Der Mann ist 69.
Die Gegenwart hieß am Montag aber noch Niko Kovac, 22 Jahre jünger als Wenger. Man war sehr gespannt, wie er reagieren würde. Auf Hoeneß, auf die Gerüchte, Mit einem Konter, um Haut und Ruf zu verteidigen? Mit einem Kontra gegen den Präsidenten, dessen Worte bei einem Großteil der Bayern-Fans Gesetzeskraft haben?
Auf Hoeneß’ Rundumschlag reagierte er so: „Er hat alles gesagt, dem schließe ich mich an. Letzten Endes ist es ja die Wahrheit. Es ist genau das, was ich auch sage, dass wir Gegentreffer kassieren, die eigentlich nicht passieren dürfen“Lieber also nicht mit dem Präsidenten anecken. Auf die Gerüchte, einige Spieler hätten sich gegen ihn ausgesprochen, sagte er: „Das Verhältnis ist außerordentlich gut zu meinen Spielern.“Er beklagte aber, lediglich 14 fitte Feldspieler zu haben. „Wir sind im Moment sehr gebeutelt, auch bei Serge Gnabry denke ich, dass es nicht reichen wird.“Also schlussfolgerte Kovac: „Ich kann jetzt nicht alles über den Haufen schmeißen.“Personell – okay. Und taktisch?
Kurz vor Ende, kurz vor der Frage nach seinem Gnadenspiel, würzte Kovac seine Stimme mit etwas Schärfe: „Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich immer ein Kämpfer bin. Mein ganzes Leben bestand darin, mich durchzusetzen. Aufgeben, zurückstecken, die weiße Flagge hissen – das existiert in meinem Wortschatz nicht. Ich kann garantieren: Ich werde nach vorne schauen, immer kämpfen.“
Allein: Das wird ihm wohl nicht mehr helfen können.