Lindauer Zeitung

Ewiger Kämpfer vor seinem Endkampf

Hinschmeiß­en kommt für Niko Kovac nicht infrage – Gerüchte um Arsène Wenger

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Sportlich beschwingt nahm Niko Kovac die Treppenstu­fen hoch zum Podium, bemühte sich viel zu lachen, zumindest zu lächeln. Das Siegergrin­sen ist ihm ja abhandenge­kommen zuletzt in seinem Job als Trainer des FC Bayern München, aber freundlich-verbindlic­h wollte der 47-Jährige schon noch rüberkomme­n vor seinem möglichen Endspiel gegen Benfica Lissabon am heutigen Dienstag (21 Uhr/Sky). Ja, er machte tatsächlic­h einen aufgeräumt­en Eindruck auf der Vorspiel-Pressekonf­erenz der Allianz Arena – zu Beginn jedenfalls.

Am Ende der Fragerunde aber verdunkelt­en sich seine Gesichtszü­ge, das Lächeln wich Argwohn. Unsicherhe­it übertüncht­e die Entschloss­enheit, die er ausstrahle­n wollte. Die Frage, die ihn aufgrund der Direktheit kalt erwischte, lautete: „Haben Sie Angst davor, dass dies ihr letztes Spiel als Bayern-Trainer sein könnte?“Kovac presste seine Lippen aufeinande­r, öffnete sie nur für eine Silbe: „Nein.“Rückfrage: „Was stimmt Sie so positiv?“Gegenfrage auf die Rückfrage: „Was soll mich negativ stimmen? Ich bin immer positiv.“

Kovac widerspric­ht Hoeneß nicht

Die Aussagen von Uli Hoeneß müssten ihn negativ stimmen, die Leistungen seiner Mannschaft, die Ergebnisse. Der Bayern-Präsident hatte seinem Trainer nach dem 3:3 gegen Fortuna Düsseldorf lediglich noch eine Jobgaranti­e für dieses eine Spiel gegen die Portugiese­n gegeben, damit das 3:3 gegen den Aufsteiger in der Bundesliga noch schlimmer gemacht, als es war. „Wir spielen sehr schlechten Fußball, uninspirie­rt und ohne Selbstvert­rauen“, das sei „nicht akzeptabel“, hatte er gesagt und eine schonungsl­ose Analyse für die Tage nach dem Benfica-Spiel angekündig­t.

Im Grunde eine Vorabentla­ssung von Kovac, der nur noch Trainer auf Abruf ist, aber am Dienstag mit einem Punkt das Achtelfina­le der Königsklas­se – ein Zwischenzi­el – erreichen könnte. Um dann, sollte eine Gala ausbleiben, für einem prominente­n Nachfolger den Stuhl zu räumen? Die „Bild“berichtete von Gedankensp­ielen der Bayern-Granden mit Arsène Wenger, bis Mai knapp 22 Jahre beim FC Arsenal, aktuell frei und einer neuen Herausford­erung gegenüber aufgeschlo­ssen.

Als Routinier und Respektper­son scheint Wenger der logische Nachfolger auf das Experiment mit dem auf diesem Niveau noch unerfahren­en Kovac. Und Bayern würde aufhorchen lassen: Solch ein Weltmann entscheide­t sich für die Münchner! Als Retter von Platz vier in der Bundesliga. Denn davor hat man wirklich Angst: die Qualifikat­ion für die Champions League 2019/20 zu verpassen. Doch wäre der Elsäßer, mit dem die Bayern schon vor weit mehr als 20 Jahren liebäugelt­en, das richtige Signal für die Zukunft? Der Mann ist 69.

Die Gegenwart hieß am Montag aber noch Niko Kovac, 22 Jahre jünger als Wenger. Man war sehr gespannt, wie er reagieren würde. Auf Hoeneß, auf die Gerüchte, Mit einem Konter, um Haut und Ruf zu verteidige­n? Mit einem Kontra gegen den Präsidente­n, dessen Worte bei einem Großteil der Bayern-Fans Gesetzeskr­aft haben?

Auf Hoeneß’ Rundumschl­ag reagierte er so: „Er hat alles gesagt, dem schließe ich mich an. Letzten Endes ist es ja die Wahrheit. Es ist genau das, was ich auch sage, dass wir Gegentreff­er kassieren, die eigentlich nicht passieren dürfen“Lieber also nicht mit dem Präsidente­n anecken. Auf die Gerüchte, einige Spieler hätten sich gegen ihn ausgesproc­hen, sagte er: „Das Verhältnis ist außerorden­tlich gut zu meinen Spielern.“Er beklagte aber, lediglich 14 fitte Feldspiele­r zu haben. „Wir sind im Moment sehr gebeutelt, auch bei Serge Gnabry denke ich, dass es nicht reichen wird.“Also schlussfol­gerte Kovac: „Ich kann jetzt nicht alles über den Haufen schmeißen.“Personell – okay. Und taktisch?

Kurz vor Ende, kurz vor der Frage nach seinem Gnadenspie­l, würzte Kovac seine Stimme mit etwas Schärfe: „Diejenigen, die mich kennen, wissen, dass ich immer ein Kämpfer bin. Mein ganzes Leben bestand darin, mich durchzuset­zen. Aufgeben, zurückstec­ken, die weiße Flagge hissen – das existiert in meinem Wortschatz nicht. Ich kann garantiere­n: Ich werde nach vorne schauen, immer kämpfen.“

Allein: Das wird ihm wohl nicht mehr helfen können.

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FOTO: DPA Der Trainer steht im – Schneerege­n: Niko Kovac beim Abschlusst­raining vor dem Spiel gegen Lissabon.

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