Landwirt sucht Paten für eine Blühwiese
Gartenbesitzer sollen weniger mähen und mehr Blumen blühen lassen
- Zwischen Naturschützern und Landwirten tobt weiter der Streit über das Volksbegehren „Rettet die Bienen“. Die Lindauer Bauern sehen dabei viel Verantwortung bei Gartenbesitzern. Ein Obstbauer richtet zusätzlich eine Blühwiese für all die ein, die selbst keinen Garten haben. Auch die Stadt will was für Artenvielfalt tun.
Nach wie vor sehen sich heimische Landwirte durch das Volksbegehren zu unrecht an den Pranger gestellt. Bei Diskussionen nicht nur im Internet beklagen sie, das Volksbegehren werde nur sie einschränken, dabei könnte jeder etwas für den Erhalt der Artenvielfalt tun: Jeder Gartenbesitzer sollte zumindest ein paar Quadratmeter Blühwiese in seinem Garten einrichten.
Das ist ganz einfach: Auf das Erdreich entsprechende Saat-Mischung aufbringen und einfach wachsen lassen. Auf keinen Fall mähen. Im Laufe der Zeit könnte sogar aus jedem Rasen eine Blühwiese werden, wenn die Besitzer den Rasenmäher stehen lassen. Neuartige Mähroboter, die täglich den Rasen stutzen, sind dagegen Gift für Bienen und andere Insekten, denn sie lassen gar keine Blühpflanze mehr hochkommen. Nicht mal Gänseblümchen finden sich in den sattgrünen Rasenflächen.
Stadträte wollen Steingärten möglichst verbieten
Noch schlimmer sind für die Stadträte Stefan Büchele (CSU) und Matthias Kaiser (BL) die Steingärten, die auch in Lindau immer beliebter werden, weil sie als pflegeleicht gelten. Aber auch dort haben blühende Blumen keine Chance. Büchele und Kaiser regten deshalb im GTL-Werkausschuss am Donnerstag an, die Verantwortlichen der Stadtplanung sollten prüfen, ob die Stadt solche Gärten für neue Baugebiete von vorneherein im Bebauungsplan verbieten kann.
Büchele forderte außerdem, dass die Stadtgärtnerei an Straßenrändern viel weniger mähen soll. Stattdessen regte er an, diese Flächen in Blühwiesen umzuwandeln. Das spare Kosten, weil die Gärtner nicht so oft mähen müssen. Das sehe zudem schön aus. Und es biete den Insekten den Lebensraum, den Umweltschützer derzeit anmahnen. Weil blühende Blumen fast alle Menschen erfreut, kann sich Büchele sogar vorstellen, zumindest Teile der Stadtparks auf der Insel in Blühwiesen umzuwandeln und auch dort nur noch selten zu mähen.
Weil es auch in Lindau viele Menschen gibt, die in Mietwohnungen leben und keine Gartenfläche in eine blühende Landschaft verwandeln können, hat ein Lindauer Landwirt ein neues Angebot: Für einen Euro können Lindauer bei ihm eine Patenschaft für einen Quadratmeter Blühwiese übernehmen. Der Obstbauer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, damit niemand das als Werbeaktion missverstehen kann, hat ein 400 Quadratmeter großes Grundstück in Hanglage im Blick, das am Rande einer seiner Obstanlagen liegt. Dort sei Obstbau sowieso schwierig, deshalb eigne sie sich gut als Blühwiese.
Nach einem ersten Aufruf in der Facebookgruppe „Du weißt, dass Du aus Lindau bist“hat der Landwirt bereits Zusagen für mehr als 350 Quadratmeter Blühwiese. Er ist nun gespannt, ob die Interessenten im Frühjahr zu ihren Zusagen stehen, wenn er aussäen will und dafür von jedem Paten pro Quadratmeter einen Euro einsammeln will. Damit verdiene er keinen Cent, betont er im Gespräch mit der LZ. So hoch seien aber die Kosten für Bodenbearbeitung, Saatgut, Aussaat und Pflege.
Landwirt sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt
Der Landwirt freut sich über die schnelle und gute Resonanz, denn eigentlich hatte er eine Welle der Kritik befürchtet. „Das zeigt mir, dass es Interesse an der Landwirtschaft gibt.“Er freut sich auch, dass in der ländlichen Region des Landkreises weniger Menschen das Volksbegehren unterstützen als in Städten. Für ihn ist das ein Zeichen, dass die Menschen hierzulande die Arbeit der Landwirte schätzen und ihnen nicht weitere Gängelei auferlegen wollen. „Unsere beste Produktion funktioniert nur im Einklang mit der Natur“, ist er sicher. In Agrarfabriken möge es anders sein, aber heimische Kleinbetriebe arbeiten seiner Meinung nach schon aus Eigennutz so, dass die Böden auch in vielen Jahren noch gute Erträge bringen.
Von den Initiatoren des Volksbegehrens fühlt sich der Landwirt als Sündenbock hingestellt, zumal die Bauern im Vorfeld nicht eingebunden gewesen seien: „Ich bin nicht für das Volksbegehren. Ich bin aber sehr für den Naturschutz.“