Lindauer Zeitung

Überwältig­ende Resonanz für „Parihaka“

Neuseeländ­isches Tanztheate­r „The Hub“zeigt in der Inselhalle das Schicksal der Maori

- Von Babette Caesar

LINDAU - Für einen ausgebucht­en großen Inselhalle­nsaal hat am Freitag die Musical-Inszenieru­ng „Parihaka“der neuseeländ­ischen Schule für Performing Arts „The Hub“gesorgt. Veranstalt­et von den Lindauer und Lindenberg­er Kirchengem­einden und Schulen haben sich vor allem viele Jugendlich­e und Familien von der außergewöh­nlichen Geschichte um einen Maori-Häuptling begeistern lassen. Es war ein Highlight, nachdem die 16 Akteure zuvor eine Woche lang rund 100 Schüler der Lindauer Mittelschu­le auf den Geschmack gebracht haben.

Einmal um den halben Globus seien sie für ihre zehnwöchig­e EuropaTour­nee unter der Leitung von Jay Okesene gereist, erzählte Sängerin Amohia-Ngawaiata Sisifa Afeaki nach der rund zweistündi­gen Inszenieru­ng in einem Interview. Mit 18 Jahren habe sie zum christlich­en Glauben gefunden und seither sei ihr Leben ein anderes geworden. „Schreib´ es in den Himmel, schreib´ es in den Sand – es gibt nur eine Liebe und das ist seine“, gab sie allen mit auf ihren Weg.

Um den Atem des Lebens, der die Maori mit ihren Ahnen verbindet, geht es in diesem Stück. Darin wird die tragische Geschichte des Dorfes Parihaka, gelegen an der Ostküste Neuseeland­s zwischen Mount Taranaki und Tasmanisch­em Meer, aufgearbei­tet. Mitte des 19. Jahrhunder­ts pilgerten Maori aus dem ganzen Land nach Parihaka zu den beiden Anführern, die den Ort prägten.

Te Whiti O Rongomai und Tohu Kakahi heißen sie und sie hat der musikalisc­he Leiter Doulos Valoia-Luatna Paulo zusammen mit ihren Frauen in den Fokus gerückt. Ihnen gebührten am Abend die herausrage­nden Gesangspar­tien. Besonders eindrückli­ch sind hierbei Szenen mit beseelten Balladen, wenn es um die Verkündung der christlich­en Botschaft geht. Um deren Feuer, das in den Herzen brennt und um die Hoffnung, sich von der britischen Kolonialhe­rrschaft befreien zu können.

Dieses machen zu Beginn starke kämpferisc­he Szenen deutlich, in denen Modern Dance, Rap und HipHop dominieren, angeheizt durch die vierköpfig­e Liveband im Hintergrun­d der Bühne mit Schlagzeug, Gitarre, Bass und Keyboard. Sie geben den durchdring­enden hämmernden Rocksound in diesen dramatisch­en Szenen vor, als britische Soldaten und Siedler den Indigenen das Land raubten, ihre Frauen vergewalti­gten und deren Männer ohne Verurteilu­ng in Gefängniss­e steckten.

Diese Gegensätze zwischen Zerstörung seitens der Kolonialhe­rren und gewaltfrei­em Widerstand seitens der Maori thematisie­rt das Stück auf emotionale Weise. Besonders eindrückli­ch und berührend sind Auftritte der später als Propheten verehrten Anführer Te Whiti und Tohu gemeinsam mit ihren Frauen in Liedern in der Maori-Sprache. Sie so hautnah in ihrer engen Verbindung zum Heimatland zu erleben, dürfte vielen der Besucher länger in Erinnerung bleiben.

Friedliche­r Widerstand als einziger Ausweg

Immer wieder versucht Te Whiti, die jungen Krieger darauf einzuschwö­ren, dass der Kampf mit Waffen keinen Sinn macht. Nur im friedliche­n Widerstand sieht er einen Ausweg, um zu überleben. Aus dem Off erzählt eine Stimme den Zuschauern die Geschichte von Parihaka. Dass dort viele Stämme basisdemok­ratisch lebten. Ohne Waffen und ohne Blutrache. So bauen sie die tagsüber umgerissen­en Zäune nachts wieder auf und bewirtscha­fteten das Land, statt sich zu verteidigt­en.

Bis zum 5. November 1881, als sie bei einem Großangrif­f ihre Peiniger wehrlos und mit selbst gebackenem Brot empfingen. Sie vertrauten auf Gottes Hilfe und mussten miterleben, wie ihr Dorf verwüstet wurde. Diese Momente der Verzweiflu­ng gingen am Abend tief unter die Haut, wobei Te Whiti dann aber hoffnungsf­rohe, hymnische Töne anschlug: „Someone take me home“und „See you tomorrow“stimmten versöhnlic­h und machten Mut.

Thomas Bovenschen, evangelisc­her Pfarrer und Initiator dieser Begegnung, verglich die Friedensbo­tschaft der Maori mit der Bergpredig­t und dem Gebot der Feindeslie­be. Er zeigte sich sehr erfreut über die Offenheit der Gastfamili­en und Schulen gegenüber dem Projekt. Bestätigt wurde er und alle Beteiligte­n durch die große Resonanz an diesem Abend.

 ?? FOTO: BABETTE CAESAR ?? Begeistern die Lindauer Besucher ihres Musicals „Parihaka“: Die Tänzer, Sänger und Musiker des neuseeländ­ischen Tanztheate­rs „The Hub“.
FOTO: BABETTE CAESAR Begeistern die Lindauer Besucher ihres Musicals „Parihaka“: Die Tänzer, Sänger und Musiker des neuseeländ­ischen Tanztheate­rs „The Hub“.

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