Lindauer Zeitung

Die Jüngste ist auch die Beste

Chinesin Helen Hai Lun Yu gewinnt Rotary-Jugend-Musikpreis 2019

- Von Katharina von Glasenapp

LINDAU – Zwei Mädchen und zwei Jungen haben am Sonntagnac­hmittag im ausverkauf­ten Forum am See um den Rotary-Jugend-Musikpreis gespielt: Eigentlich sind sie noch Kinder oder stecken in der Pubertät, und doch widmen sie sich mit aller Energie der Musik, teils zusätzlich noch mit anderen Instrument­en. Die Jüngste, die 14-jährige Chinesin Helen Hai Lun Yu, die in Kanada aufgewachs­en ist und nun an der Musikhochs­chule in Hannover studiert, überzeugte die Jury am meisten mit ihren Interpreta­tionen von Beethoven, Prokofjew und Liszt.

Christoph Felder, der derzeitige Präsident des Rotary-Clubs Friedrichs­hafen Lindau und Direktor des Karl-Maybach-Gymnasiums in Friedrichs­hafen, begrüßte die zahlreiche­n Rotarier-Freunde und prophezeit­e ihnen ein schönes Fest der Musik, das sie beschwingt in den Alltag zurückkehr­en lassen würde. Zum 17. Mal wurde dieser kleine Wettbewerb in Zusammenar­beit mit dem Internatio­nalen Konzertver­ein Bodensee veranstalt­et, einige der ehemaligen Gewinner haben die Verbindung mit dem Konzertver­ein, den Gastfamili­en oder dem Kulturraum Bodensee gehalten oder kehrten zu Meisterkur­sen und Konzerten zurück.

Vier Jugendlich­e, vier unterschie­dliche Persönlich­keiten, boten also in rund halbstündi­gen Auftritten ihr Bestes. Helen Hai Lun Yu ist sicher eine Ausnahmebe­gabung. Sie vermag, Geschichte­n zu erzählen. Mit festem, klarem Anschlag eröffnete sie den Abend mit dem ersten Satz der Beethoven-Sonate op. 2/3, gestaltete Verzierung­sfiguren und brausende Passagen mit kontrastre­icher Dynamik. In die aufgewühlt­en Emotionen der spätromant­ischen Musik vertiefte sie sich mit der ersten Sonate von Prokofjew, die noch nah an Rachmanino­w oder Tschaikows­ky wirkt. Hier bettete Helen die Melodien klangschön ein in rauschende Begleitung. In der Konzertetü­de „La ricordanza“von Liszt vereinten sich träumerisc­he Stimmung und virtuoses Glitzerwer­k in einem großen erzähleris­chen Bogen.

Zwei Jahre älter und doch kindlicher im Spiel wirkte die 16-jährige Schweizeri­n Norina Hirschi. Sie eröffnete ihr Programm ebenfalls mit Beethoven, dem Kopfsatz seiner EsDur-Sonate op. 31/3. Im direkten Vergleich spielte sie zwar ebenfalls fein musikalisc­h, doch oft verhuscht und flüchtig. Als Konzertetü­de wählte sie ein schwierige­s Stück von Chopin, in den „Variations sérieuses“von Felix Mendelssoh­n breitete sie eine Fülle von frühromant­ischen Farben aus.

In der Pause konnte sich das Publikum an dem üppigen Buffet laben, das die Rotarier-Damen vom Inner Wheel unter Leitung von Gabriele Müller vorbereite­t hatten – auch dessen Erlös wird für einen guten Zweck gespendet, die Begeisteru­ng war zu Recht groß.

Danach führten die 15 beziehungs­weise 16 Jahre jungen Pianisten Philip Huber und David Thomas den Wettbewerb­sreigen fort. Als einziger hatte Philip Huber aus Traunstein eine Sonate von Haydn ausgewählt, die er sehr fein und ausgewogen mit sprechende­r Artikulati­on musizierte. Seine Interpreta­tionen von Rachmanino­w und Chopin wirkten dagegen recht massiv und weniger differenzi­ert.

David Thomas aus Hameln begann mit der Konzertetü­de von Liszt, sein Spiel auch in Beethovens op. 10/1 war individuel­l, aber insgesamt zu ungestüm.

Während das Publikum sich „mit überwältig­ender Mehrheit“für David Thomas erwärmte und ihm den Publikumsp­reis in Höhe von 250 Euro zusprach, trafen Peter Vogel und seine Jury-Kolleginne­n Ritva Sjöstedt und Yuka Imamine eine andere Entscheidu­ng: David Thomas und Norina Hirschi erhielten je einen dritten Preis (750 Euro), Philip Huber den zweiten Preis in Höhe von 1500 Euro und Helen Hai Lun Yu den ersten, mit 2000 Euro dotierten Preis.

Gut möglich also, dass man die junge Pianistin, die nun in Deutschlan­d lebt, bald noch einmal hier hören kann.

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FOTO: BIRDMUSIC Das Publikum sieht David Thomas vorne, die Jury hingegen die Chinesin Helen Hai Lun Yu.
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FOTO: BIRDMUSIC David Thomas

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