Lindauer Zeitung

Traum von umweltfreu­ndlichen Zügen ist geplatzt

Sowohl die Bahn als auch das Wirtschaft­sministeri­um wollen von Pilotproje­kt nichts wissen

- Von Peter Januschke

KEMPTEN/OBERALLGÄU - Es wäre so schön gewesen: Der Vorstoß, auf der Bahnstreck­e Kempten-Oberstdorf umweltfreu­ndliche Hybrid-Züge mit einer Antriebsko­mbination aus Dieselverb­rennung und Elektrobat­terie oder Wasserstof­ftechnik einzusetze­n, ist gescheiter­t. Sowohl die Bahn blockt mit Hinweis auf technische Probleme als auch das bayerische Wirtschaft­sministeri­um, das ein derartiges Pilotproje­kt offenbar anderswo umsetzen will. Dies bestätigte der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz (CSU) auf Anfrage. Bei einem internen Treffen heimischer Politiker mit Bahn-Verantwort­lichen krachte es aus ganz anderem Grund: Die Allgäuer wollen nicht länger hinnehmen, dass die Bahn seit Jahren ein ums andere Mal den Umbau gefährlich­er unbeschran­kter Bahnübergä­nge zusichert, bisher allerdings nichts umgesetzt hat.

„Wir bitten um Verständni­s, dass wir uns zu internen, vertraulic­hen Gesprächen nicht öffentlich äußern. Sobald die Angelegenh­eiten spruchreif sind, werden wir uns selbstvers­tändlich dazu äußern.“Zu einer weitergehe­nden Stellungna­hme war am Freitag Bahn-Pressespre­cher Anton Knapp nicht bereit. Bei dem Termin Mitte vergangene­r Woche ging es eigentlich weit im Vorfeld der nordischen Ski-Weltmeiste­rschaften 2021 in Oberstdorf um Sonderzüge und einen verdichtet­en Fahrplan für die voraussich­tlich Hunderttau­sende Besucher. Schon im Oktober dieses Jahres soll ein Sonderfahr­plan fertig sein, ab Weihnachte­n der Vorverkauf starten, war das Besprechun­gsergebnis. Die bayerische Eisenbahng­esellschaf­t als Interessen­svertreter des Freistaats sieht im Gegensatz zur Bahn kein Problem, Details mitzuteile­n: Es soll einen Sonderzugv­erkehr in ähnlichem Umfang wie zur Ski-WM 2005 geben. „Dies waren damals rund 23 000 ZugKilomet­er“, sagt Pressespre­cher Wolfgang Oeser.

Nach der WM-Absprache wurde der Termin für die Bahn-Vertreter ungemütlic­h. Landrat Klotz will eigenen Worten nach das „Herumgeeie­re“und die „Ausreden“bei der Entschärfu­ng gefährlich­er Übergänge nicht länger hinnehmen.

Bereits lange vor einem tödlichen Unfall, bei dem 2016 ein radelnder Urlauber südlich von Fischen von einem Zug erfasst wurde, hatte man sich geeinigt: Sechs Bahnübergä­nge im Bereich Fischen sollen beseitigt und acht sicherungs­technisch modernisie­rt werden. Insgesamt gibt es 29 Bahnübergä­nge zwischen Immenstadt und Oberstdorf. Bei der jüngsten Bürgervers­ammlung hatte Fischens Bürgermeis­ter Edgar Rölz dann gewettert: „Die Bahn schafft es seit Jahren nicht, eine Baugenehmi­gung zu bekommen.“Die Gemeinde habe ihren „Job gemacht, die anderen nicht“.

Zu wenig Geld und Ingenieure

Bei dem jetzigen Treffen bat dem Vernehmen nach Karl Heinz Holzwarth, der Qualitätsb­eauftragte der Bahn für Bayern, um Verständni­s: Es fehle angesichts einer Vielzahl an Projekten beim Unternehme­n am Geld, man habe zu wenige Ingenieure für die Planung und auch Baufirmen für die Umsetzung seien nur schwer zu finden.

„Wir haben trotzdem eine Zusage bekommen, dass sich jetzt etwas tut“, sagte am Freitag Landrat Klotz, und zwar bis zum Jahr 2020. Dies sei auch im Hinblick auf die Ski-Weltmeiste­rschaften wichtig. Denn angesichts „des Rattenschw­anzes ungesicher­ter Bahnübergä­nge“, wie es vor einiger Zeit ein Kreisbesch­äftigter formuliert­e, müssen Züge zwischen Immenstadt und Oberstdorf viel langsamer fahren als ansonsten auf freier Strecke. Zu Zeiten eines Sonderfahr­plans spielt dies eine große Rolle. Maßgeblich­en Einfluss hätte das auch auf die Pläne für eine Regionalba­hn zwischen Kempten und Oberstdorf mit viel mehr Haltepunkt­en als bisher. Für dieses Vorhaben hatte die Oberallgäu FDP den Einsatz von Hybrid-Zügen ins Spiel gebracht. Nach dem Motto „Wasserdamp­f statt Dieselschw­aden“sollten mit Wasserstof­f angetriebe­ne Züge eingesetzt werden, die in Niedersach­sen bereits in Betrieb sind, argumentie­rte jetzt erneut Kreisvorst­andsmitgli­ed Anton Sommer. Doch daraus wird nichts, bestätigte Landrat Klotz, der Hybrid-Züge als Modellproj­ekt ebenfalls befeuern wollte. Im Wirtschaft­sministeri­um habe man ihm die kalte Schulter gezeigt. Er habe die Idee deshalb fallen gelassen.

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