Tropfsteinkeller auf der Insel freigelegt
AGWG plant in alten Gewölben besondere Gastronomie und Handel.
LINDAU - Eine besondere Verbindung zwischen Altstadt und Neubausiedlung auf der Hinteren Insel plant die GWG derzeit. Denn neben verschiedenen Fußwegen soll eine Passage durch die alten Gewölbe der früheren Brauerei entstehen. Die Lindauer Zeitung hat sich die historischen Keller näher angeschaut.
Laien fallen auf der Hinteren Insel die hohen Gebäude auf, die aussehen, also ob sie auf einem Hügel stünden. Kaum jemand weiß, dass diese Hügel 1878 aufgeschüttet wurden, um darunter die Keller einer Brauerei zu verstecken. In den Kellern sollte Bier kühl lagern. Dazu brachten Arbeiter zusätzlich jeden Winter durch große Öffnungen Eis hinein, das sie vor allem im Kleinen See aussägten. Doch letztlich erwies sich der Standort als nicht ideal für eine Brauerei, so dass nach dem Ersten Weltkrieg die Stadt das Gelände kaufte und dort Wohnungen einbauen ließ.
Die Keller gerieten währenddessen in Vergessenheit. Einen Teil vermietete die GWG als Lager, in einem Keller richteten sich Freizeitsportler eine Boulebahn ein. Doch zugänglich waren sie nicht. Dabei bieten die großen Räume alle Voraussetzungen, um dort Gastronomie oder Handel wirklich außergewöhnliche Voraussetzungen zu bieten. Deshalb will GWG-Chef Alexander Mayer die Gewölbe jetzt freilegen, sanieren und vermieten.
Beim Ortstermin stellt er mit Architektin Heike Nickel der LZ die Gewölbe vor. Es handelt sich um fünf Räume, von denen zwei etwa 130 Quadratmeter groß und drei jeweils 75 Quadratmeter groß sind. Alle sind durch Gänge miteinander verbunden. Da diese Gänge die Räume vorne und hinten verbinden, lassen sich leicht Fluchtwege schaffen. Daran scheitert andernorts oft die Nutzung solcher Räume für Publikumsverkehr.
Jedes Gewölbe sieht anders aus
Erstaunlich ist, dass eigentlich jedes Gewölbe anders ausschaut. Zum Teil mit Natursteinen gemauert, zum Teil mit Ziegeln. Ein Gang ist verputzt. „Da wurde immer wieder angebaut“, erläutert Nickel. Wenn Platz nötig war, entstand ein neuer Keller. Fast überall hängen an den Decken noch Reste einer alten Elektroinstallation. Metallkonstruktionen an den Decken dienten wahrscheinlich dem Transport schwerer Lasten. Genau wissen das Mayer und Nickel aber auch nicht. Die Böden sind nicht durchgängig auf einer Ebene.
All das spricht dafür, dass die Anlage nicht in einem Zug gebaut wurde, sondern Stück für Stück nach Bedarf erweitert. Oben drauf liegt etwa 1,40 Meter hoch Erdreich. Durch große Öffnungen kommt Luft in die Keller. Früher wurden da wohl die Eisblöcke eingeworfen. Heute führt das zu einem angenehmen Klima, feucht ist es in den Kellern nicht.
Die Temperatur liegt derzeit im Sommer wie im Winter bei kalten vier bis sechs Grad. Allerdings lassen sich die zahlreichen Schächte gut für eine Heizungs- und Lüftungsanlage nutzen, wie Architektin Heike Nickel erklärt. Denn frieren soll dort künftig niemand.
Mayer zeigt dem erstaunten Gast, dass es unter den Gewölben sogar noch ein weiteres Kellergeschoss gibt, mit weiteren Räumen, die zum Teil noch zugemauert sind. Was sich hinter den Mauern verbirgt, hat sich auch von der GWG noch niemand angeschaut. Bezaubernd sind die Stalaktiten, die sich dort unten im Laufe der Jahre durch Feuchtigkeit und Kalk von den Decken herab gebildet haben. Dieses untere Geschoss lässt sich für öffentliche Nutzung nicht öffnen, weil es dort eben keine Fluchtwege gibt.
Doch die obere Ebene will Mayer schon bald öffnen. Dazu wird die GWG noch im Frühjahr beginnen, die Erdschicht abzutragen, die an den künstlichen Hügel von der Seite der früheren Lokschuppen der Bahn her angehäuft wurde. Mayer stellt sich dort einen ebenen Fußweg vor, der vom Bahnhof aus auf die Hintere Insel führt. Fußgänger können dann wählen, ob sie außen an dem Gebäude vorbei oder durch die Gewölbe auf das Gartenschaugelände und später in die neue Siedlung gehen.
Die Gewölbe eignen sich für eine Gin-Bar ebenso wie für ein größeres Lokal oder ein Geschäft. Für Mayer ist klar, dass er dafür kommerzielle Nutzer suchen wird. denn ohne dass er heute schon Beträge nennen kann, weiß er, dass die Sanierung für die GWG nicht billig wird: „Wir stecken hier wahnsinnig viel Geld rein. und das muss sich amortisieren.“
Die untere Ebene will Mayer auch schon bald ausräumen, denn dort liegt viel Bauschutt und ein bisschen Müll. Die GWG wird einen Kran aufstellen und einen alten Aufzugschacht nutzen, um den Unrat aus dem tiefen Keller zu transportieren, der mehr als zehn Meter unter dem Boden des Parkplatzes liegt, auf dem neben dem Gebäude Dreierstraße 5 derzeit Autos parken.
Insgesamt ist Mayer stolz, dass diese Gebäude der GWG allein durch ihre Größe eine zentrale Stellung in der neuen Bebauung der Hinteren Insel einnehmen werden. Die Mieter dort werden in einem Haus leben, das „eine Gelenkfunktion“zwischen Altstadt und neuer Siedlung bekommen werde. Und das soll schnell Wirklichkeit werden. Denn auch wenn noch viel zu planen und zu bauen ist – Mayer wünscht sich eigentlich, dass die Gewölbe-Passage bis zur Gartenschau in gut zwei Jahren fertig ist.