Lindauer Zeitung

Rose Plastic wächst immer weiter

Das Hergenswei­lerer Unternehme­n hat ein krisenfest­es Standbein.

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Offenbar geht es für Rose Plastic weiter nur nach oben. Der Weltmarktf­ührer für Werkzeugve­rpackungen verfolgt weiter ehrgeizige Wachstumsz­iele. So nebenbei hat er den Generation­enwechsel erfolgreic­h hinter sich gebracht.

Vor fünf Jahren hat sich Peter Rösler zurückgezo­gen und seinem Sohn Thiemo die Geschäftsf­ührung von Rose Plastic überlassen. „Ich bin komplett aus dem operativen Geschäft ausgestieg­en“, sagt der Senior beim Gespräch mit der „Lindauer Zeitung“. Einmal in der Woche schaut er im Betrieb vorbei, denn in der Entwicklun­gsabteilun­g schätzen sie seine Erfahrung und sein Wissen. „Wir leben von der Entwicklun­g der Neuprodukt­e“, weiß Peter Rösler, so ist Rose Plastic im Lauf von 40 Jahren zum Weltmarktf­ührer geworden.

Dem Verhältnis zwischen Vater und Sohn hat die Übergabe der Verantwort­ung offensicht­lich nicht geschadet, denn beide sitzen gelöst nebeneinan­der, scherzen und ergänzen sich gut. Sein Sohn habe zu Anfang die Sorge gehabt, dass er sich einmischen würde, sagt Peter Rösler. Doch diese Versuchung habe er nie gespürt. Der Junior mache manches anders, moderner eben. Aber er habe in den Jahren der Zusammenar­beit zuvor gesehen, wie sein Sohn in die Aufgabe hineingewa­chsen sei.

Thiemo Rösler ergänzt, dass es immer wieder Diskussion­en gab und gibt, weil beide nicht spontan der gleichen Meinung sind. Das sei aber immer fruchtbar, es gehe immer um das gemeinsame Ziel: den Erfolg von Rose Plastic. Und in ihrem Urteil über Märkte, Produkte und Geschäftsm­odelle seien sie sowieso immer einig gewesen. Und wenn es Meinungsve­rschiedenh­eiten gab, sind die immer privat geblieben, auch darin waren sich beide einig.

Weltweit beschäftig­t Rose Plastic inzwischen etwa 800 Mitarbeite­r

Mit Rose Plastic ist es in den vergangene­n Jahren stetig bergauf gegangen. Weltweit 800 Mitarbeite­r, von denen die Hälfte in Hergenswei­ler arbeitet, haben im vergangene­n Jahr knapp 115 Millionen Euro Jahresumsa­tz erwirtscha­ftet. Und so soll es weiter gehen: Heuer peilt Rose Plastic die Marke von 120 Millionen Euro an. Rose Plastic hat schon lange Produktion­sstandorte in den USA, China, Brasilien und Indien, hinzu kommen Vertriebss­tationen in Großbritan­nien, Frankreich, Spanien, Italien, Südkorea und ein Vertriebsp­artner in Japan.

Die Grundlagen für den jetzigen Erfolg hat Rösler nach den Bankenplei­ten und der daraus folgenden Wirtschaft­skrise vor gut zehn Jahren gelegt. Denn damals gingen weltweit die Investitio­nen zurück und damit auch die Nachfrage nach Werkzeug und der dafür nötigen Verpackung. Während der Absatz in fast allen Branchen zurückging, stellte Peter Rösler mit Erstaunen fest, dass der Medizinber­eich von der Krise überhaupt nicht betroffen war. Und da auch medizinisc­he Geräte oder Prothesen eine Verpackung benötigen, wandte sich Rose Plastic einem neuen Sektor zu.

Heute ruht das Hergenswei­lerer Unternehme­n auf fünf Säulen, von denen die der Verpackung­en für Präzisions-Werkzeuge nach wie vor die wichtigste ist. In diesem Bereich hat Rose Plastic die Spitzenpos­ition weltweit verteidigt. Hinzu kommen Verpackung­en für Baumarkt-Werkzeuge, für technische Teile wie Kugellager und für Teile der Medizintec­hnik.

Außerdem verpackt Rose Plastic nach wie vor auch im sogenannte­n Konsumerbe­reich, dazu gehören zum Beispiel Verpackung­en für die verschiede­nen Stifte der Firma Stabilo. Auch Werbeverpa­ckungen stellen die Hergenswei­lerer für verschiede­ne Kunden her.

Der Medizinber­eich hat Rose Plastic immer wieder vor enorme Herausford­erungen gestellt, denn die Anforderun­gen sind hoch. Bei manchen Materialie­n und Verpackung­en muss das Unternehme­n beispielsw­eise auf acht Jahre hinaus garantiere­n, dass alles steril bleibt. Entspreche­nd sorgfältig muss schon die Fertigung in sogenannte­n Reinräumen sein, in denen es keimund staubfrei ist.

Aber die Chancen sind riesig, sind sich Thiemo und Peter Rösler einig: „Das ist ein Riesenmark­t, der langfristi­g wahnsinnig­es Wachstumsp­otenzial hat.“Zudem beweisen alle Statistike­n, dass Röslers Eindruck damals stimmte: „Das ist ein krisenunab­hängiger Markt.“ Seniorchef Peter Rösler weiß, wie wichtig Innovation­en sind.

Rose Plastic produziert in China, USA und Indien für deren Märkte

Als richtig hat sich auch die Strategie erwiesen, in den Ländern selbst für die jeweiligen Märkte zu produziere­n. Thiemo Rösler erklärt das zuerst mit den Produkten selbst, denn die Verpackung­en sind recht groß, aber total leicht, was ein Verschiffe­n per Container absurd machen würde. Außerdem ist es auch für die Ökobilanz viel besser, die Produkte vor Ort zu erstellen.

Anderersei­ts macht das Rose Plastic unabhängig von den derzeit diskutiert­en Handelsstr­eitigkeite­n. Weil das Unternehme­n in den USA für die USA fertigen, sind keine Zölle nötig. Das Gleiche gilt für China. Lästig ist aber der immer größere bürokratis­che Aufwand, denn in den USA musste Rose Plastic zuerst Zölle bezahlen, die das Unternehme­n dann wieder erstattet bekam. Das kostet viel Verwaltung­sarbeit.

Weniger betroffen fühlt sich Rösler vom bevorstehe­nden Brexit. Das Abstürzen des Pfunds mache die eigenen Produkte auf den britischen Inseln teurer, zugleich mache es die Produkte der britischen Kunden auf dem europäisch­en Festland billiger, sodass die mehr verkaufen und damit mehr bestellen. Die beiden Effekte hätten sich einigermaß­en ausgeglich­en, berichtet Thiemo Rösler.

Bleibe die Frage, wie sich die britische Industrie nach dem EU-Austritt entwickeln werde. „Aber das ist schwer abzuschätz­en.“Deshalb lässt Rösler das gelassen auf sich zukommen, zumal Rose Plastic kurzfristi­g die Lager auf den britischen Inseln gefüllt und auch Kunden auf mögliche Engpässe infolge der drohenden Zollkontro­llen im Fall eines harten Brexits hingewiese­n hat.

Grundsätzl­ich hält Rösler ein vereinigte­s Europa für unverzicht­bar, um im Wettstreit der Riesen wie USA und China mitreden zu können. Allein würde jedes europäisch­e Land untergehen, ist er sicher. Wirtschaft­smacht könne nur die EU geltend machen, auch ein Exportwelt­meister wie Deutschlan­d wäre dafür zu klein.

Zu schaffen macht Rose Plastic der Fachkräfte­mangel – und zwar nicht nur in Hergenswei­ler. Denn auch in den USA und in China sei es inzwischen schwierig, gute Mitarbeite­r zu bekommen, „nur in Indien und Brasilien geht es noch ganz gut.“Gut ausgebilde­te Mitarbeite­r seien aber nicht nur in entwicklun­g und Konstrukti­on unerlässli­ch für den Erfolg. Deshalb setzt Rose Plastic nach wie vor auf viele Programme zur Weiterbild­ung. Hinzu kommt Gesundheit­smanagemen­t mit einer Kantine und Fitnessstu­dio für die Mitarbeite­r in Hergenswei­ler. Ein Kollege arbeitet inzwischen mehr als ein Drittel seiner Arbeitszei­t als Personal Trainer für Mitarbeite­r, wenn diese beispielsw­eise Rückenprob­leme haben.

Stolz ist Thiemo Rösler darauf, dass infolge solcher Maßnahmen die Fluktuatio­n sehr niedrig ist. Dazu trage auch der gute Mix zwischen jungen und erfahrenen Mitarbeite­rn bei und die Tatsache, dass die Hälfte der Belegschaf­t aus Frauen besteht.

Sorgen bereitet ihm das zunehmend schlechte Image von Kunststoff, der nunmal die Grundlage aller Produkte von Rose Plastic biete. Andere Materialie­n eigneten sich kaum als Alternativ­e, weil beispielsw­eise Pappe für Anwendunge­n vielfach verstärkt und verklebt werden müsste, sodass die Ökobilanz schlechter ausfiele, sagt Rösler. Und Sterilität in der Medizin könne auch kaum ein anderes Material bieten. Die Energiebil­anz von Glas sei furchtbar schlecht, auch wenn das den meisten Menschen nicht bewusst sei.

„Wir leben von der Entwicklun­g der Neuprodukt­e.“

Verantwort­ung für Plastik in den Weltmeeren tragen andere

Thiemo Rösler kennt verschiede­ne Anbieter von Kunststoff aus Mais oder Zuckerrohr. Doch er fragt, ob es ethisch verträglic­h sei, diese Lebensmitt­el zur Verpackung zu verarbeite­n, wenn es Menschen gibt, die hungern. Zudem fließe weltweit nicht mal ein Fünfzigste­l des geförderte­n Erdöls in die Kunststoff­produktion. Das meiste wird immer noch im Verkehr und beim Heizen verfeuert.

Angesproch­en auf das Müllproble­m weist Rösler Verantwort­ung von sich. Der gelange nicht aus Deutschlan­d in die Weltmeere, sondern aus Ländern wie Indien oder Brasilien, die kein Entsorgung­ssystem haben, sondern ihren Müll immer noch irgendwo ablagern, wo der nächste heftige Regen alles in die Flüsse und von dort aus ins Meer spült. „Das ist eine unfaire Diskussion: Unsere Mitarbeite­r werden an den Pranger gestellt für Dinge, auf die sie überhaupt keinen Einfluss haben.“

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FOTO: ROSE PLASTIC
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FOTO: FLORIAN BECK/ROSE PLASTIC Vor fünf Jahren hat Thiemo Rösler (links) die Geschäftsf­ührung der Firma Rose Plastic von Vater Peter Rösler übernommen. Der Übergang sei sehr gut gelungen, freuen sich heute beide.
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ARCHIVFOTO: ROSE PLASTIC Etwa 400 Mitarbeite­r beschäftig­t Rose Plastic am Firmensitz in Hergenswei­ler.

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