Lindauer Zeitung

Mehr als nur ein Gerichtspr­ozess

- Von Ralph Schulze politik@schwaebisc­he.de

Der Auftakt des Prozesses gegen zwölf Separatist­enführer in Madrid ruft in Erinnerung, dass der Unabhängig­keitskonfl­ikt in Katalonien noch nicht beigelegt ist. Gut anderthalb Jahre nach den unilateral­en Abspaltung­sbeschlüss­en, die nun ihr gerichtlic­hes Nachspiel haben, zeichnet sich keine Lösung für die tief gespaltene Region ab.

Auch der Versuch von Spaniens sozialisti­schem Regierungs­chef Pedro Sánchez, per Dialog mit der katalanisc­hen Regionalre­gierung nach Auswegen zu suchen, steht vor dem Scheitern. Sánchez’ Angebote reichen den dort weiterhin regierende­n Separatist­en nicht. Sie bestehen auf Verhandlun­gen über ein bindendes Unabhängig­keitsrefer­endum und über die Loslösung vom spanischen Königreich – was mit Spaniens heutiger Verfassung nicht möglich ist.

Das in Madrid angelaufen­e Strafverfa­hren dürfte nun die Fronten noch weiter verhärten. Zumal die katalanisc­he Unabhängig­keitsbeweg­ung behauptet, dass es sich um einen „politische­n Prozess“gegen „politische Gefangene“handele. Ein schwerer Vorwurf gegen den EUStaat Spanien. Und eine große Herausford­erung für die spanische Justiz. Sie will mit der Live-Übertragun­g des Prozesses im Internet beweisen, dass es sich um ein faires Strafverfa­hren mit den üblichen rechtsstaa­tlichen Garantien handelt.

Die angeklagte­n katalanisc­hen Politiker und Separatist­enführer rechtferti­gen ihre umstritten­en Unabhängig­keitsbesch­lüsse damit, dass sie nur den Willen des Volkes erfüllt hätten. Dazu ist schlicht anzumerken, dass Volksreprä­sentanten nicht im rechtsfrei­en Raum handeln und natürlich für ihre Handlungen geradesteh­en müssen.

Unabhängig vom Urteil, das die Richter sprechen werden, sollte aber eines klar sein: Allein mit der Justiz lässt sich der Konflikt in Katalonien, wo die Bevölkerun­g ziemlich genau in der Mitte in ein separatist­isches und ein prospanisc­hes Lager geteilt ist, sicherlich nicht lösen. Die Suche nach politische­n Wegen wird also weiterhin unabdingba­r sein – obgleich eine Annäherung derzeit eher schwierig scheint.

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