Südwest-Sparkassen im Dilemma
So viel Geld auf den Konten wie nie zuvor – Niedrigzins belastet Ertrag spürbar
STUTTGART - Die 51 Sparkassen in Baden-Württemberg bekommen die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zu spüren. Dies wirkt sich insbesondere auf die Entwicklung des Zinsüberschusses aus, der als wichtigste Ertragsquelle der Institute gilt. Gleichzeitig profitieren die Sparkassen von der sehr robusten wirtschaftlichen Entwicklung im Südwesten, was das Dilemma der Institute deutlich macht: „Wir können zwar erfreulicherweise unser Geschäft stetig ausbauen, aber die Erträge lassen sich nicht in gleichem Maße steigern“, sagte Peter Schneider, Präsident des Baden-Württembergischen Sparkassenverbands (BWSV), bei der Vorstellung der Geschäftszahlen für 2018 in Stuttgart.
Getragen von der guten Konjunktur im Land konnten die Institute sowohl auf der Einlagenseite als auch auf der Kreditseite im Jahr 2018 überproportional zulegen. So ist das Wachstum ausschließlich auf das starke Kundengeschäft zurückzuführen, das die aggregierte Bilanzsumme aller 51 Sparkassen um 4,1 Prozent auf 196,7 Mrd. Euro steigen ließ. Unterm Strich kletterten die Kundeneinlagen, also das Geld, das Firmen und Privatkunden auf Konten lagern, um 5,4 Prozent auf 140,7 Milliarden Euro und die an Unternehmen sowie Selbstständige ausgereichten Kredite um rekordverdächtige 4,8 Prozent auf 130,4 Mrd. Euro. „Einmal mehr spiegelt sich in den hohen Zuwachsraten das Vertrauen in die Sicherheit der Sparkassen,“sagte Präsident Schneider.
Getrübt wird die Jahresbilanz allerdings durch die Entwicklung des Zinsüberschusses, der als wichtigste Ertragsquelle der Sparkassen gilt und aufgrund der anhaltenden Nullund Negativzinspolitik der EZB zunehmend unter Druck gerät. So ist diese Kennzahl im abgelaufenen Jahr weiter von 1,75 (2017) auf 1,67 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme oder 3,22 Milliarden Euro zurückgegangen. Zwar konnten die Sparkassen im Südwesten gleichzeitig ihren ordentlichen Ertrag, der unter anderem Provisionen enthält, „mit großen Anstrengungen“um 20 Millionen auf 1,17 Mrd. Euro steigern. Damit gelang es aber nicht, den Rückgang beim Zinsüberschuss vollständig zu kompensieren.
„Zeitpunkt verpasst“
Dennoch würden sich die Sparkassen erfolgreich gegen die Ergebnisrückgänge durch die Nullzinspolitik stemmen. Angesichts einer robusten Konjunktur und einer Inflation von 1,7 Prozent im Jahr 2018 äußerte Schneider daher sein Unverständnis über die Fortsetzung der Null- und Negativzinspolitik der EZB. „Die Zentralbank hat den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg aus einer expansiven Geldpolitik offenbar verpasst“, sagte er.
Als eine zum Teil „irrsinnige Bürokratie“kritisierte Schneider eine Vielzahl regulatorischer Vorgaben, die die Institute mittlerweile erfüllen müssen. Insbesondere die seit 2018 geltende Pflicht, telefonische Gespräche zur Wertpapierberatung mitschneiden zu müssen, sorgten immer wieder für Kundenbeschwerden. Zumindest für jene Anleger, die bereits Routine bei Börsengeschäften hätten, müsse die Pflicht zur Sprachaufzeichnung dringend abgeschafft werden, würden sie doch Orderprozesse massiv verzögern, forderte der Präsident.
Indessen trat Schneider mit Blick auf die von dem Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Helmut Schleweis, propagierten „Super-Landesbank“auf die Bremse. Er teile sehr wohl das Ziel des DSGV-Präsidenten, die Landesbanken-Landschaft weiter zu konsolidieren, sagte Schneider. Aber eventuelle Fusionen müssten eben Schritt für Schritt erfolgen. Schleweis hatte bereits im Oktober 2018 dafür plädiert, unter Einbeziehung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sowie vier weiterer Institute zügig eine große Sparkassenzentralbank zu formen. Insbesondere in Baden-Württemberg war dieses Ansinnen auf Widerstand gestoßen. Es könne aber für den SVBW nur ein einheitliches Vorgehen zusammen mit den weiteren Eignern der LBBW, dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart, geben, machte der Präsident klar.
Schneider wies darauf hin, dass er das inzwischen vorgestellte Rettungsmodell für die NordLB mithilfe der Sparkassen als Teil einer Landesbanken-Konsolidierung betrachte. Bekanntlich soll die Sparkassen-Finanzgruppe rund 1,2 Mrd. Euro zur Stützung der Bank bereitstellen und das Land Niedersachsen als Mehrheitseigner der NordLB 2,5 Mrd. Euro. Von den 400 Mio. Euro, die die Sparkassen aufbringen müssen, entfallen 62 Mio. Euro auf die badenwürttembergischen Sparkassen. „Dies können wir wirtschaftlich verkraften“, sagte Schneider, der eine Entscheidung über das Rettungsmodell für die NordLB durch die EUKommission innerhalb des ersten Halbjahrs 2019 erwartet.