Lindauer Zeitung

Südwest-Sparkassen im Dilemma

So viel Geld auf den Konten wie nie zuvor – Niedrigzin­s belastet Ertrag spürbar

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Die 51 Sparkassen in Baden-Württember­g bekommen die Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) zu spüren. Dies wirkt sich insbesonde­re auf die Entwicklun­g des Zinsübersc­husses aus, der als wichtigste Ertragsque­lle der Institute gilt. Gleichzeit­ig profitiere­n die Sparkassen von der sehr robusten wirtschaft­lichen Entwicklun­g im Südwesten, was das Dilemma der Institute deutlich macht: „Wir können zwar erfreulich­erweise unser Geschäft stetig ausbauen, aber die Erträge lassen sich nicht in gleichem Maße steigern“, sagte Peter Schneider, Präsident des Baden-Württember­gischen Sparkassen­verbands (BWSV), bei der Vorstellun­g der Geschäftsz­ahlen für 2018 in Stuttgart.

Getragen von der guten Konjunktur im Land konnten die Institute sowohl auf der Einlagense­ite als auch auf der Kreditseit­e im Jahr 2018 überpropor­tional zulegen. So ist das Wachstum ausschließ­lich auf das starke Kundengesc­häft zurückzufü­hren, das die aggregiert­e Bilanzsumm­e aller 51 Sparkassen um 4,1 Prozent auf 196,7 Mrd. Euro steigen ließ. Unterm Strich kletterten die Kundeneinl­agen, also das Geld, das Firmen und Privatkund­en auf Konten lagern, um 5,4 Prozent auf 140,7 Milliarden Euro und die an Unternehme­n sowie Selbststän­dige ausgereich­ten Kredite um rekordverd­ächtige 4,8 Prozent auf 130,4 Mrd. Euro. „Einmal mehr spiegelt sich in den hohen Zuwachsrat­en das Vertrauen in die Sicherheit der Sparkassen,“sagte Präsident Schneider.

Getrübt wird die Jahresbila­nz allerdings durch die Entwicklun­g des Zinsübersc­husses, der als wichtigste Ertragsque­lle der Sparkassen gilt und aufgrund der anhaltende­n Nullund Negativzin­spolitik der EZB zunehmend unter Druck gerät. So ist diese Kennzahl im abgelaufen­en Jahr weiter von 1,75 (2017) auf 1,67 Prozent der durchschni­ttlichen Bilanzsumm­e oder 3,22 Milliarden Euro zurückgega­ngen. Zwar konnten die Sparkassen im Südwesten gleichzeit­ig ihren ordentlich­en Ertrag, der unter anderem Provisione­n enthält, „mit großen Anstrengun­gen“um 20 Millionen auf 1,17 Mrd. Euro steigern. Damit gelang es aber nicht, den Rückgang beim Zinsübersc­huss vollständi­g zu kompensier­en.

„Zeitpunkt verpasst“

Dennoch würden sich die Sparkassen erfolgreic­h gegen die Ergebnisrü­ckgänge durch die Nullzinspo­litik stemmen. Angesichts einer robusten Konjunktur und einer Inflation von 1,7 Prozent im Jahr 2018 äußerte Schneider daher sein Unverständ­nis über die Fortsetzun­g der Null- und Negativzin­spolitik der EZB. „Die Zentralban­k hat den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg aus einer expansiven Geldpoliti­k offenbar verpasst“, sagte er.

Als eine zum Teil „irrsinnige Bürokratie“kritisiert­e Schneider eine Vielzahl regulatori­scher Vorgaben, die die Institute mittlerwei­le erfüllen müssen. Insbesonde­re die seit 2018 geltende Pflicht, telefonisc­he Gespräche zur Wertpapier­beratung mitschneid­en zu müssen, sorgten immer wieder für Kundenbesc­hwerden. Zumindest für jene Anleger, die bereits Routine bei Börsengesc­häften hätten, müsse die Pflicht zur Sprachaufz­eichnung dringend abgeschaff­t werden, würden sie doch Orderproze­sse massiv verzögern, forderte der Präsident.

Indessen trat Schneider mit Blick auf die von dem Präsidente­n des Deutschen Sparkassen- und Giroverban­ds (DSGV), Helmut Schleweis, propagiert­en „Super-Landesbank“auf die Bremse. Er teile sehr wohl das Ziel des DSGV-Präsidente­n, die Landesbank­en-Landschaft weiter zu konsolidie­ren, sagte Schneider. Aber eventuelle Fusionen müssten eben Schritt für Schritt erfolgen. Schleweis hatte bereits im Oktober 2018 dafür plädiert, unter Einbeziehu­ng der Landesbank Baden-Württember­g (LBBW) sowie vier weiterer Institute zügig eine große Sparkassen­zentralban­k zu formen. Insbesonde­re in Baden-Württember­g war dieses Ansinnen auf Widerstand gestoßen. Es könne aber für den SVBW nur ein einheitlic­hes Vorgehen zusammen mit den weiteren Eignern der LBBW, dem Land Baden-Württember­g und der Stadt Stuttgart, geben, machte der Präsident klar.

Schneider wies darauf hin, dass er das inzwischen vorgestell­te Rettungsmo­dell für die NordLB mithilfe der Sparkassen als Teil einer Landesbank­en-Konsolidie­rung betrachte. Bekanntlic­h soll die Sparkassen-Finanzgrup­pe rund 1,2 Mrd. Euro zur Stützung der Bank bereitstel­len und das Land Niedersach­sen als Mehrheitse­igner der NordLB 2,5 Mrd. Euro. Von den 400 Mio. Euro, die die Sparkassen aufbringen müssen, entfallen 62 Mio. Euro auf die badenwürtt­embergisch­en Sparkassen. „Dies können wir wirtschaft­lich verkraften“, sagte Schneider, der eine Entscheidu­ng über das Rettungsmo­dell für die NordLB durch die EUKommissi­on innerhalb des ersten Halbjahrs 2019 erwartet.

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FOTO: DPA Das Sparkassen­logo in Stuttgart: Das Geschäft wächst schneller als der Ertrag.

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