Straßenausbaubeiträge machen weiter Ärger
Für Diskussionen sorgen Altfälle mit einer Übergangszeit bis April 2021
MÜNCHEN (lby) - Trotz ihrer Abschaffung sorgen Straßenausbaubeiträge („Strabs“) in Bayern weiter für Konflikte zwischen Anwohnern und Kommunen. Weil bei noch nicht abgerechneten Altfällen die Verjährung droht, werden diese vielerorts jetzt fertiggestellt und die Kosten – in Einzelfällen im sechsstelligen Bereich – auf die Anlieger der Straße umgelegt. Bayerischer Städtetag und Freie Wähler fordern nun eine Klärung der Rechtslage.
„Viele Bürgermeister sehen sich mit einer hoch gespannten Erwartungshaltung von Bürgern konfrontiert, die jetzt denken, der Straßenbau kostet gar nichts mehr“, sagte der Sprecher des Städtetags, Achim Sing. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) habe den Eindruck erweckt, die Kommunen könnten nun auch bei Altstraßen auf die Erhebung von Beiträgen verzichten.
Es gebe hier aber keinen Ermessensspielraum, weil das Erschließungsbeitragsrecht, das Haushaltsrecht und die Gemeindeordnung die Kommunen verpflichteten, die Kosten umzulegen, betonte Sing. Bürgermeister machten sich sogar strafbar und kämen in die Haftung, wenn sie auf die Umlage verzichteten. „Wir fordern eine zweifelsfreie Klarstellung, dass Kommunen und Bürgermeister nicht belangt werden, wenn sie nach dem Ausbau einer Altstraße keine Beitragsbescheide an die Anlieger verschicken“, verlangte Sing.
Die Freien Wähler im Landtag wollen dazu noch im Februar einen Entwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes in den Landtag einbringen, wie deren kommunalpolitischer Sprecher Joachim Hanisch sagte. Damit solle gesetzlich festgeschrieben werden, dass Kommunen nicht verpflichtet sind, Altstraßen noch vor dem Stichtag am 1. April 2021 fertigzustellen und mit den Anliegern abzurechnen und dass Bürgermeister deshalb nicht wegen Amtsmissbrauch vor Gericht landen. Dies habe Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Anfang Februar auch in der Plenarsitzung des Landtags gesagt. „Es liegt dann in der Entscheidungshoheit der Stadt- und Gemeinderäte, ob sie sagen, die Kosten wurden nicht jahrzehntelang umgelegt, jetzt legen wir sie auch nicht mehr um“, sagte Hanisch.
Bei den Straßenausbaubeiträgen handelt es sich um Geld, das Kommunen von Anwohnern verlangen, wenn sie Ortsstraßen verbessern oder erneuern. Die Gebühren hatte der Landtag auf Druck der Freien Wähler rückwirkend zum 1. Januar 2018 abgeschafft. Bei Altfällen gilt derzeit die Regelung, dass diese noch bis zum 1. April 2021 auf die Anlieger umgelegt werden können, wenn ihre erstmalige technische Herstellung nicht länger als 25 Jahre zurückliegt.
Die Kommunen erhalten als Ersatz für die künftig fehlenden Ausbaubeiträge in diesem Jahr 100 Millionen Euro und ab 2020 jährlich 150 Millionen Euro aus der Staatskasse.
Die Straßenausbaubeiträge waren seit Jahren umstritten. Denn bei der Sanierung von Gemeindestraßen flatterten den Anliegern oft hohe Rechnungen ins Haus – was viele nur mit großen Mühen zahlen konnten. Außerdem waren manche Einwohner privilegiert; in München gab es die Ausbaubeiträge gar nicht.