Staatsregierung will Artenschutz ausweiten
Nach Erfolg des Volksbegehrens präsentiert Umweltminister Glauber weitere Ideen
MÜNCHEN - Der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) will über das erfolgreiche Artenschutz-Volksbegehren hinausgehen. In bestimmten Bereichen müsse auch nachgeschärft werden, sagte Glauber am Donnerstag in München. Ihren Anteil zum Artenschutz müssten nicht nur die Landwirte, sondern auch die Kommunen, kirchliche Landeigentümer sowie jeder einzelne Gartenbesitzer leisten.
Für das Volksbegehren „Artenvielfalt – Rettet die Bienen“hatten sich bis einschließlich Mittwoch 18,4 Prozent aller wahlberechtigten Bayern eingetragen. Mit 1,75 Millionen Menschen haben mehr für das Volksbegehren votiert als das Zehn-Prozent-Quorum vorschreibt. Das Volksbegehren ist damit das erfolgreichste in der Geschichte der Plebiszite im Freistaat. „Der Souverän hat eindeutig gesprochen“, sagte Umweltminister Glauber. Der für kommende Woche angesetzte runde Tisch mit Umweltverbänden und Landwirten sollte nach Ansicht Glaubers ein „Volksbegehren plus“erarbeiten, das eventuell auch die Problematik des Flächenfraßes regele. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat für kommenden Mittwoch dazu eingeladen.
Die Bürger, die bei Kälte und Schnee vor den Rathäusern Schlange gestanden seien, um eine Wende beim Naturschutz zu erzwingen, hätten ein deutlich vernehmbares Signal für einen „echten Kurswechsel beim Tier- und Pflanzenschutz und vor allem in der Landwirtschaft“ausgesendet, erklärte der Vorsitzende der Grünen im bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann. Ein „Weiter so“ werde es nicht geben. Hartmann zeigte sich optimistisch, „dass mehr und mehr Bauern sich von den Scharfmachern beim Bauernverband abwenden und diesen Weg gemeinsam mit uns gehen werden – hin zu einer Landwirtschaftspolitik, die mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie“.
Gewässerschutz soll besser werden
Ohne Abstriche unterstützt Umweltminister Glauber das Ziel des Volksbegehrens, einen fünf Meter breiten Streifen an den Ufern von Gewässern von jeder landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Nutzung frei zu halten. Die Biodiversität und die Wasserqualität sowie der Hochwasserschutz würden dadurch verbessert. Diese Gewässerrandstreifen seien „ein klares Muss“, so Glauber. Alle anderen Bundesländer hätten bereits eine entsprechende Regelung.
Die Forderung nach Verringerung des Gifteinsatzes kann sich nach Ansicht Glaubers aber nicht nur an die Adresse der Landwirte richten, sondern müsse auch alle anderen Grundbesitzer in die Pflicht nehmen. So hielten die Baumärkte beachtliche „Giftschränke“vor und auch online würden massenweise Pestizide und Insektizide für die private Verwendung geordert.
„Mit freundlichen Bitten an private Gartenbesitzer und Kommunen allein ist es nicht getan“, reagierte der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Florian von Brunn. Die intensive Landwirtschaft sei auch nach den Feststellungen der Staatsregierung die Hauptursache für das Artensterben. Bayern brauche eine „drastische Reduzierung von Pestiziden und Düngern“. Glauber solle nicht von den wahren Problemen ablenken.
Skeptisch äußerte sich Minister Glauber zur Vorgabe des Volksbegehrens, wonach der ökologische Landbau bis 2030 auf 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ausgeweitet werden solle. Eine Vorgabe helfe nicht viel, wenn die Bioprodukte nicht in ausreichendem Maße gekauft würden, wie das gegenwärtig bei der Bio-Milch der Fall sei. Die Vorgabe des Volksbegehrens, Streuobstwiesen ab einer Fläche von 2500 Quadratmetern zum Biotop zu erklären, sieht der Umweltminister ebenfalls kritisch. Wenn man daran festhalte, werde man in diesem Sommer ein „Obstbaumsterben“erleben, weil kein Grundbesitzer seine Fläche zu einem Biotop umgewandelt wissen wolle.
Klar ist für den neuen bayerischen Umweltminister auch: „Das Thema Dritter Nationalpark kommt nicht mehr auf den Tisch.“Das ist allerdings auch nicht Inhalt des Volksbegehrens.
Das Glauber-Ministerium arbeitet nach Angaben des verbraucherpolitischen Sprechers der Freien Wähler im Landtag, Hans Friedl, bereits an einem „alltagstauglichen und praxisnahen Gesetzentwurf“. Dieser werde den Zielen des Volksbegehrens so weit wie möglich entsprechen, den Umweltschutz jedoch auf breitere Beine stellen.
„Landwirtschaftliche Restriktionen allein lösen keine Probleme“, erklärte der umweltpolitische Sprecher der Freien Wähler Benno Zierer mit Blick auf einen Teil der im Volksbegehren formulierten Forderungen. Stattdessen wollten die Freien Wähler den Flächenverbrauch eindämmen und mehr Biotopverbünde schaffen. „Entscheidend wird aber die Bereitschaft aller Menschen sein, ihren Lebensstandard anzupassen“, so Zierer. Er erneuerte die Forderung seiner Fraktion auf Gründung einer „Landesstiftung für Umwelt, Klimaschutz und Artenvielfalt“, die sich aus den Strafzahlungen des Autobauers Audi an den Freistaat speisen soll. Audi muss ein Bußgeld in Höhe von 800 Millionen Euro wegen Abgasmanipulationen zahlen.