Ein Bus verbindet bald alle Sigmarszeller Ortsteile
Beim Leserstammtisch „LZ hört zu“bringen Bürger ihre Anliegen zur Sprache
SIGMARSZELL - Bus und Bahn, Dorfladen, Feuerwehr und seniorengerechtes Wohnen – beim Leserstammtisch „LZ hört zu“am Mittwoch in Niederstaufen haben Sigmarszeller aus allen Ortsteilen ihre Anliegen zur Sprache gebracht.
Bus und Bahn: Eine gute Nachricht hatte Kreisrat und Ex-Bürgermeister Walter Matzner für die Sigmarszeller: Denn bisher habe in der Gemeinde kaum jemand mitbekommen, dass der Landkreis im Rahmen des neuen ÖPNV-Konzepts eine Buslinie plane, die alle drei Ortsteile verbinde, wie es Sigmarszeller schon seit Jahrzehnten fordern. Der Bus soll am Reutiner Bahnhof in Lindau starten und über Bösenreutin und Schlachters nach Niederstaufen und weiter bis Opfenbach fahren. Mit Umsteigen werde man von dort nach Hergatz kommen. Der Bus solle täglich verlässlich im Stundentakt fahren, sonntags möglicherweise nur alle zwei Stunden. Unklar sei noch, ob der Bus schon im Jahr 2021 starten kann oder erst 2023.
Matzner warnte allerdings vor den Folgen des vom Freistaat und der Bahn geplanten Bahnhalts in Schlachters. Denn derzeit sei geplant, dass die Schüler künftig nicht mit dem Bus, sondern mit dem Zug nach Lindau fahren sollen. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass Kinder und Jugendliche zuerst mit Bussen aus Bösenreutin oder Niederstaufen nach Schlachters gefahren werden, um mit dem Zug bis Aeschach zu fahren und von dort in die Schule zu laufen. Andererseits wusste Matzner nicht, ob Schüler im Bodonetz nicht wählen können, ob sie Bus oder Zug fahren. Auf jeden Fall sollten Bürgermeister und Gemeinderäte die Folgen genau prüfen, bevor sie dem neuen Bahnhalt zustimmen.
Bürgermeister Jörg Agthe erwiderte, dass Freistaat und Bahn die fünf neuen Bahnhalte in Aeschach, Oberreitnau, Weißensberg, Schlachters und Hergensweiler sowieso nur bauen wollen, wenn die Gesamtkosten 15 Millionen Euro nicht übersteigen. Andernfalls werde es gar keinen Bahnhalt geben.
Den Teilnehmern des Leserstammtisches ist offenbar eine gute Busverbindung wichtiger. Markus Rohn bat allerdings, auch die Fahrt nach Wangen zu erleichtern, denn einige Kinder der Gemeinde gehen dort zur Schule. Werner Feßler hob das Vorbild des Ländlebusses aus Vorarlberg hervor, der verlässlich „sogar an Heiligabend“bis spätabends fahre. Hierzulande seien allerdings die Fahrpreise zu hoch, als dass eine Buslinie erfolgreich sein könnte.
Querungshilfen: Walter Matzner kritisierte, dass der Gemeinderat eine Querungshilfe über die Kreisstraße bei der Bushaltestelle Auf der Scheibe abgelehnt hat. Der Landkreis hätte die Hälfte der Kosten gezahlt, aber es scheitere an der Gemeinde. Dabei hätte das zusätzlich zur Verkehrsberuhigung beigetragen. Jetzt sei es zu spät, man müsse damit leben. Dennoch wolle er sagen, dass er die Entscheidung für einen Fehler halte.
Geh- und Radwege:
Nicht nur Monika Hartmann kritisiert den fehlenden Geh- und Radweg zwischen Bösenreutin und Lindau-Rickatshofen. Markus Rohn ergänzte, dass er dort schon oft im Dunkeln Fußgänger erst im letzten Moment gesehen habe. Den Weg habe die Gemeinde schon 2003 beantragt, erinnerte sich ExBürgermeister Walter Matzner. Der Landkreis habe auch zugestimmt, doch müssten auch die Gemeinden die Hälfte der Kosten tragen. Und der längste Teil des Weges verläuft über Lindauer Gebiet, die Stadt aber habe Projekte, die ihr wichtiger seien. Bürgermeister Jörg Agthe bestätigte das, erklärte aber, dass er da hartnäckig bleibe. Denn als Zubringer zu Firmen wie Dornier, Liebherr oder Continental wäre das auch für die Stadt wichtig, zumal manch einer aufs Fahrrad umsteigen würde, wenn der Weg dort sicherer wäre. Deshalb bringe er sich beim Lindauer Nahmobilitätskonzept entsprechend ein. Zudem sei eine Verlängerung des von der Lindauer Dornier zu bauenden Gehwegs im unteren Bereich nicht mehr so teuer. Da aber auch der Landkreis das Projekt
Kreisrat Walter Matzner
zurückgestellt hat, werde sich dort sicher nichts vor 2023 ändern.
Noch länger wird es wohl dauern, bis die Gemeinde den Geh- und Radweg von Dornach her bis Niederstaufen verlängern kann. Das scheitere derzeit vor allem an den nötigen Grundstücken, erklärte Agthe. Außerdem brauche das Staatliche Bauamt Kempten die Gelder aus dem entsprechenden Fördertopf vorerst für andere Projekte. Denn zum Glück handele es sich nicht um einen Unfallschwerpunkt.
Schnelles Internet:
Markus Rohn kritisierte die Versorgung der Sigmarszeller Haushalte mit schnellem Internet. Er habe mangels Glasfaseranschluss eine Firma nach Lindau verlegt und zahle nun dort seine Gewerbesteuer. Bürgermeister Jörg Agthe erklärte die komplizierten Regeln zur Förderung der Breitbandanschlüsse, denn Gemeinde und Freistaat dürfen in manchen Bereichen gar keine Kabel verlegen, sondern müssen das den Firmen überlassen. Und die seien andererseits gar nicht interessiert, dass die Gemeinde bei Baumaßnahmen wie jüngst dem Kanalbau in Schlachters Leerrohre verlegt. Als Folge werde manch außenliegender Bauernhof künftig ultraschnelles Internet haben, manch Haushalt in der Ortsmitte aber nur ein etwas beschleunigtes.
Dorfladen:
Zugezogene junge Eltern und ältere Niederstaufner arbeiten in einer Interessengemeinschaft an einem neuen Dorfladen. Sie wollen den Dorfladen in Form einer Mini-Genossenschaft führen, die keine Gewinne erzielen muss. Weil die Räume des früheren Geschäftes nicht mehr zur Verfügung stehen, wollen sie zunächst die alte Schule entsprechend umgestalten. Voraussetzung ist die Zustimmung des Gemeinderats und der Verzicht der Gemeinde zumindest in den ersten Jahren auf eine hohe Mietzahlung. Langfristig hoffen sie auf besser geeignete Räume in Verbindung mit dem in einigen Jahren geplanten Neubau für die Feuerwehr. Zusätzlich suchen die Niederstaufner jemanden, der in dem Dorfladen arbeiten will. Solch ein Dorfladen sei für die Versorgung und als Treffpunkt wichtig, stellte Markus Rohn fest.
Feuerwehren:
Bösenreutin und Niederstaufen brauchen größere Räume für die Feuerwehr. Darin sind sich die meisten Sigmarszeller einig. Die Pläne für den Anbau in Bösenreutin sind fertig. Walter Matzner kritisierte zwar, dass der Gemeinderat dort nicht gleich Räume für den Heimatverein und die Fetzenhexen mit geplant hatte, doch Bürgermeister Jörg Agthe verteidigte das Vorgehen, dessen Genehmigung so schon schwer genug war. Zudem sei die Zustimmung im Gemeinderat keineswegs selbstverständlich gewesen. Gemeinderätin Monika Hartmann sprang ihm bei, dass die Einwände zu spät kamen. Deshalb sei es gut, dass sich die Niederstaufner so früh meldeten. Für die Feuerwehr Niederstaufen geht es
Bürgermeister Jörg Agthe
jetzt um den Standort beim Dorfplatz. Wegen der nahen Römerstraße habe dort das Landesamt für Denkmalpflege eine wichtige Rolle mitzuspielen. Zudem sei noch unklar, ob der Standort wegen des Lärms möglich sei. Das Landratsamt müsse das streng prüfen, weil Nachbarn es meist nicht gern sehen, wenn ein Feuerwehrhaus in ihrer Nähe geplant ist.
Grundsätzlich warb Bürgermeister Jörg Agthe bei dieser Gelegenheit für Kompromissbereitschaft. Denn in Sigmarszell sei viele Jahre lang in verschiedenen Bereichen weniger vorangegangen als möglichgewesen wäre, weil man mit erreichten Kompromissen nicht zufrieden gewesen sei und von vorne begonnen habe. Letztlich habe man dann jeweils meist gar nichts erreicht.
„Wir sollen eine eigene Buslinie bekommen, die die drei Ortsteile verbindet.“
Seniorengerechtes Wohnen:
Sigmarszells Seniorenbeauftragte Erika Fischer mahnte an, dass die Gemeinde eine Einrichtung für seniorengerechtes Wohnen schaffen solle. Sie denkt dabei weniger an ein Altenheim als an Wohnungen, die barrierefrei und vom Zuschnitt und von der Einrichtung her für ältere Menschen geeignet sind. Am besten würde das auf ein Grundstück der Kirche nahe dem Kindergarten in Schlachters passen, denn dort hätten Senioren Einkaufsmöglichkeiten, Arzt und bald auch einen Bahnhalt in der Nähe. Sie forderte Bürgermeister und Gemeinderat auf, mit der Kirche gemeinsam ein solches Projekt zu entwickeln. Wolfgang Sutter weiß, dass es diese Diskussion schon lange gibt, doch bisher gebe es in der Gemeinde „keinen spürbaren Bedarf“. Angesichts der immer älter werdenden Gesellschaft müsse die Gemeinde das Thema aber im Blick behalten.
„Es ist heute sehr, sehr schwer, im Innenbereich ein Feuerwehrhaus zu bauen.“