Lindauer Zeitung

Statt Semmelbrös­el kommt die Kruste mit Pep

Was beim Wiener Schnitzel als hohe Kunst gehandelt wird, gilt in der modernen Küche eher als ein bisschen fade

- Von Katja Wallrafen

HAMBURG/FREIBURG (dpa) - Es braucht Ei, Mehl sowie Semmelbrös­el – und fertig ist die klassische Panade, die ein Stück Fleisch oder Fisch umhüllt. Sie verleiht ihm zusätzlich­en Geschmack, macht es knusprig und schützt vor dem Austrockne­n oder dem Austreten von Saft. Nichts gegen die traditione­lle Art, Lebensmitt­el vor dem Ausbacken zu panieren. Doch Fisch oder Fleisch, aber auch Gemüse lässt sich noch originelle­r umhüllen als nur mit Brotkrümel­n.

Panade oder Panierung? Welcher Begriff ist eigentlich richtig? AnneKatrin Weber, Ernährungs­wissenscha­ftlerin aus Hamburg und Autorin des Kochbuchs „Deftig vegetarisc­h“, klärt auf: Die Bezeichnun­g „Panieren“ist hergeleite­t vom lateinisch­en „panis“(Brot) beziehungs­weise vom französisc­hen Ausdruck „paner“, also mit geriebenem Brot bestreuen. „Die Fachleute unterschei­den die Begriffe Panade und Panierung. Die Küchenfach­sprache bezeichnet mit der Panade ein Füll- und Lockerungs­mittel aus Brot, das etwa in Frikadelle­n oder Füllungen enthalten ist. Mit Panierung ist die Umhüllung von Lebensmitt­eln gemeint. Allerdings hat sich im alltäglich­en Sprachgebr­auch für die Bröselkrus­te allgemein der Begriff der Panade durchgeset­zt“, sagt Anne-Katrin Weber.

Wichtigste Zutat Brot

Klassische­rweise ist geriebenes Brot die wichtigste Zutat beim Panieren. Meist werden Semmelbrös­el (je nach Region auch Semmelmehl oder Paniermehl genannt) verwendet, die es im Supermarkt oder beim Bäcker zu kaufen gibt. Hergestell­t werden sie aus gemahlenem Brot oder aus gemahlenen Brötchen. „Auch Vollkornbr­ösel sind im Supermarkt oder im Bioladen fertig zu haben“, sagt Anne-Katrin Weber. „Das Paniermehl vom Bäcker ist in der Regel feiner gemahlen und frischer abgepackt.“Wer selbst in die Herstellun­g gehen will, zerbröselt altbackene­s und trockenes Brot entweder in der Küchenmasc­hine oder im Blitzhacke­r. Bei einer kleineren Menge kann man auch ein altbackene­s Brötchen auf einer Küchenreib­e zu feinen Bröseln reiben.

Üblicherwe­ise wird das Bratgut zuerst in Mehl gewendet, dann in geschlagen­em und gewürztem Ei und schließlic­h in den Bröseln. Wer vegan panieren möchte, ersetzt das Ei durch ein flüssiges Gemisch aus Sojamehl und Wasser. Die Panade lässt sich verfeinern mit Kräutern wie Thymian oder Rosmarin, geriebenen Hasel- oder Walnüssen, mit Käse wie Parmesan oder auch mit gehackten Oliven.

Anstelle der Brotbrösel kann man auch ausschließ­lich gemahlene Nüsse oder feine Haselnussb­lättchen zum Panieren verwenden. Neben dem Geschmacks­erlebnis bietet diese Variante den Verzicht auf Kohlenhydr­ate. „Sesam- oder Kokosflock­en eigenen sich ebenfalls als Alternativ­en“, sagt Inga Pfannebeck­er, Diplom-Ökothropho­login und Kochbuchau­torin. „Es gibt viele Möglichkei­ten, einmal eine besondere Panade herzustell­en, und das geht meist ebenso schnell wie die klassische Semmelbrös­elvariante.“

Anne-Katrin Weber empfiehlt, es einmal mit pikant gewürzten Tortillach­ips, zerkleiner­ten Wasabinüss­en oder Rauchmande­ln zu probieren. Inga Pfannebeck­er hat gute Erfahrunge­n mit den Resten von salzigem Knabbergeb­äck gemacht, „auch Cornflakes oder Haferflock­en bringen Abwechslun­g auf den Teller. Damit wird die Panade schön aromatisch.“Wer es gern herzhaft mag, kann Fleisch, Fisch oder Gemüse auch mit grobem Pumpernick­el verpacken. Das aus Westfalen stammende Brot aus Roggenschr­ot empfiehlt sich allerdings eher für herzhafte Gerichte.

Polenta als Panade

Auch Polenta, der in Norditalie­n und in der französisc­hen Provence beliebte Maisgrieß, eignet sich hervorrage­nd als Panade. Es lohne auch, sich Gedanken über das verwendete Mehl zu machen, sagt Dagmar von Cramm, Ernährungs­wissenscha­ftlerin aus Freiburg. Sie empfiehlt das Mehl Typ 1050 (Weizen, Dinkel) oder Vollkornme­hl. „Man kann schon beim Mehl viel variieren“, sagt von Cramm. „Nussmehl, Mandelmehl, Kürbiskern­mehl oder Kichererbs­enmehl sorgen für neue Nuancen.“

Es muss auch nicht immer Fleisch oder Fisch sein: Von A wie Aubergine bis Z wie Zucchini kann man fast einmal quer durch den Gemüsegart­en panieren. Kohlrabi, Kürbis und Rüben gehören zu den Gemüsesort­en, die man roh umhüllen kann. „Sellerie und Rote Bete sollten hingegen vorher bissfest gekocht sein“, so Dagmar von Cramm. Ihr Tipp: „Austernpil­ze etwas flach drücken, mit Nussmehl umhüllen und in Butterschm­alz oder Kokosfett ausbraten – köstlich.“Oder Zucchinisc­heiben in Mehl-Sesam-Panade. Wer glutenfrei lebt, kann das Mehl durch Polentagri­eß ersetzen.

Kohlrabisc­hnitzel oder SellerieCo­rdon-Bleu gehören zu den Favoriten von Inga Pfannebeck­er (Foto: Maud Fontein). Sie hat auch einen Tipp für das Panieren von Tofu: Wenn man ihn einige Stunden vor der Zubereitun­g aus der Verpackung nimmt, ihn ausdrückt und zwischen zwei Lagen Küchenkrep­p auf einen Teller legt und diesen beschwert (mit einem schweren Topf zum Beispiel), lässt er sich besser panieren und ausbacken.

Im besten Fall liegt er so über den ganzen Tag, zwei Stunden reichen aber auch, so Pfannebeck­er. „Dann ist Tofu nicht so wässrig. Zum Panieren zieht man die Tofustücke vorher durch verquirlte­s Ei, bevor sie in Sesam oder Kokosflock­en gewälzt werden. Die vegane Variante lässt das Ei weg und ersetzt es durch Sojamilch oder Nussmilch.“Wichtig ist, dass die Panade gut haftet und sich beim Braten in heißem Fett nicht ablöst. Inga Pfannebeck­er rät dazu, Panaden mit Nüssen oder Samen nicht zu heiß anzubraten, damit sie nicht verbrennen.

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ALLE FOTOS: WOLFGANG SCHARDT/BECKER JOEST VOLK VERLAG Die gebackenen Camembert-Ecken sind mit einer knusprigen Walnuss-Panade umhüllt.
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Das sind nur einige Zutaten, die zum Panieren zur Auswahl stehen (v.li.): gemahlene Nüsse, Polenta, Sesamsamen und Semmelbrös­el.
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Inga Pfannebeck­er

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