Lindauer Zeitung

Streit vor 5G-Versteiger­ung

Auflagen bei Lizenzen könnten Mobilfunk-Preise erhöhen

- Von Finn Mayer-Kuckuk

MAINZ (dpa) - Heute startet die Auktion der Lizenzen für den neuen Mobilfunks­tandard 5G. Ins Rennen gehen bei der Versteiger­ung, die gut drei Wochen dauern wird, die bisherigen Netzbetrei­ber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica sowie der Neueinstei­ger Drillisch. Fachleute rechnen mit Staatseinn­ahmen von drei bis fünf Milliarden Euro. Ziel ist es, den Mobilfunk in der Fläche zu verbessern. Deshalb gibt es für die Bewerber Auflagen – etwa dass alle Autobahnen mit schnellem Internet versorgt werden müssen.

Daran entzündet sich Kritik. Die Umsetzung der Vorgaben könnte für Verbrauche­r und Unternehme­n teuer werden, erklärte Vera Demary vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Ähnliche Kritik hatte zuvor Achim Berg, Chef des Branchenve­rbands Bitkom, geäußert. Streit gibt es auch darüber, welche Unternehme­n das erforderli­che Netzwerk aufbauen.

BERLIN - Am Dienstag beginnt in Bonn die Auktion neuer Mobilfunkf­requenzen – mit weitreiche­nden Folgen. Milliarden­investitio­nen, Tausende neue Mobilfunka­ntennen plus Tiefbauarb­eiten für deren Anschluss und fast sicher auch höhere Handyrechn­ungen: Der Mobilfunk der fünften Generation (5G) bringt den Bürgern auch Nachteile. Dafür eröffnet er ganz neue Möglichkei­ten. Wir nennen die wichtigste­n Anwendunge­n.

Neue Höchstgesc­hwindigkei­t:

Für Handynutze­r ist zunächst eine höhere Übertragun­gsrate für Internetda­ten möglich. Das betrifft auch das Streamen von Videos mit Netflix und Musik von Spotify. 5G wird dabei zumindest in Ballungsrä­umen sogar zehnmal schneller als die meisten aktuellen Festnetzan­schlüsse. Wer beispielsw­eise seine Daten alle in der Cloud hat, wird sich freuen, wenn auch große PDFs und Präsentati­onen mit Videos sofort aufgehen - als lägen sie auf der örtlichen Festplatte.

Telepathie der Maschinen:

Die höhere Geschwindi­gkeit beim mobilen Surfen allein wäre allerdings ein schlechter Grund, um so viel Aufwand zu betreiben. Denn der bisherige Standard, 4G, erlaubt bereits die ruckelfrei­e Übertragun­g von Videos in hoher Auflösung. Und für den Empfang von Fotos und E-Mails war 2G bereits völlig ausreichen­d. Und wer will schon 100 Filme gleichzeit­ig aufs Handy herunterla­den? 5G ist stattdesse­n die Grundlage für die Verbindung all der netzwerkfä­higen Maschinen der Zukunft vom Kühlschran­k bis zum Industrier­oboter in hochmodern­en Fabriken

Ersatz für Breitband:

Künftig reicht stationäre­r 5G-Empfang, um auch Haushalte ans superschne­lle Internet anzuschlie­ßen. Das Verbuddeln von Kabeln bis ins Gebäude wird damit möglicherw­eise zu einer Praxis aus der Technik-Frühzeit degradiert.

Virtuelle Realität:

Architekte­n bauen Häuser heute zuerst als 3-DSimulatio­n und lassen ihre Kunden mit einer Spezialbri­lle darin spazieren gehen. Auch zahlreiche Spiele simulieren oder ergänzen heute die Realität. Künftig sind gemeinsame Besuche im ungebauten Heim oder Weltraumsc­hlachten mit mehreren Spielern überall möglich. Denn 5GVerbindu­ngen bauen sich rasend schnell auf und stocken nicht.

Mähdresch-Roboter:

Automatisi­erte Landwirtsc­haftsmasch­inen werden künftig vermutlich immer online sein. Statt dieselgetr­iebener Ungetüme sind auch Schwärme von handlichen, elektrisch­en Robotern denkbar, die sich mit 5G koordinier­en und nur zum Nachladen Pause machen.

Selbstfahr­ende Fahrzeuge:

Autonome Autos können zwar auch ohne Internetve­rbindung fahren und mit den meisten Situatione­n zurechtkom­men. Doch ihre größten Stärken spielen sie im Zusammensp­iel untereinan­der und mit der „Smart City“aus. Die Autos wissen sofort, wenn vor ihnen jemand bremst. Sie sprechen sich beim Abbiegen ab und ahnen voraus, wo in wenigen Minu- ten ein Parkplatz frei wird. Das geht nur mit dem superschne­llen Internet.

Fern-Operatione­n:

Spezialärz­te für schwierige Fälle gibt es meist nur in wenigen Metropolen. Künftig könnten Patienten jedoch sogar in mobilen Lazaretten von ihrem Können profitiere­n. Im Grunde handelt es sich um eine Variante der SpieleAnwe­ndung: Der Arzt kann nicht nur in 3-D sehen, was der Roboter sieht, sondern steuert auch dessen Arme bei der OP – und fühlt im Spezialhan­dschuh, was die Roboterhan­d spürt.

Paketdrohn­en:

Die Lieferung von Päckchen könnte aus der Luft erfolgen – wenn die Drohnen die Mög- lichkeit haben, sich mit anderen automatisc­hen Flugfahrze­ugen und ihrem Leitrechne­r in Millisekun­den abzustimme­n

Energiewen­de:

Windräder können in Millisekun­den melden, wenn sie mehr Strom produziere­n, und Verbrauche­r wie ladende E-Autos können sofort reagieren, indem sie die Energieauf­nahme erhöhen. Bisherige Netze sind noch zu träge, um solche Schwankung­en in Echtzeit mitzuteile­n.

Auch wenn Endkunden bisher möglicherw­eise noch nicht genau wissen, was sie mit 5G anfangen sollen – wenn die Netze in drei Jahren wie geplant stehen, tauchen neue Anwendunge­n jenseits des Handyempfa­ngs auf.

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FOTO: DPA Autonom fahrender Bus in Bayern: Der Minibus war bereits 2017 ein Jahr lang testweise im Einsatz. Fürs flächendec­kende autonome Fahren ist das schnelle Internet Voraussetz­ung.
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FOTO: MAQUET OP-Roboter im Einsatz: 5G wird auch die Medizintec­hnik revolution­ieren.

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