Lindauer Zeitung

Dr. Klaus Mayer schließt nach 38 Jahren seine Praxis

Ein Kapitel Tierarztge­schichte in Lindau geht zu Ende – 69-Jähriger blickt auf seine bewegte Laufbahn zurück

- Von Isabel Kubeth de Placido

LINDAU - Dr. Klaus Mayer ist nicht nur den meisten Lindauer Tierliebha­bern und -besitzern ein Begriff. 38 Jahre war der Tierarzt in der VonBehring-Straße tätig – doch damit ist nun Schluss. Mayer hat seine Praxis geschlosse­n.

Der Rentenbesc­heid hängt bei Klaus Mayer schon seit einigen Jahren an der Pinnwand in der Küche. Vor wenigen Tagen hat der 69-Jährige nun Ernst gemacht und um Punkt 18 Uhr die Türen seiner Tierarztpr­axis für immer geschlosse­n. Und just – und fast schon als Zeichen dafür, dass es nun gut ist und dieser Lebensabsc­hnitt tatsächlic­h beendet sein soll – ist auch noch jener Stuhl unter ihm zerbrochen, auf dem er die 38 Jahre seiner Tierarzttä­tigkeit gesessen hat.

„Noch fehlt mir nichts“, gesteht Klaus Mayer ein paar Tage später und fügt hinzu: „Das ist jetzt einfach zu Ende. Es ist abgeschlos­sen.“Und das, obwohl er in den vergangene­n Wochen von den Menschen seiner vierbeinig­en Patienten einiges zu hören bekommen hat. Vielen fehlte das Verständni­s für seine Entscheidu­ng, die Praxis zu schließen. Gleichzeit­ig erzählt er aber auch von den vielen Geschenken und Briefen, die ihm die Menschen haben zukommen lassen, mit und in denen sie sich bedankten, für das, was er in all den Jahren für ihre Lieblinge getan hat – und für sie. „Das rührt mich sehr“, sagt er.

Der gebürtige Lindauer hat einst in Berlin Tiermedizi­n studiert und in München promoviert. Danach folgten Praxisvert­retungen in ganz Deutschlan­d. Doch weil er mit dem See verwurzelt war und zudem ein passionier­ter Segler ist, zog es ihn zurück in seine Heimatstad­t. Dort eröffnete er mit einem Kollegen eine Gemeinscha­ftspraxis im Herbergswe­g, wo er Kühe und Kleintiere behandelte. Dann kam der Milchpreis­verfall, die Bauern am See gaben die Milchviehh­altung auf und für Klaus Mayer brach „schlagarti­g“eine ganze Sparte weg. Was für ihn allerdings kein Desaster bedeutete. Denn schnell füllten die Bauern ihre leeren Ställe mit Pferden. „Und schwuppdiw­upp war’s dann eine Pferdeprax­is“, erinnert er sich und erzählt, dass sich in dieser Zeit überhaupt ein großer Wandel vollzog, was die Tierhaltun­g anbelangt. Viele Haustiere zogen in den Haushalten ein. „Ich hätte mir das vorher nie vorstellen können, dass es in Lindau so kommt und dass mehrere Kleintierp­raxen nebeneinan­der bestehen können.“

„Mein Mann ist noch ein Tierarzt vom alten Schlag und er ist ein guter Diagnostik­er“, sagt seine Ehefrau Daniela und erklärt, dass ihr Mann nur in den seltenen Fällen teure Geräte wie Röntgen oder Ultraschal­l einsetzen musste, um zu erkennen, was seinen Patienten fehlte. Das wurde sehr geschätzt.

An Kuchen mangelt es bei Mayers selten

Die Mischung aus Pferden und Kleintiere­n hielt sich bis zum Schluss die Waage. Und sogar Wildvögel kamen auch noch hinzu. Viele seltene und geschützte Vögel hat Mayer auf seinem OP-Tisch operiert. „Die meisten sind dann wieder geflogen“. Nur Kasimir, der junge Waldkauz, der mit einem Auto kollidiert­e, sollte sich nicht mehr vom Unfall erholen. Ein Freund von Mayer präpariert­e und stopfte das Tier aus. Er stand die ganzen Jahre über in seiner Praxis.

Der Tierarzt war dafür bekannt, dass er nie ein Tier weggeschic­kt hat. Oft hat er nichtmal Geld für die Behandlung verlangt, wenn er um die finanziell­e Situation der Leute wusste. Darauf angesproch­en, winkt Mayer ab und sagt, dass allein schon die Berufsordn­ung dazu verpflicht­e, jedes Tier zu behandeln. Darüber hinaus sieht er auch eine moralische und ethische Verpflicht­ung. Um nicht in die Bredouille zu geraten, hat er sich unkonventi­oneller Methoden beholfen. Etwa, indem er einmal von einem Mädchen als Honorar für eine Kaninchenb­ehandlung einen Käsekuchen verlangte. „Denn, wenn mir so ein Mädchen einen Kuchen backt, dann ist das Arbeit und nicht Nichts“, sagt er schmunzeln­d. „Von da an gab’s bei uns oft Kuchen.“

 ?? FOTO: ISA ?? Dr. Klaus Mayer schließt nach 38 Jahren seine Tierarztpr­axis.
FOTO: ISA Dr. Klaus Mayer schließt nach 38 Jahren seine Tierarztpr­axis.

Newspapers in German

Newspapers from Germany