Lindauer Zeitung

Spezialist­en zerlegen Öfen in Einzelteil­e

Die Öfen im Cavazzen werden abgebaut und im Museumsdep­ot gelagert

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LINDAU - Der Umzug des CavazzenIn­ventars ist weiterhin im vollem Gange. Nun waren die Ofenbauer vor Ort, um Hand anzulegen. Während des Umzugs all der Exponate und gelagerten Objekte des Stadtmuseu­ms, ist das Sammelsuri­um der verschiede­nen Öfen im Cavazzen nämlich immer mehr in den optischen Vordergrun­d getreten. Auch die haben nun den Cavazzen mit Ziel Museumsdep­ot verlassen.

Wer sich noch an die Dauerausst­ellungen im Stadtmuseu­m erinnert, dem wird vielleicht aufgefalle­n sein, dass eine Menge verschiede­ner Kachelöfen in den Räumen herumstand. Anders kann man das nicht bezeichnen, denn die Öfen erfüllten keinerlei Zweck, außer des bloßen Daseins. Manche Besucher suchten und fanden Öffnungen, in die sie Bonbonpapi­er oder andere Dinge reinstopft­en, aber keiner der Heizgeräte war an einen Kamin angeschlos­sen. Diese alten, teilweise in nicht allzu gutem Zustand dastehende­n Öfen haben Gerhard und Christian Gammer mit ihrem Gesellen Heiko Hecht sorgfältig abgebaut und dabei bis auf die kleinste Kachel genauesten­s protokolli­ert. Gut, nicht jeder Ofen ist ein Kachelofen, aber die überwiegen­de Mehrzahl der alten Heizungen war doch aus Kacheln zusammenge­setzt, mal grün, mal fast schwarz, gelb oder blau.

Veteranen-Öfen

Die Drei sind nicht nur erpicht darauf, neue Öfen zu bauen und zu verkaufen, sie zeigten begeistert von den Veteranen, die sich ihnen im Cavazzen präsentier­ten. Dass die mit Liebe und Sorgfalt an die empfindlic­hen Exponate herangehen würden, stand für die Sammlungsb­eauftragte Christiane Grembowicz schon bei der ersten Begehung durchs Museum außer Frage. Die leuchtende­n Augen der Ofenbauer und die bewundernd­en Berührunge­n mit den Kacheln sprachen wohl eine deutliche Sprache. Auch Geselle Heiko Hecht war kurz darauf Feuer und Flamme: „Man kann dabei so viel lernen, über den Ofenbau wie auch von der Geschichte“. Ein weiteres Erlebnis in seinem noch jungen Berufslebe­n, das ihm bestätige, dass er den richtigen Beruf gewählt habe, wie er zugab.

Aber wie nimmt man einen Kachelofen auseinande­r, der viele Jahrzehnte oder gar einige Jahrhunder­t herumsteht? Eigentlich mit wenigen Werkzeugen, die in Händen Ungelernte­r einen Ofen in kürzester Zeit zerstören würden: Spitzhamme­r, Klingenham­mer und Kachelhamm­er, Haumesser, Kachelzang­e, viel mehr braucht es fast nicht. Eine kleine Leiter, um oben nach innen langen zu können, einen Fotoappara­t und was zum Schreiben, um alles zu protokolli­eren, die Liebe zu Antikem und natürlich eine Portion Sachversta­nd.

Von Gips bis Guss ist alles dabei

Beim Abbau ergaben sich immer wieder Überraschu­ngen, denn die Öfen stammten ja aus ganz anderen Häusern und wurden hier nur zur Zier aufgestell­t. So entdeckten die Drei immer wieder, dass Materialie­n wie Binsen, Gerstengra­nne oder Stroh als Bindemitte­l verbaut worden war. Beim damaligen Ab- und Aufbau sind immer wieder Kacheln kaputtgega­ngen, aber die Art und Weise, wie die Menschen das kaschiert hatten, entlockte den Ofenbauern oft ein Lachen, manchmal aber auch Bewunderun­g. Denn selbst sie wurden immer wieder dabei ertappt, dass sich eine Kachel als „billiges“Gips-Imitat herausstel­lte, die doch so echt aussah oder gar eine eiserne Gussplatte, die sich als GipsPlagia­t herausstel­lte, aber als solches beim besten Willen nicht zu erkennen war. Als wertvoll haben sich für die Öfen Funde im Dachboden erwiesen, denn da gab es OriginalMu­ster für die Kacheln, die noch gut zu gebrauchen sind.

Eine Besonderhe­it war ein runder Ofen, der Löwenofen, den auseinande­rzubauen das Ende für alle Tage bedeutet hätte. „Der ist aus Gips, Alabaster, Scherben und einigen Kacheln gebaut, denn kann man nicht zerlegen, der würde irreparabe­l zerstört“, erzählte Christian Grammer. Kaputtmach­en wollen sie ihn natürlich nicht, also muss er den Raum und den Cavazzen mittels Kran aus einem Fenster heraus verlassen, um schließlic­h seinen gekachelte­n und in Einzelteil­e zerlegten Kollegen ins Depot folgen zu können.

 ?? FOTOS: CHRISTIAN FLEMMING ?? Alle Öfen im Cavazzen werden abgebaut und im Museumsdep­ot gelagert. Gerhard (links) und Christien Gammer (rechts) zerlegen mit ihrem Gesellen Heiko Hecht die Öfen Kachel für Kachel.
FOTOS: CHRISTIAN FLEMMING Alle Öfen im Cavazzen werden abgebaut und im Museumsdep­ot gelagert. Gerhard (links) und Christien Gammer (rechts) zerlegen mit ihrem Gesellen Heiko Hecht die Öfen Kachel für Kachel.

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