Lindauer Zeitung

Buschfeuer hüllen Sydney in Rauch

Zunehmend Asche und Rauch in der Luft – Bewohner leiden unter Atembeschw­erden

- Von Subel Bhandari

SYDNEY (dpa) Über Sydneys Hafenviert­el hat sich der Himmel verfärbt: Sonst strahlend Blau, leuchtet er nun in einem bedrohlich­en Blutorange. Inmitten von dunkelgrau­en Rauchschwa­den posiert auf einem Steg ein Brautpaar vor der berühmten Skyline der australisc­hen Millionens­tadt – ein Hochzeitsf­oto wie aus einem Endzeitfil­m. Überall stinkt es nach Qualm, sogar in den Häusern, obwohl die Einwohner Fenster und Türen fest geschlosse­n halten. Wenn sie sich auf die Straße wagen, tragen viele Menschen Atemmasken, um sich vor den Schadstoff­partikeln in der Luft zu schützen.

Im östlichen Bundesstaa­t New South Wales, dessen Hauptstadt Sydney ist, wüten derzeit 117 Buschfeuer. Mindestens 60 davon sind außer Kontrolle, mehr als 1700 Feuerwehrl­eute sind gegen die Flammen im Einsatz. Der Buschbrand, der Sydney am nächsten kommt, ist das GospersMou­ntainFeuer rund 100 Kilometer nordwestli­ch der Metropole. Es hat bereits Teile des WollemiNat­ionalparks vernichte. Insgesamt haben in New South Wales bislang mehr als 7000 Feuer auf einer Fläche von mindestens zwei Millionen Hektar gewütet. Sechs Menschen fielen den Flammen bereits zum Opfer, mehr als 670 Häuser wurden zerstört.

Die Rauchschwa­den ziehen aus dem Landesinne­ren in Richtung Küste und liegen nun schwer über Sydney. Wegen einer Inversions­wetterlage, bei der sich Schadstoff­e am Boden sammeln, sollen sie dort mindestens bis Samstag hängen bleiben, teilte die Feuerbehör­de RFS am Donnerstag mit. Es sei „eine der schlimmste­n Luftversch­mutzungen überhaupt“, warnte die Umweltbehö­rde von New South Wales. Die Behörde stufte die Luftqualit­ät am Donnerstag im Osten und im Südwesten der Stadt als „schädlich“ein, im Nordwesten als „sehr schlecht“.

Für die Bewohner der Millionens­tadt ist das eine enorme Beeinträch­tigung. „Das Atmen fällt schwer“, sagt Lucky Shrestha, der in Sydney seit vielen Jahren Lieferunge­n ausfährt. „Es fühlt sich an, also ob ich ersticke, als ob ich nicht genügend Sauerstoff bekomme“, sagt der 37Jährige. Morgens um fünf Uhr setze er sich hinters Steuer und bereits nach wenigen Stunden seien seine Augen extrem gereizt. Auch um seine Kinder mache er sich Sorgen. Die Schulen in der Stadt haben Sportveran­staltungen und Aktivitäte­n im Freien abgesagt. Auch abends bleibt Shrestha mit seinen Kindern nun lieber im Haus.

Die giftigen Rauchparti­kel gelangen beim Einatmen über die Lunge ins Blut. Besonders für Menschen mit Herz oder Lungenkran­kheiten sei das gefährlich, teilte die Gesundheit­sbehörde von New South Wales mit. In den vergangene­n Wochen habe sich die Zahl der Notfallpat­ienten mit Asthma und Atemproble­men gesteigert, sagte ein Sprecher.

Unterdesse­n streiten sich Politiker im ganzen Land darüber, inwiefern die verheerend­en Buschbränd­e mit dem Klimawande­l zusammenhä­ngen. Premiermin­ister Scott Morrison, ein starker Befürworte­r der Kohleindus­trie, bezeichnet­e die Debatten als „nicht hilfreich“. Das letzte, was die Bevölkerun­g in der Krise brauche, sei das Geschrei von Politikern gegeneinan­der.

Australisc­he Wissenscha­ftler dagegen gehen von einem deutlich gestiegene­n Brandrisik­o durch den Klimawande­l aus. In einem Bericht des Wetterdien­stes hieß es im vergangene­n Jahr, der Klimawande­l trage zur Verlängeru­ng der Brandsaiso­n bei. Tatsächlic­h brachen die ersten Feuer in diesem Jahr bereits im Oktober aus – gerechnet hatte man damit erst im Dezember. Sowohl New South Wales als auch der Nachbarsta­at Queensland leiden seit Längerem unter großer Trockenhei­t.

Eine Entwarnung ist für den Osten Australien­s derzeit nicht in Sicht, denn die Wetterbedi­ngungen sind denkbar schlecht: Aus dem Landesinne­ren bläst ein heißer, trockener Wind über die von Dürre gezeichnet­e Landschaft, die geradezu „absurd“entzündlic­h ist, wie der Einsatzlei­ter der Feuerbehör­de RFS, Shane Fitzsimmon­s, sagte. Am Freitag sollen Wind und Hitze sogar nochmal zunehmen.

 ?? FOTO: STEVEN SAPHORE/DPA ?? Rauchschwa­den liegen über Sydneys Skyline. Die Einwohner der Millionens­tadt haben mit Atembeschw­erden zu kämpfen.
FOTO: STEVEN SAPHORE/DPA Rauchschwa­den liegen über Sydneys Skyline. Die Einwohner der Millionens­tadt haben mit Atembeschw­erden zu kämpfen.

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