„Jede Begegnung verläuft anders“
LiveMultivisionsreportage von Fotograf Markus Mauthe am Montag, 9. Dezember, um 19.30 Uhr in der Inselhalle Lindau
LINDAU (lz) „An den Rändern des Horizonts Indigene Gemeinschaften und verborgene Schönheiten unserer Erde“heißt die LiveMultivisionsreportage von Fotograf Markus Mauthe, die er am Montag, 9. Dezember, um 19.30 Uhr in der Inselhalle Lindau zeigt. Die LiveShow zeigt einen spannenden Ausschnitt der kulturellen und ökologischen Vielfalt der Erde, zugleich ist Mauthe Chronist des Wandels, in dem die indigenen Gesellschaften heute begriffen sind. Wie bei den Awá im Amazonasgebiet: Pfeil, Bogen und traditionelle Kleidung sind bei ihnen keine bloße Dekoration, sondern zeugen von einem Leben im Einklang mit der Natur. Oder die magische Welt der Mundari im Südsudan, die in Symbiose mit ihren großhornigen Rindern leben. Die LZ unterhielt sich mit dem Fotografen.
Seit 30 Jahren sind Sie mit ihrer Kamera unterwegs und bringen faszinierende Bilder aus den verschiedensten Lebensräumen unserer Erde mit. Diesmal haben Sie vor allem Menschen in den Fokus Ihrer Arbeit gerückt und es sich zum Auftrag gemacht, indigene Gemeinschaften zu porträtieren. Wie kam es zu diesem Vorhaben?
Tatsächlich lag der Schwerpunkt meiner Arbeit in den vergangenen Jahren darauf, die Vielfalt und Schönheit der Natur abzubilden. Ich habe beispielsweise sehr viel in Wäldern gearbeitet. Meine Fotos habe ich immer gezielt genutzt, um auf die Veränderungen hinzuweisen, denen sie ausgesetzt ist. Das aktuelle Projekt nimmt nun die Perspektive derer ein, die allgemein noch enger mit der Natur verbunden sind, als der Großteil der Menschen heute. Es ist praktisch eine logische Fortsetzung meines bisherigen Tuns. Nun richte ich meinen Blick nicht nur auf die Natur und Umwelt, sondern auf die Menschen, die darin leben.
Welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrer Arbeit und was treibt Sie an?
Ich hatte und habe das Privileg, in meinem Leben viel reisen zu dürfen. Dies hat mir die Möglichkeit eröffnet, sehr viel von unserem wunderschönen Planeten erkunden zu können. Diese Erfahrung möchte ich in Form meiner Bilder und Berichte an andere weitergeben. Das Feuer meiner eigenen Begeisterung für die Schönheit und Vielfalt intakter Natur und deren Bewohner möchte ich mit meiner Arbeit bei möglichst vielen Menschen ebenfalls entfachen – sei es mit meiner Fotografie, bei meinen LiveReportagen oder in meinen Büchern. Denn nur was wir lieben und was uns gegenwärtig ist, das sind wir auch bereit zu schützen.
Sie haben für dieses Projekt 13 Reisen unternommen und haben 22 indigene Volksgruppen besucht. Nach welchen Kriterien haben Sie Ihre Auswahl getroffen?
Ich hatte zwei Ansätze. Zum einen wollte ich die ungeheure Anpassungsfähigkeit des Menschen darstellen, deshalb habe ich vier unterschiedliche Lebensräume ausgewählt: Wald, Grasland, Wasser und Eis. Dafür war ich in Afrika, in Asien, am Nordpolarkreis und in Südamerika unterwegs. Ich versprach mir davon eine ungeheure Fülle an spannenden Geschichten und Motiven, denn das Leben im heißen Tropenwald erfordert natürlich ganz andere Fähigkeiten als das Überleben bei 50 Grad unter Null im arktischen Norden der Erde. Außerdem wollte ich kulturelle Besonderheiten dokumentieren wie die Gesichtstätowierungen der ChinFrauen in Myanmar.
Wie war es möglich, die Menschen vor Ort kennenzulernen?
Jede Begegnung verläuft anders und folgt doch einem gewissen Protokoll. Es macht natürlich einen großen Unterschied, ob man zu Menschen reist, die an Touristen gewohnt sind, oder Dörfer besucht, die eher weniger Kontakt mit Besuchern aus anderen Kulturkreisen haben. Grundsätzlich habe ich immer einen einheimischen Guide bei mir, der mit den korrekten Verhaltensweisen innerhalb der besuchten Gemeinschaften vertraut ist, und natürlich auch deren Sprache spricht. Wo es möglich war, sind wir über einen Zeitraum von mehreren Tagen in den Dörfern und Gemeinschaften geblieben. Dabei haben wir immer versucht, den nötigen Ausgleich zu suchen zwischen nah genug für unsere Dokumentation und respektvoller Distanz, um nicht aufdringlich zu sein.
Einige Destinationen haben Sie nicht zum ersten Mal besucht. Wie haben Sie es erlebt, dorthin zurückzukehren?
Ich habe das Projekt mit dem südlichen Afrika begonnen, weil es mir von meiner ersten Afrikareise Anfang der 90'er Jahre vertraut war. Da bisher ja eher Landschaften und Tiere mein fotografisches Metier waren, hatte ich durchaus Respekt vor der Herausforderung, mich nun drei Jahre lang mit Menschen zu beschäftigen. Da tat es gut, nicht mit etwas gänzlich Unbekanntem zu beginnen, und so habe ich die San und Himba besucht. Schon diese erste Reise hat gezeigt, was sich dann wie ein roter Faden durch die gesamte Arbeit gezogen hat: Die Welt ist in einem rasanten Wandel, und kaum etwas bleibt wie es ist. Die Kultur der San findet praktisch nur noch in Schaudörfern für Touristen statt, und die Himba kämpfen im nördlichen Namibia um das Überleben ihrer Rinder, weil es im Mittel in dieser sowieso schon trockenen, ariden Gegend immer weniger regnet.
Gab es indigene Gemeinschaften, die Sie besonders beeindruckten?
Beeindruckt war ich eigentlich von allen Besuchen. Der Großteil dieser Menschen lebt unter Bedingungen, die für uns, mit unserem westlichen Lebensstil, kaum erträglich wären. Sei es wegen des Mangels an sauberem Wasser oder einer ausgewogenen Ernährung, extremen Umweltbedingungen wie Hitze oder Kälte, oder dem Fehlen von praktisch jeglicher Bequemlichkeit. Die Volksgruppe der Mundari lebt im Südsudan nur wenige Autostunden von der Hauptstadt Juba entfernt. Diese Weltregion kennt seit vielen Jahrzehnten nur den Zustand des bewaffneten Konflikts. Trotzdem ist die Gemeinschaft der Mundari bis heute in ihren sozialen und kulturellen Strukturen intakt. Sie leben in enger symbiotischer Verbindung mit ihren großhornigen Rindern, worüber sie auch ihre kulturelle Identität definieren.