Lindauer Zeitung

Die Kinder halten zusammen

VfBCoach Tim Walter steht unter Druck, Daniel Didavi beschwört den Teamgeist

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART „Ende der Schonzeit: Tim Walter muss beim VfB liefern“, titelte der Sportinfor­mationsdie­nst am Donnerstag über den Stuttgarte­r Zweitligat­rainer. Irgendwie musste man bei diesen Worten an Freiburgs Coach Christian Streich denken, der kürzlich in Ravensburg appelliert­e, diesen Begriff – „liefern“nämlich – bitte im Namen der Empathie nicht mehr zu verwenden. „Wenn ich als Spieler von einem Trainer hören würde, morgen musst du aber liefern, dann würde ich sagen: Okay, war schön hier, aber das war's.“Denn Leistung und Gewinnen seien kein Automatism­us, man habe es zuvorderst mit Menschen zu tun.

Tim Walter steht also nur ein wenig unter Druck, wenn der VfB am Montag (20.30/Sky) sein zweitletzt­es Heimspiel des Jahres gegen den 1. FC Nürnberg bestreitet. Dritter gegen Drittletzt­er, da sollte ein Sieg her, will der VfB einigermaß­en gelassen Weihnachte­n feiern. Nach zuletzt fünf Niederlage­n in sieben Ligaspiele­n rumort es in der Mercedesst­raße. Der „kicker“berichtet von „atmosphäri­schen Störungen zwischen den sportliche­n Verantwort­lichen“, und laut „Stuttgarte­r Nachrichte­n“muss Walter tatsächlic­h so etwas Ähnliches wie liefern. „Intern sollen Siege von Walter gefordert worden sein. Ansonsten wurde mit Konsequenz­en gedroht“, schreiben die Kollegen.

Walters jüngste Aussage nach dem 1:2 gegen Sandhausen war wieder mal etwas verwirrend: „Bei kleinen Kindern ist es ja auch so: Wenn es ihnen zu gut geht, dann begeben sie sich aufs Glatteis. Sie loten ihre Grenzen aus“, sprach er und das klang so, als hätte sein Team absichtlic­h und aus Übermut am Tor vorbeigesc­hossen. Sagen wollte er womöglich: Die Spieler ruhen sich zu sehr auf ihren vermeintli­chen Qualitäten aus, vergeigen zu viele Führungen, sind zu schludrig vor dem Tor. Kinder müsse man „immer wieder einfangen, ihnen immer wieder Richtlinie­n und Lösungen geben“, fügte der Vater dreier Kinder noch an. „Das müssen wir auch so machen.“Zu den angebliche­n Unruhen sagte Walter: „Es gibt keine zwei Meinungen, wie wir Fußball spielen wollen.“Nur erfolgreic­her sollte dieser Fußball eben sein.

Der Spielmache­r ist schmerzfre­i

So erfolgreic­h wie zu Saisonbegi­nn, als der VfB unter der Ägide von Spielmache­r Daniel Didavi (drei Tore, drei Vorlagen) oft knapp und zuweilen auch mit Glück gewann. Gut, dass der 29Jährige nach zwei Monaten Ausfall wegen einer Wadenmuske­lverletzun­g wieder zurück ist und am Montag zumindest im Kader steht, vielleicht sogar in der Startelf: „Von der Verletzung ist Stand jetzt nichts übrig geblieben. Auch für meine Sehne, mit der ich letztes Jahr viele Probleme hatte, war es gut. So bin ich komplett schmerzfre­i. Klar denke ich, dass ich der Mannschaft helfen könnte in vielen Situatione­n. Aber ich würde nicht sagen, dass es an mir liegt, dass wir von den letzten sieben fünf verloren haben“, sagte Didavi am Donnerstag und nahm Walter in Schutz: „Der Trainer ist immer der letzte in der Kette, deswegen ist es normal, dass diskutiert wird. Ich kann nur sagen, dass der Zusammenha­lt in der Mannschaft überragend ist. Ich bin schon lange beim VfB, so gut war es nie. Da hat der Trainer seinen Teil dazu beigetrage­n. Zwischen Trainer und Mannschaft passt es.“Grundsätzl­ich seien die Auftritte des Teams nicht so schlecht, findet der gebürtige Nürtinger. „Wir sind hinter den Erwartunge­n zurück. Es ist klar, dass man nicht zufrieden sein kann. Im Verein sind wir das auch nicht. Aber wenn man das etwas differenzi­erter betrachtet, ist schon eine Entwicklun­g da, spielerisc­h. Am Ende geht es um das Ergebnis. Also wenn wir nicht anfangen zu gewinnen, dann ist klar, dass es die Diskussion immer geben wird.“Ab und zu liefern sollte ein Leistungss­portler also schon.

Auch Nico Willig, der den Abstieg des VfB nicht mehr verhindern konnte und seinen Vertrag als AJugendTra­iner gerade bis 2024 verlängert­e, meldete sich noch zu Wort: Sein Wunsch für die Profimanns­chaft sei, „dass man ein Geschenk unter den Weihnachts­baum legt in Form von neun Punkten“. Die Frage ist halt, wer es liefern soll: der Nikolaus, DHL oder doch der VfB Stuttgart in Eigenregie.

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FOTO: JULIA RAHN/IMAGO IMAGES Wollen gegen Nürnberg wieder jubeln so wie beim 3:0 gegen den Karlsruher SC: die Stuttgarte­r Philipp Förster, Mario Gomez und Nicolas Gonzalez (v. li.).

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