Kulturmuffel
Sie müsse sich erst einmal einarbeiten, dann werde sie Kommentare abgeben, erklärte Olga Ljubimowa dem Telegram-Kanal Podjom. „Gesonderte Kommentare wird es zum Lifejournal geben.“Russland ist gespannt, was die neue Kulturministerin zum Sozialportal Lifejournal sagen wird. Dort ist von ihr nur eine leer geräumte Seite geblieben.
Im Internet aber kreisen seit Tagen Posts aus den Jahren 2008 bis 2010, die Blogger auf Archivseiten entdeckt haben – und die nach allgemeiner Ansicht von Ljubimowa stammen. Darin gesteht sie, sie sei „verflixt noch mal kein Kulturmensch“, könne Opern nicht ausstehen, Ballett, klassische Musik oder Museen ebenso wenig. Sie spottet über Freunde, die an die Zivilgesellschaft glauben, schwärmt von Kiffen, Saufen und Erbrechen, gesteht, sie lüge oft, „offiziell“oder „hinreißend“.
Olga Ljubimowa ist 39 und damit das jüngste Kabinettsmitglied der neuen russischen Regierung. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Ljubimowa stammt aus der Moskauer Intelligenzija, ihr Vater ist Theaterwissenschaftler, die Mutter Schauspielerin. Sie hat Theaterwissenschaft und Journalistik studiert, als TV-Reporterin Filme über die Russisch-Orthodoxe Kirche gedreht, wechselte 2015 ins Kulturministerium, dann wieder zum Staatsfernsehen. Seit 2018 leitet sie die Film- und Kinoabteilung des Kulturministeriums.
Jetzt wird die neue Ministerin von der liberalen Moskauer Intelligenzija als zynisch-tumber Kulturmuffel verrissen. Aber man mag ihr zugutehalten, dass die Zeit ihrer Verbaltollheiten über zehn Jahre zurückliegt.