Lindauer Zeitung

Herz kontra Vernunft

- Von Wolfgang Mulke journal@schwaebisc­he.de

Eine der stärksten Lobbygrupp­e für die freie Fahrt auf deutschen Autobahnen gerät ins Wanken. Das könnte bald in ein gene- relles Tempolimit münden. Der ADAC ist zwar bloß ein Verein für Autofahrer, der verschiede­ne Dienstleis­tungen für seine Clubmitgli­eder vorhält. Doch der Club sieht sich auch als politische­r Vertreter seiner 21 Millionen Mitglieder. Allein diese Masse, die sich am Ende auch in Wählerstim­men bemerkbar machen kann, macht den ADAC zu einem einflussre­ichen Spieler auf dem Feld der Politik.

Bisher stand der Club fest zusammen gegen ein flächendec­kendes Tempolimit. Wenn der Club die Präferenz nun auf „neutral“stellt, spiegelt dies einen Bewusstsei­nswandel wider. Längst begreift sich auch ein großer Teil der ADAC-Mitglieder nicht mehr als PS-Junkie, sondern als verantwort­ungsvoller Autofahrer. In der Gesamtbevö­lkerung

findet sich ohnehin schon eine Mehrheit für ein Tempolimit.

Mit der Forderung nach einer weiteren wissenscha­ftlichen Studie stiehlt sich der ADAC aber auch aus der Affäre, statt für eine klare Haltung zu stehen. Es ist eines der großen emotionale­n Themen dieser Zeit. Es gibt viele Autofahrer, denen hohe Geschwindi­gkeiten eine Herzensang­elegenheit sind. Es macht Spaß und bringt einen Zeitgewinn. Es gibt eine Industrie, die vor allem vom Verkauf leistungss­tarker Modelle lebt. Die Vernunft spricht eine andere Sprache. Rasen erhöht die Unfallgefa­hr, sorgt für einen höheren CO2-Ausstoß und erhöht auch die auf der Autobahn entstehend­en Konflikte zwischen langsamere­n und schnellere­n Fahrern. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Vernunft gegen das Herz durchsetzt.

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