Herz kontra Vernunft
Eine der stärksten Lobbygruppe für die freie Fahrt auf deutschen Autobahnen gerät ins Wanken. Das könnte bald in ein gene- relles Tempolimit münden. Der ADAC ist zwar bloß ein Verein für Autofahrer, der verschiedene Dienstleistungen für seine Clubmitglieder vorhält. Doch der Club sieht sich auch als politischer Vertreter seiner 21 Millionen Mitglieder. Allein diese Masse, die sich am Ende auch in Wählerstimmen bemerkbar machen kann, macht den ADAC zu einem einflussreichen Spieler auf dem Feld der Politik.
Bisher stand der Club fest zusammen gegen ein flächendeckendes Tempolimit. Wenn der Club die Präferenz nun auf „neutral“stellt, spiegelt dies einen Bewusstseinswandel wider. Längst begreift sich auch ein großer Teil der ADAC-Mitglieder nicht mehr als PS-Junkie, sondern als verantwortungsvoller Autofahrer. In der Gesamtbevölkerung
findet sich ohnehin schon eine Mehrheit für ein Tempolimit.
Mit der Forderung nach einer weiteren wissenschaftlichen Studie stiehlt sich der ADAC aber auch aus der Affäre, statt für eine klare Haltung zu stehen. Es ist eines der großen emotionalen Themen dieser Zeit. Es gibt viele Autofahrer, denen hohe Geschwindigkeiten eine Herzensangelegenheit sind. Es macht Spaß und bringt einen Zeitgewinn. Es gibt eine Industrie, die vor allem vom Verkauf leistungsstarker Modelle lebt. Die Vernunft spricht eine andere Sprache. Rasen erhöht die Unfallgefahr, sorgt für einen höheren CO2-Ausstoß und erhöht auch die auf der Autobahn entstehenden Konflikte zwischen langsameren und schnelleren Fahrern. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Vernunft gegen das Herz durchsetzt.