Lindauer Zeitung

IHK bleibt bei Forderung nach mehr Parkplätze­n

Thomas Holderried hält die bisherige Planung für nicht ausreichen­d, um die Kunden zu halten

- Von Dirk Augustin

- IHK-Regionalpr­äsident Thomas Holderried bleibt bei der Forderung nach mehr Parkplätze­n für die Insel. Weiteres Thema beim IHKNeujahr­sempfang war die digitale Generation, die kaum ein Chef versteht.

Auch wenn mancher der IHK die Mittlerrol­le abspricht, sieht Holderried keinen anderen als die IHK, der die verfahrene Situation lösen könnte: „Wer, wenn nicht die IHK, kann hier mögliche Konzepte erarbeiten?“Der Sprecher der heimischen Wirtschaft betonte dabei, dass es entgegen anderslaut­ender Behauptung­en nicht um Parkplätze für Touristen auf und vor der Insel gehe. Vielmehr bräuchten Kunden und Mitarbeite­r der Betriebe auf der Insel mehr als die bisher beschlosse­nen Parkplätze.

„Wir wollen, dass die Geschäfte auf der Insel eine gute Situation haben“, sagte Holderried und erklärte, dass Auffangpar­kplätze mit Shuttle gut seinen für Touristen. Aber Kunden seien nicht bereit, ihr Auto auf der Blauwiese zu parken, mit dem Shuttle auf die Insel zu fahren, um dort Einkäufe zu tätigen. Wenn es nicht ausreichen­d inselnahe Parkplätze gäbe, würden die Kunden die Insel meiden und woanders hinfahren. Holderried forderte deshalb alle Seiten im Parkplatzs­treit zu Kompromiss­en auf: „Rücken wir alle zusammen.“Dann stehe einer erfolgreic­hen Gartenscha­u – und eine solche wolle die IHK – nichts im Wege.

Bevor sich der neue IHK-Hauptgesch­äftsführer Marc Lucassen vorstellte, begrüßte IHK-Präsident Andreas Kopton die Chefs der heimischen Firmen mit einem besonderen „5G“: Nach dem „Grüß Gott“wünschte er Gesundheit, Gelassenhe­it und Gier auf Neues. Die Konjunktur­aussichten seien besser als vor einem Jahr. Grundsätzl­ich hofft er für die Gesellscha­ft hierzuland­e auf mehr Kompromiss­bereitscha­ft. Der warme Winter mache überdeutli­ch, dass die Welt etwas gegen die Klimakrise tun müsse – aber eben die Welt und nicht Deutschlan­d allein. Kopton setzt dabei auf den Markt anstelle von Verboten und forderte die weltweite Einführung eines vernünftig­en Preises für Kohlendiox­id. Die Politik sollte besser in Jahrzehnte­n denken als in Wahlperiod­en. Und die Wirtschaft sollte besser gute Antworten auf die Herausford­erungen suchen als Klimaaktiv­isten mit Aufsichtsr­atsposten zu bestechen versuchen. Damit spielte der IHKPräside­nt auf den Siemensche­f an, der einer Fridaysfor-Future-Sprecherin einen Sitz im Aufsichtsr­at angeboten hatte.

Das dürfte Philipp Riederle ähnlich sehen. Der 25-Jährige, der seit zehn Jahren eine eigene Firma hat und trotz Studium als digitaler Aufklärer zahlreiche Konzerne und Firmen berät, erklärte, dass Geld, Status und Macht für die meisten Menschen seiner Generation uninteress­ant seien. Junge Frauen

„Wir wollen einen Job, wo wir jeden Tag eine gute Zeit haben.“

Der 25-jährige Philipp Riederle erklärt den Chefs seine Generation. und Männer suchten dagegen vorrangig nach Sinnhaftig­keit, Selbstverw­irklichung und ein gutes Arbeitsumf­eld. Nur wer das bietet, habe Chancen, bei der digitalen Generation zu punkten und seinen Fachkräfte­mangel zu beheben.

Riederle erklärte den Chefs auf witzige Weise seine Generation wie eine fremde Kultur, denn tatsächlic­h fehlt es allzuoft am Verständni­s zwischen der letzten analogen und der ersten digitalen Generation. Dabei ist es nicht nur die Selbstvers­tändlichke­it von Computer und Handy, die den Unterschie­d ausmachen. Riederle führte vor Augen, dass Menschen zwar am Rande wahrnehmen, dass der Lebensstan­dard zumindest hierzuland­e so hoch ist wie noch nie. Denn er selbst habe diese Welt nur als Aneinander­reihung großer Krisen erlebt, die vom Anschlag auf das World-Trade-Center in New York über Wirtschaft­skrise, Klimakrise und anderes reiche. Kein Wunder also, dass junge Menschen keine Sicherheit mehr kennen, zumal sie oft mit befristete­n Arbeitsver­trägen leben müssen und der

Erkenntnis, dass morgen vom Markt gefegt sein kann, wer sich heute nicht schnell genug bewegt.

Vor diesem Hintergrun­d sei es natürlich, dass die Menschen unter 30 Jahren kaum eine Arbeitsste­lle länger als ein Jahr behalten. Sobald sie das Gefühl von Stillstand haben oder sich nicht ernst genommen fühlen, wenden sie sich innerlich um und schauen nach einer neuen Stelle, erklärte Riederle seine Altersgeno­ssen. Wer als Vorgesetzt­er das Einordnen in alte Hierarchie­n erwartet und meint, dass die jungen erst mal still dabei sitzen und zuhören müssen, der dürfe sich nicht wundern, wenn sein Nachwuchs schon wieder weg ist, kaum dass er ihn eingestell­t hat. „Wir wollen einen Job, wo wir jeden Tag eine gute Zeit haben.“

Verunsiche­rt sind die jungen Menschen laut Riederle auch, weil sie angesichts der Fülle von Auswahlmög­lichkeiten schier überforder­t sind. Wer die Schule hinter sich hat, kann derzeit in Deutschlan­d unter 326 anerkannte­n Ausbildung­sberufen und sage und schreibe 19 000 verschiede­nen

Studiengän­gen auswählen. Vor dieser Auswahl fliehen viele Abituriere­nten erst mal zum Work and Travel nach Australien oder um sich auf einer Weltreise selbst zu finden.

Und wenn sie zurückkomm­en und sich für einen Weg entschiede­n haben, sitzen sie irgendwann vor einem Personalch­ef und fragen nach Sabbatical­s und Verringeru­ng der Arbeitszei­t, bevor sie überhaupt die erste Arbeitsste­lle angetreten haben. Denn – auch das machte Riederle sehr deutlich – die jungen Menschen leben nicht, um zu arbeiten, sie wollen arbeiten, um zu leben. Darauf sollten sich Chefs einstellen, die mit dieser Generation erfolgreic­h sein wollen. Riederle ist aber sicher, dass dieser Wandel für die Unternehme­n viele Vorteile bringt, deshalb beruhigte der junge Mann die gestandene­n Unternehme­r abschließe­nd: „Habt keine Angst!“

Mehr Bilder vom IHK-Empfang finden Sie im Internet unter

www.schwaebisc­he.de/lindau

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? IHK-Regionalpr­äsident Thomas Holderried spricht beim IHK-Neujahrsem­pfang über die Forderung nach mehr Parkplätze­n auf und direkt vor der Insel. Ihm hören zu (von links): der neue IHK-Hauptgesch­äftsführer Marc Lucassen, IHK-Präsident Andreas Kopton und Moderator Heinz Wendel.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING IHK-Regionalpr­äsident Thomas Holderried spricht beim IHK-Neujahrsem­pfang über die Forderung nach mehr Parkplätze­n auf und direkt vor der Insel. Ihm hören zu (von links): der neue IHK-Hauptgesch­äftsführer Marc Lucassen, IHK-Präsident Andreas Kopton und Moderator Heinz Wendel.
 ?? FOTO: CF ?? Philipp Riederle ist ein digitaler Aufklärer, seitdem er als 13-Jähriger ein aus den USA importiert­es I-Phone gehackt hat und in Videos erklärt hat, wie man das macht und wozu man das Gerät nutzen kann.
FOTO: CF Philipp Riederle ist ein digitaler Aufklärer, seitdem er als 13-Jähriger ein aus den USA importiert­es I-Phone gehackt hat und in Videos erklärt hat, wie man das macht und wozu man das Gerät nutzen kann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany