Botschafter der guten Laune
VfB-„Wundermann“Sundermann wird 80 – Ein wichtiger Mensch wird dabei fehlen
(dpa/sz) - Jürgen Sundermann lächelt verschmitzt, als er erzählt, wie er in den 1960er-Jahren seine Frau Monika kennengelernt hat. Er war Spieler bei Hertha BSC und Monika Nehls, wie sie damals noch hieß, stand mit ihrem Karmann Ghia Cabrio neben dem Platz. Der technisch beschlagene Sundermann sah sie, fing Feuer – und zirkelte den Ball in hohem Bogen hinter die Sitze des Flitzers. „Da musste ich den Ball natürlich wieder holen und schon waren wir im Gespräch.“51 Jahre ist er nun mit der Frau verheiratet, die später TV-Assistentin von Hans Rosenthal in „Dalli-Dalli“werden sollte. Am heutigen Samstag feiern sie an ihrem Wohnort Leonberg bei Stuttgart seinen 80. Geburtstag.
Taktik war nicht sein Ding
So wie damals ist Sundermann noch heute: kontaktfreudig, direkt – und stets um gute Laune bemüht. Das war ihm schon als Coach des VfB immer wichtig – insbesondere zwischen 1976 und 1979, als er die Brustring-Truppe aus der zweiten Liga zurück in die Bundesliga und dort zu
Platz zwei führte. Noch heute fällt schnell das Wort vom Motivator und „Wundermann“, wenn Stuttgarter über ihn sprechen.
Hurra-Fußball ließ er spielen – und die Fans kamen in Scharen ins Neckarstadion. Seine Spieler seien alles junge Leute mit einer „unheimlichen Motivation“gewesen, erklärt Sundermann. „Die haben immer nur nach vorne gespielt.“Hinten hatte er die Förster-Brüder, im Mittelfeld den Spielmacher Hansi Müller, davor Dieter Hoeneß und Ottmar Hitzfeld. Taktik und Gegneranalysen waren dagegen nicht sein Ding. „Das ist dann auch manchmal in die Hose gegangen“, räumt der frühere rechte Läufer von Viktoria Köln und Hertha BSC ein, der mit dem FC Basel zweimal schweizer Meister wurde und im März 1960 unter Sepp Herberger beim 2:1 gegen Chile sein einziges Länderspiel absolvierte. Der habe danach gesagt, „ich sei für die Mannschaft zu gut und würde die anderen demoralisieren“, witzelt Sundermann.
Seine Spieler ließen sich gerne von ihm antreiben, denn „Freude und Begeisterung war mir immer das
Wichtigste“. Er habe die Elf „heiß gemacht, das war das Sundermann'sche Hochamt“, sagte einmal der 2015 verstorbene frühere VfBPräsident Gerhard Mayer-Vorfelder.
Sorge um die aktuelle Entwicklung
Er habe viel Glück im Leben gehabt, hat Sundermann schon häufig erzählt. Wenn da nur nicht der Tod seines Sohnes Leif im vergangenen Jahr gewesen wäre. Sundermann senior schweigt kurz, als sein Name fällt. Er wirkt sehr traurig und scheint mit den Gedanken weit weg zu sein. Leif, ein Sportjournalist, sei alkoholkrank gewesen. „Das Schlimme war diese Hilflosigkeit“, erklärt Sundermann. Mit zusehen zu müssen, wie sich der eigene Sohn selbst schadet. „Wenn du weißt, du kannst ihn nicht vom Alkohol abbringen.“Bei der Geburtstagsfeier dabei sein wird aber Leifs Bruder Marc.
Auch Europameister Hansi Müller ist eingeladen. Er weiß um die Trauer, kann sich aber auch gut an die alten Zeiten erinnern. Wie es Sundermann gelang, mit seiner menschlichen Art auch die Ersatzspieler
bei Laune zu halten. „Er hat allen das Gefühl geben, dass sie wichtig sind.“Und Demut eingefordert, sagt Müller. „Tut die Birne nach oben. Ihr habt euer Hobby zum Beruf gemacht, da könnt ihr dankbar sein“, habe er mal zu einem Spieler gesagt.
Beim aktuellen Zustand seines VfB fällt es aber auch Sundermann schwer, gute Laune zu bewahren. Schuld an dem Absturz in die 2. Liga seien die vielen Wechsel in der Clubführung und bei den Trainern, meint Sundermann. „Sehr skeptisch“sei er, was die direkte Rückkehr in die Bundesliga angeht. „Ich sehe in dem Team keine Begeisterung.“
Dafür freuen sich offenbar noch immer viele Menschen, die „Sund“treffen, wenn er als Scout des VfB über die Dörfer zieht. Da spielt es auch keine Rolle, dass er bei seinem zweiten Engagement in Stuttgart 1980 bis 1982 und bei einer kurzen Rückkehr am Ende der Saison 1994/ 1995 nicht mehr ganz den Erfolg der 1970er Jahre hatte. „Ich war nie überheblich und link“, betont Sundermann: „Es ist schön, wenn sich die Leute positiv an früher erinnern.“