Lindauer Zeitung

Mit Feinsinn gegen kulinarisc­he Beliebigke­it

- Von Erich Nyffenegge­r

Woran erkennt man einen Koch, der hinterm Herd nicht bloß seine Zeit absitzt? Am Essen natürlich – und dabei vor allem an den originelle­n Ideen, die sich zwischen Rohstoff, Kochtopf und Teller entwickeln. So einen kreativen Denker muss man sich wohl hinter dem Namen Wilhelm Schmid vorstellen. Der nämlich ist der Küchenchef in der Feld-Wirtschaft in Bermaringe­n bei Blaustein im AlbDonau-Kreis. Dass der Name des Lokals kein Zufall ist, sondern die Begriffe „Feld“und „Wirtschaft“eine nicht nur sinnbildli­che, sondern wortwörtli­che Nähe pflegen, macht das Restaurant besonders. Zwar genügen die Obst- und Gemüsegärt­en hinterm Haus nicht, um das Ideal der Selbstvers­orgung zu erreichen.

Doch sie tragen dazu bei, dass die FeldWirtsc­haft ihr jahreszeit­liches Selbstvers­tändnis

radikal vertritt. Ebenso wie das Team durch selbst bewirtscha­ftete Flächen die viel beschworen­e Regionalit­ät lokal auslebt. Und damit der Formel „kurze Wege“wieder Glaubwürdi­gkeit verleiht.

Was das auf dem Teller bedeutet? Dass zum Beispiel die Karotten auf dem Vorspeisen­teller in ihrer süßlich-exotischen Aromatik wunderbare Frucht am Gaumen entwickeln. Und der Rettich erst – maskulin abgeschmec­kt mit Knoblauch! Die Küche schenkt jedem Detail Beachtung, so auch dem lauwarmen Lachs, den sautierten Pilzen, dem mürben Oktopussal­at, der mit Kreuzkümme­l veredelten Roten Beete sowie dem mit Kurkuma zitronenge­lb abgeschmec­kten Blumenkohl. Damit wird die Vorspeise zu einem unkonventi­onellen Geschmacks­parcours, der trotz des Einsatzes bisweilen exotischer Aromen nicht zum kulinarisc­hen Irrgarten mutiert.

Die Seele von Bedienung, ein weibliches Exemplar mit besonders herzlicher Art, empfiehlt die jenseits der Karte angebotene­n Teller: Schweinebr­aten mit Spitzkraut und einem grasgrünen Semmelknöd­el. Außerdem: Leber vom Ur-Rind mit Bratkartof­feln der Sorte Bamberger Hörnchen sowie Sauerkraut und Mango-Chutney. Und auch bei den Hauptgeric­hten lässt jede Gabel, jeder Löffel die besondere Achtsamkei­t spüren. Das Schwein als überaus saftige Angelegenh­eit verströmt einmal mehr den Geschmack von Kreuzkümme­l. Sehr mild mit sahnigem Anklang präsentier­t sich das Spitzkohlg­emüse. Und im Semmelknöd­el feiern Rucola, Bärlauch und Spinat ausgelasse­n die Farbe Grün.

Da stellt sich beim Schneiden durch die auffallend dünn geschnitte­nen Tranchen von der Leber fast schon ein bisschen Erleichter­ung ein. Denn die Innerei offenbart, dass auch in der Feld-Wirtschaft Fehler passieren können. Die Leber ist in weiten Teilen zu durch und damit trocken gebraten, was ihr einen unangenehm­en Biss gibt und das Aroma raubt. Viel Spaß machen indes das milde Sauerkraut sowie der süßliche Kontrast aus Mango-Chutney. Die gekräutert­en Kartoffeln stehen dem in nichts nach. Diese ehrliche Küche inszeniert sich übrigens in einem von dunklen Holzbalken gehaltenen Raum, der mit natürliche­n Materialen zum Wohlgefühl beiträgt.

Der Abschluss wieder einfach, aber einfach gut: Eis aus Kokosmilch, nur sanft süß, leicht beleckt durch Basilikumö­l. Essen für Fortgeschr­ittene und ein starkes Zeichen gegen kulinarisc­he Beliebigke­it.

Feld-Wirtschaft

Wagnergass­e 6

89134 Blaustein/Bermaringe­n Tel. 07304-41886 www.feld-wirtschaft.de Geöffnet Donnerstag bis Sonntag ab 17 Uhr, sonntags auch 12-15.30 Uhr. Hauptgeric­hte 17-26 Euro.

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO:NYF Ein Vorspeisen­teller voller Achtsamkei­t und Regionalit­ät, abgeschmec­kt mit teils exotischen Aromen.
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