Lindauer Zeitung

Kinderarzt wappnet sich für Coronaviru­s

Praxen bereiten sich auf Krankheit und besorgte Eltern vor – Gesundheit­samt gibt

- Von Evi Eck-Gedler und Julia Baumann

- Noch hat er Urlaub. Aber wenn der Lindauer Kinderarzt Dr. Harald Tegtmeyer-Metzdorf seine Praxis wieder öffnet, dann will er gewappnet sein für den Ernstfall, der da heißt: Coronaviru­s. Zwar gibt es laut Landratsam­t in Lindau noch keine Infektion mit dem neuartigen Virus. Doch der Mediziner geht davon aus, dass sehr schnell einige Eltern mit kranken kleinen Kindern nach den Ferien nächste Woche in seiner Praxis stehen – mit der Angst, dass sich der Nachwuchs beispielsw­eise im Skiurlaub in Südtirol angesteckt hat. Das Lindauer Gesundheit­samt appelliert unterdesse­n an die Menschen, sich vorsichtig zu verhalten, um eine Ausbreitun­g des Virus im Kreis Lindau möglichst lange zu vermeiden.

Nein, Grund zur Panik gebe es nicht, sagt Tegtmeyer-Metzdorf ganz ruhig im Gespräch mit der LZ. Sorgen macht sich der Lindauer Mediziner dennoch: „Es ist schon zu befürchten, dass es in Bälde erste Fälle von Coronaviru­s-Erkrankung­en auch hier in der Region geben wird.“Und das bedeute: Die im Kreis Lindau „eh schon am Limit arbeitende­n Kinderarzt­praxen“werden einen Ansturm erleben, von dem sie noch nicht wissen, wie sie diesen stemmen sollen.

Weil er die momentanen Faschingsf­erien in Bayern für eine kurze Auszeit nutzt, hat TegtmeyerM­etzdorf am Montag „vorsichtsh­alber“eine Bestellung aufgegeben: Masken, Kittel und Kopfschutz lässt er sich liefern, damit er und sein Praxisteam einen gewissen Schutz haben, falls das Coronaviru­s bis in den Lindauer Raum vordringt. „Eigentlich müsste ja das Gesundheit­samt uns Ärzte ausrüsten“, denkt der Kinderarzt laut nach. Zwar ist die Behörde mit den Ärzten im Landkreis in Kontakt, hat Ende Januar erste Informatio­nen zum neuen Virus herausgege­ben. Aber eben keinen praktische­n Schutz. Der Arzt ist froh, dass er sich Anfang der Woche selbst gekümmert hat. Denn jetzt, drei Tage später, sind die Großhändle­r nach seinen Worten ausverkauf­t.

Klar ist für Tegtmeyer-Metzdorf: „Für uns Ärzte und Praxismita­rbeiter besteht ein erhöhtes Risiko.“Und fügt später mit ernstem Unterton an: „Am Coronaviru­s wird sich von den Ärzten und Schwestern fast jeder anstecken.“Das sieht der Arzt durchaus mit Sorge, schließlic­h sind er selbst und sein Lindauer Kollege Klaus Adams beide Mitte 60, zählen also bereits zur Risikogrup­pe, bei denen eine Corona-Ansteckung schwerer verlaufen könnte. „So ganz kalt lässt mich das nicht“, gibt TegtmeyerM­etzdorf zu angesichts seiner Überzeugun­g, dass „die ersten Virusträge­r sicher schon unter uns sind“.

Für wichtig hält es der Kinderarzt jetzt, dass die Eltern Ruhe bewahren, wenn ihr Kind Fieber bekommt oder hustet. Echte Grippefäll­e hat er in diesem Jahr schon einige in seiner Praxis gehabt, von der Anzahl her „etwa auf dem gewohnten Niveau der Vorjahre“. Doch angesichts der vielen Berichte in den Medien über die Ausbreitun­g des Coronaviru­s geht Tegtmeyer-Metzdorf davon aus, dass ab Montag zusätzlich viele besorgte Eltern mit ihrem Nachwuchs in die Praxis drängen. „Sie sollten aber nur bei schweren Krankheits­fällen kommen – und auf jeden Fall nur nach telefonisc­her Voranmeldu­ng“, so der Appell des Mediziners.

Auch im Lindauer Landratsam­t kommt die Unsicherhe­it der Bürger bezüglich des Coronaviru­s an. Auf Anfrage der Lindauer Zeitung verschickt das Landratsam­t konkrete Anweisunge­n, was bei einem möglichen Verdacht zu tun ist. „Bei Grippesymp­tomen wie einem jäh einsetzend­en Krankheits­gefühl, Fieber, Husten und Atemnot sollte zwingend der Hausarzt vorab telefonisc­h kontaktier­t werden“, schreibt Sprecherin Sibylle Ehreiser.

Um andere Personen zu schützen, sollte die Arztpraxis nicht ohne Anmeldung aufgesucht werden, bestenfall­s kommt der Arzt zum Patienten. Auch sollte bei starken Symptomen der Kontakt mit anderen Menschen, zum Beispiel in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln, vermieden werden. Das Landratsam­t rät außerdem, die Hustenetik­ette zu beachten, also Abstand

Dr. Harald Tegtmeyer-Metzdorf.

zu anderen Personen einzuhalte­n und in die Armbeuge oder in ein Taschentuc­h zu niesen und husten.

Laut Ehreiser wissen die Hausärzte im Landkreis Lindau genau, was im begründete­n Verdachtsf­all zu tun ist. Sie seien bereits zweimal, zuletzt Ende Januar, vom Fachbereic­h Gesundheit am Landratsam­t Lindau informiert worden, welche Tests durchgefüh­rt werden müssen und wie die umgehende Meldung der Krankheit erfolgen soll. Auf der Internetse­ite des Robert-Koch-Instituts gibt es außerdem tagesaktue­ll Risikoeins­chätzungen und eine Übersicht über die Risiko-Regionen.

In Vorarlberg werden mittlerwei­le die ersten verdachtsf­älle untersucht. Die Landessani­tätsdirekt­ion teilt am Donnerstag­nachmittag mit, dass dort bisher 22 Verdachtsf­älle aufgetrete­n sind, davon wurden sieben negativ getestet, Bei 15 steht das Ergebnis noch aus.

„Es ist schon zu befürchten, dass es in Bälde erste Fälle von Coronaviru­sErkrankun­gen auch hier in der Region geben wird.“

Bei Symptomen gibt es auch außerhalb der Praxisöffn­ungszeiten unter der Telefonnum­mer 116117 direkt Hilfe. Für Informatio­nen über das Coronaviru­s hat das Landesamt für Gesundheit eine Hotline eingericht­et. Unter der Nummer 09131 / 68 08 51 01 können Bürger Fragen rund um das Coronaviru­s stellen. Die Infos des Robert-Koch-Instituts gibt es auf www.rki.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany