Jeder von uns braucht seinen Platz
Ein geistliches Wort von Pfarrerin Johannetta Cornell zu Johannes 14, 1
Die Bank, auf der ich sonst immer gerne sitze: Ein rot-weißes Absperrband sagt mir, dass ich mich da jetzt nicht hinsetzen kann. Mein Platz im Lehrerzimmer, verweist. Die Sofaecke, wo sonst die Jugendlichen von der Jugendkirche warten, gähnend leer.
In diesen Tagen kommt sich manche wie eine streunende Hündin vor, die vergeblich nach ihrem Platz sucht. Die vertrauten Plätze sind geschlossen und die neuen: Hier passt es noch nicht recht, dort ist es noch fremd.
Ein Tier braucht seinen Platz, um zu wissen, wo es hingehört: „Geh auf deinen Platz“, ruft man ihm zu und schon geht es. Auch wir brauchen unseren Platz: Da, wo man einfach sein darf. Wo Platz ist, um Sorgen abzulegen, um Freude zu teilen, um sich geborgen zu fühlen. Wo mir jemand sagt, dass alles wieder gut wird. Schön, wenn wir jetzt jemanden an der Seite haben, der mir hin und wieder dieses Gefühl gibt. Vielleicht sogar jemand, von dem ich es gar nicht erwartet hätte: eine Nachbarin, ein Bekannter, eine Fremde.
In der Passionszeit erinnern sich Christen an den Leidensweg von Jesus, dem Menschen, der am Ende keinen Platz mehr in seinem Land hatte. Auch dort: große Unsicherheit, Zweifel, Sorge. Und was sagt Jesus seinen Freunden in dieser Situation? „Seid nicht bestürzt und habt keine Angst!“, (Johannes 14, 1f.): „Glaubt an Gott und glaubt an mich! Denn im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen.“
Ich erinnere mich: Gott ist es, der mir einen festen Platz gibt: einen Platz zum Ausruhen, Kraftholen. Und daneben ist noch viel Platz für andere. Jeder wird versorgt. Kein Grund zur Panik. Die Tür zu seinem Haus ist niemals versperrt. Sie ist weit geöffnet. Auch für streunende Hunde!