Lindauer Zeitung

30-Jähriger sticht Passant Messer in die Brust

Mann fühlt sich bei Zufallsbeg­egnung in Oberstdorf beleidigt – Urteil: Sechs Jahre und sechs Monate Haft

- Von René Buchka

- Ein 30-jähriger Deutscher hat während eines Handgemeng­es mit Flüchtling­en am Oberstdorf­er Bahnhof einen jungen Afghanen in die Brust gestochen. Er wurde nun wegen gefährlich­er und vorsätzlic­her Körperverl­etzung, Beleidigun­g und Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte in jeweils mehreren Fällen vom Landgerich­t Kempten zu sechs Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

Der Beschuldig­te sprach von einem „Tunnel der Wut“, als er die Ereignisse jener Juninacht des vergangene­n Jahres beschrieb: Damals sei er abends mit dem Zug am Bahnhof in Oberstdorf angekommen. Da hat er bereits mindestens eine halbe Flasche Jägermeist­er intus gehabt, sagte der 30-Jährige. Außerdem habe er „Gras“geraucht. Er wollte dort in einer Spielothek Zigaretten kaufen, eine habe er noch dabei gehabt – aber kein Feuerzeug.

Darum ging er zu einer Gruppe junger Flüchtling­e und fragte einen nach einem Feuerzeug. Der Angesproch­ene verneinte und unterhielt sich weiter mit seinen Freunden im afghanisch­en Dialekt Dari. Dabei hat der junge Flüchtling gelacht – aber nicht wegen des Angeklagte­n, beteuerte vor Gericht ein anderer Zeuge.

Das Lachen fasste der 30-Jährige anders auf: „Ich habe mich nicht respektier­t gefühlt.“Weil er dachte, dass er so seinen Respekt wiedererla­nge, habe er dem jungen Afghanen eine 8,5 Zentimeter lange Klinge an die Kehle gehalten. Ein anderer Flüchtling wollte seinem Freund helfen und schlug dem Angeklagte­n nach eigener Aussage mit der Faust ins Gesicht.

Der 30-Jährige hat dann dem Helfer in die Brust gestochen. Jenen Afghanen, dem er die Klinge an den Hals gehalten hatte, traf er an der Schulter. Daraufhin flüchteten die Asylbewerb­er in Richtung PolizeiDie­nststelle. Der Angeklagte folgte ihnen: „Ich wollte selber zur Polizei, weil ich mich in dem Moment im Recht fühlte.“

Als der 30-Jährige bei der Dienststel­le ankam, erwarteten ihn bereits zwei Beamte vor der Inspektion. Es kam zu einem Gerangel, bei dem ein Polizist den Angeklagte­n mehrmals mit dem Schlagstoc­k traf. Dadurch trug der 30-Jährige eine stark blutende Wunde am Kopf davon. Nur mithilfe der Flüchtling­e brachten die Polizisten den Mann unter Kontrolle. Auch beim Transport ins Immenstädt­er Krankenhau­s wütete der 30-Jährige nach Aussage der Beamten weiter, beleidigte sie und spuckte Blut. Der Angeklagte entschuldi­gte sich beim Prozess-Auftakt bei jedem Zeugen, egal ob jemand verletzt wurde oder nicht.

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